Mindern diese technologischen Innovationen die Folgen des Klimawandels?
Der letzte Report des Weltklimarates IPCC klingt alarmierend. Es ist nötig, den globalen CO2-Ausstoss unmittelbar zu senken, um unseren Planeten bewohnbar zu halten. Ist es noch möglich, den Klimawandel auf maximal 1,5 °C bis 2030 zu beschränken? Das Know-how und die Technologien existieren zwar, doch sie müssen schneller und effizienter Anwendung finden. Hier bereits einige neue Entwicklungen.
Mycelien, das Material der Zukunft?
Der Begriff «Mycelien» bezeichnet ein unterirdisches Netzwerk aus fadenförmigen Zellen eines Pilzes. Untersuchungen zeigten, dass diese Wurzelsysteme besondere Eigenschaften haben und für die Entwicklung neuer Werkstoffe eingesetzt werden können. Sie bauen nämlich organisches Material ab und halten Wasser im Boden. Wenn Mycelien auf biologischen Abfällen wie Sägemehl, Kaffeesatz oder Papierbrei in einer vorgefertigten Form platziert werden, entsteht eine Art Biokomposit. Abhängig von Nährboden, Temperatur, Feuchtigkeitsgrad, Lichtmenge und Wachstumszeit entstehen abweichende Endprodukte mit unterschiedlichen Eigenschaften. Dies wird anschliessend auf 80 °C erhitzt, um das Produkt chemisch zu inaktivieren. Materialien basierend auf Mycelien sind thermisch und akustisch isolierend, wasser- und feuerbeständig. Die Anwendungsmöglichkeiten sind breit gefasst: von Bausteinen, Isolationen und Verpackungen bis hin zu Schuhen und lederähnlichen Textilien. Kein Wunder, werden Mycelien als ein verheissungsvoller Newcomer behandelt.
Heimbatterien auf Salzwasser-Basis
Mit einer Heimbatterie kann man Überschüsse an erzeugter Energie von Sonnenpaneelen für den Selbstgebrauch zu einem späteren Zeitpunkt speichern, statt diese ins Netzwerk einzuspeichern. Solche Stromspeicher gibt es in unzähligen Ausführungen bezüglich Grösse, Gewicht, Kapazität und Technologie. Bleisäurebatterien sind die ältesten, Lithium-Ionen-Batterien die beliebtesten. Die neueste Technologie im Bereich Energiespeicherung ist in Salzwasserbatterien zu finden. Eine sichere, beständige und ökologische Alternative für Bleisäure- und Lithium-Ionen-Akkus. Sie beinhaltet keine Schwermetalle, wodurch die Produktion und das Recycling wenige negative Einflüsse auf die Umwelt haben. Salzwasserbatterien können auch vollständig entladen werden und verfügen über eine lange Lebensdauer von durchschnittlich 20 Jahren. Da sie nur eine beschränkte Menge an Strom pro Stunde liefern kann, ist aber mit einer grossen Installation zu rechnen. Verfügt man über ausreichend Platz, ist die Salzwasserbatterie eine vollwertige Alternative.
Nukleare Energie: Kernspaltung gegen Kernfusion
Atomkraftwerke sind ein heisses Eisen. Die Erzeugung von Kernenergie aus Uran ist CO2-frei und passt aus diesem Blickwinkel gut in einen Klimaplan. Allerdings bleibt bei der Produktion radioaktives Material übrig, das tief im Untergrund in Betonbunkern eingelagert werden muss. Zudem ist der Abbau von Uranerz umweltschädlich. Eine neue, «grünere» Generation von Kernreaktoren auf Basis von Thorium, der sogenannte «Flüssigsalzreaktor» oder auch «Salzschmelzenreaktor», befindet sich noch im experimentellen Stadium und wird deshalb wahrscheinlich zu spät eingeführt, um eine unmittelbare Lösung für die nahen Folgen des Klimawandels zu sein. Ein weiterer Durchbruch würde die Energieerzeugung durch Kernfusion darstellen, eine nachhaltige Energiequelle mit den Grundstoffen Lithium und Wasser, die unendlich zur Verfügung stehen und keinen Treibhauseffekt hervorrufen. Auch diese Form der Energieproduktion steht vielen technischen Hindernissen gegenüber und ist noch nicht für praktische Anwendungen geeignet.
