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Investment Finanzen

Digitale Assets wirbeln die Finanzbranche auf

16.10.2023
von Cedric Keiser

Die grössten Vermögensverwalter der Welt beantragen Bitcoin-ETFs. Diese News sorgten für viel Wirbel in der Krypto-Szene. Nach vielen Jahren, in denen sich digitale Assets ständig um ihre Legitimation bemühen mussten, scheinen sie nun endgültig in der Finanzwelt angekommen zu sein. 

Prof Dr. Fabian Schär, Professor für DLT (Blockchain) und Fintech an der Universität Basel

Prof Dr. Fabian Schär
Professor für DLT (Blockchain) und Fintech an der Universität Basel

Es sind einflussreiche Namen, die nun Interesse an Bitcoin und anderen grossen Kryptowährungen zeigen: BlackRock, Invesco und Fidelity, um nur einige davon zu nennen. Die Anträge werden derzeit noch von der US-Börsenaufsichtsbehörde SEC geprüft. Blockchain- und Fintech-Professor Fabian Schär (Universität Basel) meint dazu: «Bei Finanzintermediären ist das Thema Bitcoin und öffentliche Blockchains definitiv salonfähig geworden. Was zuvor als Bedrohung wahrgenommen wurde, wird nun mehrheitlich als eine grosse Opportunität betrachtet.» 

Sind Kryptowährungen tatsächlich Währungen?

Schär sieht in Kryptowährungen spannende Charakteristiken, aber nicht das, was man klassischerweise mit einer herkömmlichen Währung verbinden würde. Die hohe Volatilität und die sich stetig verändernde Nachfrage sieht er als problematisch für den Einsatz als alltägliches Zahlungsmittel. Doch was sind die tatsächlichen Funktionen von Kryptowährungen? Eine ist die Bezahlung der Transaktionskosten auf einer Blockchain. Bei der Nutzung der Infrastruktur, etwa wenn digitale Assets im Netzwerk verschoben werden, fallen Transaktionsgebühren an, die in der jeweiligen Kryptowährung der zugrunde liegenden Blockchain bezahlt werden müssen. Öffentliche Blockchains können somit als Infrastruktur für eine Vielzahl von Anwendungen dienen, insbesondere in der Finanzwelt. Meist steht jedoch das hochspekulative Investment in Kryptowährungen im Vordergrund. Schär sieht dies kritisch: «Die Preisfrage ist für mich das am wenigsten Interessante an der ganzen Technologie. Das wirklich Wichtige ist die geschaffene Infrastruktur, die allen gehört und ein neutrales Fundament bilden kann.» 

NFTs nur ein Hype?

Non-fungible Token, also anders als Kryptowährungen einzigartige Tokens, haben vor kurzem einen enormen Trend erlebt, der nun wieder ein wenig abgeflacht ist. NFTs haben teilweise Verkaufspreise in Millionenhöhe erreicht, wobei die Darstellung der beliebten digitalen Bilder nur ein Teil des NFT-Verwendungszweckes ist. So lassen sich in Zukunft Konzerttickets auf einer Blockchain als NFT abbilden, wodurch der illegale Weiterverkauf aufgrund der öffentlichen Einsicht einer Blockchain nachverfolgbar ist und somit verhindert werden kann. Und auch für die Supply Chain gibt es einen Verwendungszweck: Das NFT als digitaler Zwilling eines Produktes kann auf der Blockchain alle Stationen nachweisen und so für transparente Lieferketten sorgen. Schär sieht diese Anwendungen jedoch skeptisch. «Die oft zitierten Ticket-NFTs und Supply-Chain-Anwendungen sind meines Erachtens kritisch zu betrachten. Die Technologie wird in der Breite ihrer Anwendbarkeit häufig überschätzt. Die grosse Mehrheit der spannenden Anwendungen stammt aus dem Finanzsektor.»

Tokenisierung von Eigentum

Neben dezentralen Finanzprotokollen ist es insbesondere die Tokenisierung, die bei Finanzintermediären derzeit auf grosses Interesse stösst. Denn Aktien, Kunstwerke oder Immobilien können über solche Token auf einer Blockchain digital abgebildet werden. Assets, die bisher für viele zu teuer waren, werden durch die Tokenisierung neuen Investor:innen zugänglich. Doch es bestehen noch Hürden: «Sowohl bei der Tokenisierung von klassischen Anlagen wie Immobilien, als auch bei neuen Anlageklassen wie beispielsweise Token, die einen anteiligen Besitz der Liquidität auf einer dezentralen Tauschbörse verkörpern, sind es primär regulatorische Fragestellungen, die im Zentrum stehen.» Dort seien noch zahlreiche Fragen offen, so Schär. 

Der Aufstieg digitaler Zentralbankwährungen

Schär beobachtet ein immer wiederkehrendes Phänomen, das nun auch die Zentralbanken mit den sich in Entwicklung befindenden CBDCs (Central Bank Digital Currencies) betrifft: «Oft möchten Institutionen und Unternehmen, besonders im Finanzbereich, ihre eigene, private ‹Blockchain› verwenden. Die daraus entstehenden Datenbanken sind stark zentralisiert, haben wenig mit der Innovation der Technologie zu tun und verlieren ihre Interoperabilität, Unveränderbarkeit und Transparenz. Insbesondere können sie so aber nicht als neutrale Infrastruktur dienen.» Es stellt sich also jeweils die Frage, wer die Infrastruktur zur Verfügung stellt und über ihre Weiterentwicklung entscheidet. Bei einem einzelnen Grossunternehmen stellt dies einerseits eine Gefahr für den ökonomischen Wettbewerb dar, andererseits birgt dieses Monopol politische Gefahren. Die zentrale Organisation kann bestimmte Personen aus dem gesamten System ausschliessen, was der ursprünglichen revolutionären Idee hinter dem dezentralen Bitcoin vollkommen widerspricht.

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