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Innovation Transport & Logistik

Supply Chain goes circular

15.03.2021
von Barbara Rüttimann

Die Dynamik auf den Märkten sowie die weltweit geforderte Nachhaltigkeit beim Wirtschaften in allen Bereichen fordert die die Transport- und Logistikbranche besonders. Neue Perspektiven tun sich auf und Stimmen werden laut, dass die Ansätze von Green Logistics umfassend umzusetzen sind. Es wird postuliert, dass sich die Lieferketten weg von linearen Modellen (Rohstoffgewinnung, Herstellen und Entsorgen) hin zu Alternativen wie dem Circular-Supply-Chain-Management entwickeln müssen. 

Die gesellschaftliche Verantwortung im Generellen sowie Ethik- und Nachhaltigkeitsaspekte nehmen zu. Das veränderte Klimabewusstsein rückt ins Zentrum unseres Tuns; die Ökobilanz wird zum Schlagwort. Immer mehr Supply-Chain-Exponenten verpflichten sich ökologischen Konzepten und hinterfragen bewährte Prozesse in Transport und Logistik. Gerade in der jüngsten Zeit, verstärkt durch die Pandemie, fällt der Blick auf nachhaltiges Verhalten in der Logistik und dem Transport. Gefordert ist eine gleichzeitig nachhaltige und wirtschaftliche Lieferkette.

Nachhaltigkeit von linearem «End-to-End» zur Kreislaufwirtschaft 

Im Lieferkettenmanagement werden Nachhaltigkeit und Green Management seit Jahren propagiert und dazu gibt es ein grosses Forschungsinteresse und –tun. Jedoch besteht die Herausforderung immer noch, integrierte und umfassende Konzepte bzw. Wege zu finden, die sich weg von der reinen End-to-End Beziehung hin zu Kreisläufen in den Lieferketten entwickeln. «Im Fokus muss dabei der Wille zur Zusammenarbeit und Koordination aller Beteiligten der zirkulären Lieferkette», so Dr. Peter Acél, renommierter Fachexperte im Bereich internationale Supply-Chain-Managementberatung und Dozent an der ETH Zürich.

Green Logistics 

Bei dieser Konzeption geht es, um die eigentliche umfassende Gestaltung von ganzen Prozess-Netzwerken und Systeme bezüglich Grüner Logistik mit dem Ziel die Umweltbelastungen zu reduzieren und ein Gleichgewicht von Ökonomischem und Ökologischem zu erhalten. «Green Logistics umfasst effektiv eine Verpflichtung zum nachhaltigen, ressourcenarmen Handeln über den kompletten Zyklus», informiert der Experte, und weiter: «Nachhaltig bezieht sich in diesem Kontext primär auf den CO2-Fussabdruck von Transporten. Das gilt für den ganzen Modalmix (Transportmix) entlang der gesamten Supply Chain, ob Luftfracht, Seefracht, LKW-Transport (z.B. EURO6) etc.»

Wo liegen die Schwerpunkte?

Im Rahmen von Green Logistics ist zu unterscheiden zwischen Logistikdienstleistern und Handels- bzw. produzierenden Firmen. Logistikdienstleister berücksichtigen dabei ihre Transporte und teilweise die eigene Gebäudeinfrastruktur (Solarstrom, LED-Leuchten etc.). Produzierende und Handels-Unternehmen schauen i.d.R. die Transporte entlang ihrer Supply Chain an. «Starke Potentiale liegen theoretisch im Bahntransport; jedoch sind diese oft zeitlich und ökonomisch nicht konkurrenzfähig. Denn der Bahntransport ist diesbezüglich noch nicht dort, wo er sein sollte. Deshalb rechnen sich Bahntransporte im Nachtsprung in der Schweiz erst ab 80 – 100 Km. Tagsüber kombiniert als fahrendes Lager ab 150 – 200 Km; im Europamassstab erst ab ca. 500 Km», gibt Dr. Acél kritisch zu bedenken.

Als Massstab gilt der CO2-Fussabdruck. Dabei werden alle Emissionen in CO2-Äquivalente umgerechnet. Dazu gehören Luft-, Boden- und Wasserverschmutzung. Zusätzlich gilt es auch die Lärmbelastung, die Verpackungsmaterialen (Mehrweg-Kreisläufe) sowie den Landverbrauch etc. zu beachten. Besonders ins Gewicht fallen beheizte oder gekühlte Lagergebäude.

«Leider sind viele Bausteine für eine umfassende Optimierung noch nicht genügend ausgereift. Gasbetriebene Lastwagen sind technisch zwar bereit, aber wirtschaftlich noch zu teuer. Wasserstoff- sowie Elektrolastwagen sind noch nicht auf dem Stand, um flächendeckend wettbewerbsfähig eingesetzt zu werden. Der gesellschaftliche Druck nimmt zu und die Exponenten der Supply Chain bemühen sich um die Umsetzung von Green Logistics. Im harten Konkurrenzgeschäft wird zunehmend versucht, nicht nur ein Greenwashing, sondern eine echte Green Logistics zu etablieren. Dies wird aus heutiger Sicht noch ein längerer Prozess», hält Peter Acél fest.

Welchen Herausforderungen steht Green Logistics heute gegenüber?

Unternehmen stehen aktuell bei der Umsetzung von umweltpolitischen Anforderungen im Logistikbereich vor erheblichen Hindernissen. Corona reduziert die weltweite Transportnachfrage und damit auch viele Möglichkeiten zur Bündelung von Einzeltransportaufträgen. D.h. Ladungsmengen werden nicht voll ausgenützt.

Doch wo hilft Corona einer nachhaltigen Logistik? Die weltweite Reduktion der Transporte bringt vorübergehend eine grosse CO2-Einsparung. «Bei steigender Nachfrage dürfte dieser Vorteil sehr schnell schwinden. Und generell sind leider Transporte nach wie vor billig, da sie zum Teil politisch gewollt sind und sich nicht alle allgemeinen Kosten länderübergreifend umlegen lassen. Heute bestellt – morgen geliefert; die Konsumenten wollen keine Einbusse im Service. Es gilt: Den Worten Taten folgen zu lassen», so Acél abschliessend.

Text Barbara Rüttimann 

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