Wasserstoffproduzierende Solarmodule
Wasserstoffsonnenpanels sind Solarmodule, die der Luft Wasserdampf entziehen und mittels Sonnenlicht in Wasserstoff umwandeln. Wasserstoff ist keine Energiequelle, sondern ein Energieträger, der Elektrizität speichern kann. Zurzeit werden noch oft verschmutzende fossile Brennstoffe für die Produktion von Wasserstoff verwendet. Doch Wasserstoff, der durch solche Solarmodule produziert wird, kann man wirklich «grün» nennen. Die interessantesten Nachhaltigkeitsanwendungsfälle stellen Gebäudeheizungen und die Elektromobilität dar. So kann CO2 in grossem Masse reduziert werden. Die Grundstoffe des Prozesses sind Licht und Luft und der «Restabfall» besteht aus reinem Wasser. Der Umfang einer Installation ist vorerst noch ein Nachteil, vor allem aufgrund des Risikos der Explosionsgefahr bei der Speicherung des Wasserstoffgases. Für eine Einführung in der Privatwirtschaft ist es zu früh, doch die Technologie ist vielversprechend.
Laserreinigung
Die klassischen industriellen Reinigungsmethoden benutzen gefährliche Stoffe, die schädliche Auswirkungen auf die Anwender:innen und die Umwelt haben können. Die Chemikalien können im Grundwasser landen und wenn sie überhaupt abgebaut werden, dauert der Abbau lange. Eine Alternative ist die Hochdruckreinigung mit umweltfreundlichen Produkten. In einigen Industrieunternehmen ist die Ultraschallreinigung effizienter, insbesondere für Maschinen, die für Menschen nicht zugänglich sind. Die Reinigung verläuft automatisch, ist schnell und kann auf allerlei Materialien angepasst werden. Doch es ist auch bei dieser Reinigungsform eine Flüssigkeit vonnöten. Im Gegensatz dazu kann eine Laserreinigung Oberflächenverunreinigungen und Rost ohne Chemikalien entfernen. Die Technologie hat in den letzten Jahren eine Entwicklung durchlaufen. Eine Laserreinigung geht schnell, benötigt keine Demontagen von Maschinen oder Produktionsstopps und verhindert umherfliegende Reststoffe. Darüber hinaus kann es teilweise oder vollständig in die Produktionslinie integriert werden, abhängig vom Industriesektor. Alles in allem ist die Laserreinigung eine nachhaltige, umwelt- und menschenfreundliche Technologie.
Dekarbonisierung
CO2 ist ein Treibhausgas, das bei der Verbrennung von fossilen Brennstoffen freigesetzt wird und das neben anderen Gasen für den Klimawandel verantwortlich ist. Um den Klimazielen näherzukommen, müssen die CO2-Emissionen noch stark gesenkt werden. Das Einfangen und Einlagern von Kohlenstoffdioxid, besser bekannt als Carbon Capture and Storage (CCS), kann die Nachhaltigkeitsanstrengungen von Unternehmen ergänzen. Ausreichend grosse Speicherplätze für CO2 sind jedoch ökonomisch nicht tragbar und eine Lagerung in Meeren erhöht das Risiko, die Ökosysteme zu verändern. Deshalb untersuchen Forschende, wie das aus der Luft geholte CO2 erneute Verwendung finden kann, eine Verschiebung hin zu Carbon Capture and Utilisation (CCU). Vor allem die Chemieindustrie und der Bausektor können daraus Vorteile ziehen. Es existieren bereits Bausteine, die während der Produktion CO2 aufnehmen und speichern. 2023 haben sich sieben europäische Länder zusammengeschlossen, um in einem Pilotprojekt CO2 aus der Industrie in Polyesterfäden für Kleidungstextilien zu verarbeiten.
Text Marleen Walravens
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