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Business Finanzen

In der Fintech-Branche sind Start-up-Gründerinnen noch immer rar

28.02.2023
von SMA

Die Schweiz ist ein Land der innovativen Start-ups. Doch noch immer sind die Frauen gegenüber den Männern in der Unterzahl, wenn es um die Firmenneugründung geht. Das zeigt sich ganz besonders im Fintech-Bereich. «Fokus Future of Finance & Investments» geht der Frage nach, wo die Gründe für diesen Umstand liegen, welche Auswirkungen er hat – und wie er sich beheben lässt.

Es ist Bewegung in der hiesigen Fintech-Branche auszumachen. Doch diese ist nicht nur positiv: Gemäss der «IFZ Fintech Study 2022» der Hochschule Luzern verzeichnete der Sektor im Jahr 2021 erstmals wieder ein Rückgang an aktiven Unternehmen. Ende 2021 waren schweizweit 384 Fintech-Unternehmen tätig, was einem Rückgang von 21 Betrieben gegenüber dem Vorjahr entspricht. Doch trotz dieser scheinbar negativen Entwicklung haben die Studienautoren auch Positives zu berichten. So konnte zum Beispiel eine rekordhohe Venturecapital-Aktivität verzeichnet werden. Alle diese Entwicklungen, sowohl positive als auch negative, sollte der Schweizer Finanzplatz gemäss den Experten der Hochschule Luzern aufmerksam verfolgen. Denn die Fintech-Branche, die quasi als «digitale Speerspitze des hiesigen Finanzplatzes» gilt, könne einen äusserst positiven Beitrag zum Erhalt der Wettbewerbsfähigkeit des gesamten Schweizer Finanzsektors leisten. Dies allerdings nur dann, wenn die Rahmenbedingungen für die entsprechenden Unternehmen günstig sind.

Eine Schwierigkeit für viele Frauen sehen Fachleute in den noch immer vorherrschenden traditionellen Rollenbildern.

Allerdings scheinen innerhalb der Unternehmen, beziehungsweise innerhalb des Fintech-Sektors, die Rahmenbedingungen für Frauen nicht eben ideal zu sein: Die Studie der Hochschule Luzern zeigt nämlich ebenfalls auf, dass die Branche stark männerdominiert ist. Gerade einmal neun Prozent der Firmen, die an der Studienumfrage teilgenommen haben, wurden von einer oder mehreren Frauen (mit-)gegründet. Damit falle der Frauenanteil branchenübergreifend sogar geringer aus als bei Start-ups in anderen Sektoren. Gemäss «Startup Campus 2022» ist in anderen Branchen ein Frauenanteil von rund 20 Prozent unter den Unternehmensgründungen die Norm.

Viele Faktoren spielen eine Rolle

Warum ist das so? Die Ursachen für diese Unterschiede sind vielschichtig, heisst es bei der Initiative «Female Founders». Frauen müssten auf ihrem Weg an die Spitze nach wie vor eine ganze Reihe von besonderen Hindernissen überwinden. Die daraus resultierende Unterrepräsentation von Frauen in der Start-up-Szene stelle nicht nur ein gesellschaftliches und systemisches Problem für die Gleichstellung der Geschlechter dar, sondern sei vor allem auch eine verpasste Chance für die Wirtschaft. Mit dem Projekt «Female Founders» wolle man auf diese Probleme aufmerksam machen und das Narrativ über Unternehmerinnen in der Schweiz verändern.

Eine Schwierigkeit für viele Frauen sehen Fachleute in den noch immer vorherrschenden traditionellen Rollenbildern: Der Mann gilt in der Schweiz immer noch oft als der Geldverdiener, der sich mehrheitlich dem Job widmen kann. Frauen hingegen seien oft für den Haushalt verantwortlich und würden sich um den Nachwuchs kümmern. Und obschon diese Rollenverteilung längst überholt ist, seien diese Stereotypen noch immer in den Köpfen vieler Schweizerinnen und Schweizer verankert. Deshalb liege es auf der Hand, dass Frauen seltener als Männer die Initiative ergreifen, um ihr eigenes Unternehmen zu gründen. Ein weiterer Faktor findet sich in den unterschiedlichen Bildungswegen von Männern und Frauen: Während sich Frauen häufig in Gefilden wie den Geistes- und Sozialwissenschaften ausbilden lassen, fokussieren sich viele Männer auf technische Wissenschaften. Dies hat zur Folge, dass in den Tech-Bereichen, in denen heutzutage die meisten Neugründungen geschehen, die Männer klar in der Überzahl sind.

Fintech-Gründerinnen schreiten als Vorbilder voran

Wie lässt sich dies verändern? Natürlich benötigt eine komplexe Ausgangslage einen ebenso breiten Lösungsansatz. Zum einen benötigen Frauen Infrastrukturen, welche die Vereinbarkeit von Beruf und Familie erhöhen. Vor allem ausserfamiliäre Betreuungsstrukturen wie Kinderkrippen oder Nannys gelten hier als essenziell. Zudem sei es gerade in den technischen Branchen wichtig, dass erfolgreiche Frauen eine Vorbildfunktion einnehmen. Dies könne für viele Frauen dazu beitragen, Hemmungen und Hürden abzubauen – und sie den Schritt in die Selbstständigkeit in der gewählten Branche wagen zu lassen. Dies ist auch das Ziel der Vereinigung Swissfintechladies: Man wolle die Wissenschaft fördern und sich mit Unternehmen aus der Finanz-, Tech-, Fintech- und Blockchain-Branche vernetzen. Dabei stehe auch die Förderung der Teilhabe von Frauen im Technologie-, Finanz- und Fintech-Sektor im Fokus. Zu Beginn des Jahres nannte Swissfintechladies-COO Carolina Newton im Branchenportal fintechnews.ch Beispiele für erfolgreiche weibliche Rolemodels im Tech- und Finanz-Bereich. Dabei kam sie unter anderem auf Unternehmerinnen wie Karen Wendt zu sprechen, Gründerin von Swissfintechladies sowie CEO von Eccos Impact. Sie gilt als Expertin für nachhaltiges Investieren und Finanzieren und ist eine Kapazität hinsichtlich der digitalen Transformation.

Ebenfalls ein tolles Beispiel liefert Paulina Grnarova. Um Juristinnen und Juristen ihre Arbeit zu erleichtern, hat sie das ETH-Spin-off DeepJudge AI gegründet. Dieses arbeitet an der Entwicklung KI-gestützter Softwares, die ein semantisches Verständnis besitzen. Dadurch sind diese in der Lage, nicht nur eine einfache Sichtwortsuche vorzunehmen, sondern auch komplexe Fragestellungen zu verstehen sowie den Kontext eines Textes zu erfassen. Damit soll das Auffinden relevanter juristischer Sachverhalte, wofür man oft Hunderte Dokumente durchsuchen muss, deutlich leichter fallen.

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