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Finanzen

Was sich 2021 im Bereich des DLT-Rechts ändert

11.06.2021
von Kevin Meier

Im September 2020 haben die eidgenössischen Räte das Bundesgesetz zur Anpassung des Bundesrechts an Entwicklungen der Distributed-Ledger-Technologie (DLT) einstimmig verabschiedet. Teilweise sind die Anpassungen bereits in Kraft, während weitere voraussichtlich noch diesen Sommer folgen werden. Ein Überblick.

Beim neuen DLT-Gesetz, wie es umgangssprachlich häufig genannt wird, handelt es sich nicht um ein eigentliches Gesetz. Bereits 2018 hat der Bundesrat verlauten lassen, dass es kein spezifisches Gesetz in der Schweiz braucht, um die neuen Technologien wie Blockchain zu regulieren. Stattdessen wurden verschiedene Änderungen an existierenden Gesetzen und Vorschriften in einer Vorlage zusammengefasst, die ohne Gegenstimme verabschiedet wurde. Ziel des Mantelgesetzes ist es, rechtliche Unsicherheiten im Bereich der verteilten elektronischen Register zu beseitigen, innovationsfreundliche Rahmenbedingungen zu schaffen und den Schweizer Finanzplatz vor Reputationsschäden und Missbrauch zu schützen. Diese Zwecke scheinen die Anpassungen zu erfüllen, wie auch Rechtsanwältin und Expertin für Finanzmarktrecht Lea Hungerbühler bestätigt: «Diese werden durch das prinzipienbasierte und soweit möglich technologieneutrale Rahmengesetz auf pragmatische Art und Weise umgesetzt.»

Anpassungen in mehreren Rechtsbereichen

Das Mantelgesetz enthält Gesetzesänderungen im Obligationenrecht (OR), im Schuldbetreibungs- und Konkursrecht (SchKG) und weiteren Finanzmarktgesetzen. «Vereinfacht gesagt sind zwei Hauptbereiche erwähnenswert. Einerseits wird ein Rechtsgefäss für Rechte, die auf der Blockchain abgebildet werden, geschaffen: das Registerwertrecht», führt Hungerbühler aus. Im OR und dem Bucheffektengesetz bestehe damit eine Rechtsgrundlage, um insbesondere Aktien auf der Blockchain herauszugeben und zu übertragen. Hungerbühler fährt fort: «Andererseits wird für neuartige ‹Krypto-Börsen› eine neue Bewilligungskategorie geschaffen.» Um den Entwicklungen der Tokenökonomie gerecht zu werden, enthält das Mantelgesetz darüber hinaus weitere Anpassungen beispielsweise im Finanzdienstleistungsgesetz (FIDLEG), dem Geldwäschereigesetz (GwG) und im Bankengesetz (BankG).

Bereits rechtskräftig

Am 1. Februar 2021 wurden einige der Elemente des DLT-Mantelgesetzes schon in Kraft gesetzt, spezifisch jene, welche die Einführung von Registerwertrechten ermöglichen. Das umfasst die Anpassungen im OR, dem Bucheffektengesetz und auch dem Bundesgesetz über das internationale Privatrecht (IPRG). «Damit wird im Schweizer Recht erstmals geklärt, wie beispielsweise Aktien auf rechtssichere Art und Weise auf der Blockchain herausgegeben und übertragen werden dürfen», erläutert Hungerbühler. Token wie Bitcoin, die ausschliesslich einem Zahlungszweck dienen, seien hiervon nicht betroffen, sondern nur jene, die eine Rechtsposition wie Aktien widerspiegeln. Hungerbühler ergänzt: «Zudem hat das Register, in der Regel die Blockchain, eine Legitimationsfunktion – wer also gemäss dem Register als Berechtigte:r gilt, ist dies grundsätzlich auch und andere dürfen sich darauf verlassen.» Dies löst die bisherige, umstrittene Rechtslage auf und zusätzliche schriftliche Abtretungsvereinbarungen werden somit überflüssig.

Bevorstehende Neuerungen

Die restlichen Komponenten des DLT-Mantelgesetzes werden zu einem späteren Zeitpunkt in Kraft treten, voraussichtlich am 1. August dieses Jahres. Dann werden jene Anpassungen implementiert, welche die Kategorie der DLT-Handelssysteme regeln. «Dies ist sozusagen eine neue Kategorie von Börsen für Kryptogeschäfte», informiert Hungerbühler. Anders als die bereits eingeführten Anpassungen benötigen diese Neuerungen teils genaue Umsetzungsbestimmungen. Laut Hungerbühler bringen diese in Bezug auf die Ausführungsbestimmungen des Bundesrates und der FINMA zudem einen höheren Umsetzungsaufwand mit sich. Aus diesen Gründen gestaltet sich die Inkraftsetzung der weiteren Neuerungen um einiges zeitintensiver.

Weshalb DLT?

Trotz dessen, dass nur Anpassungen vorgenommen werden, unterscheiden sich DLT-Handelssysteme in einigen Punkten von den herkömmlichen Handelsplätzen. An Letzteren werden natürlich Aktien, Derivate und Anleihen in Form von Effekten gehandelt, während an Ersteren vor allem Effekten in Form von Registerwertrechten gehandelt werden. Ein weiterer wichtiger Unterschied besteht gemäss Hungerbühler in der Kundschaft: «Finanzinfrastrukturdienstleistungen können in DLT-Handelssystemen direkt gegenüber der Privatkundschaft erbracht werden, ohne Finanzintermediäre. Damit fallen für Anleger:innen einerseits Gebühren weg, andererseits entfällt aber auch ein gewisser Schutz.» Das neue Mantelgesetz führt nun ein spezifisches DLT-Handelssystem ein, welches den Eigenschaften von Krypto-«Securities» besser gerecht wird als die traditionelle Börse.

Die Rechtssicherheit kann schlussendlich als Treiber der Innovation im FinTech-Bereich gesehen werden. «Für DLT-Unternehmen gibt es einen sicheren Rahmen zur Realisierung innovativer Projekte und gleichzeitig führt die erhöhte Rechtssicherheit dazu, dass die Projekte bei Anleger:innen Anklang finden», erklärt Hungerbühler. Die pragmatische Herangehensweise der Schweiz entfaltet noch weitere Vorteile. Dadurch, dass die Neuerungen technologieneutral formuliert sind, können Technologien weiterentwickelt werden, ohne dass der gesetzliche Rahmen kontinuierlich angepasst werden müsse.

Fortschritt und Innovation

Wie ist das DLT-Mantelgesetz aber im internationalen Umfeld zu bewerten? Obwohl einige Länder punktuell schneller gewesen seien, würde Hungerbühler die Schweiz diesbezüglich dennoch als progressiv einstufen: «Gesamthaft kann das DLT-Rahmengesetz durchaus als äusserst fortschrittlich bezeichnet werden und dürfte dem FinTech-Platz Schweiz zuträglich sein.» Sie hebt besonders hervor, dass die prinzipienbasierte Regulierung einen Rechtsrahmen mit Rechtssicherheit schaffe, ohne jedoch die Marktteilnehmenden unnötig einzuschränken. Die Chancen stünden gut, dass das bestehende Wachstum der digitalen Vermögenswerte nicht zuletzt durch diesen neuen Rahmen erneuten Schub erfahren wird. 

Text Kevin Meier

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