Tradition und Erfahrung sind wichtige Aspekte erfolgreicher Unternehmen. Doch nicht selten erweisen sie sich als Bremsklötze für neue Ideen und Ansätze. Das Prinzip der unternehmerischen Agilität schlägt hier eine Brücke – indem es den Wandel zu einem festen Bestandteil von Organisationen macht.
Veränderung ist immer mit einer Portion Schmerz und Angst verbunden. Gerade im unternehmerischen Kontext ist es daher häufig einfacher, sich an althergebrachten Strukturen zu orientieren und auf bewährte Prozesse zu setzen. Aussagen wie «Das haben wir schon immer so gemacht, da wissen wir wenigstens, dass es klappt», sind entsprechend schnell zu hören, wenn versucht wird, in Unternehmen Veränderungen anzustossen.
Viele Betriebe in der Schweiz sind mit einem «starren» Ansatz über Jahrzehnte hinweg gut gefahren: Indem man ein hochwertiges Produkt oder eine essenzielle Dienstleistung in hoher Qualität anbietet, schafft man stetige Nachfrage.
Jedoch kommt dieser Business-Ansatz angesichts aktueller Entwicklungen langsam, aber sicher an seine Grenzen und das Beharren auf bisherigen Vorgehensweisen kann je nach Branche und Unternehmensgrösse problematisch werden. Die Digitalisierung, die pandemiebedingten globalen Lieferengpässe sowie der akute Fachkräftemangel in Zukunftsdisziplinen stellen Herausforderungen dar, denen man mit einem «Business-as-usual-Ansatz» nicht beikommen kann. Oder zumindest nicht langfristig.
Um dem technologischen sowie gesellschaftlichen Wandel zu begegnen, setzen viele Firmen mittlerweile auf das Prinzip der unternehmerischen Agilität. Denn agile Unternehmen zeichnen sich unter anderem dadurch aus, dass sie den Wandel im organisatorischen Leben zur Routine machen.
Auf diese Weise sollen die anfangs beschrieben Schmerzen und Ängste, die durch Veränderung entstehen, reduziert und das Unternehmen so handlungsfähiger gemacht werden. Konkret umgesetzt wird dies unter anderem durch ein verstärkt interdisziplinäres Zusammenarbeiten, fliessende Hierarchien sowie das zielgerichtete Hinterfragen des Status quos. Neue Ideen und Ansätze sollen dadurch gezielt gefördert werden.
Der Erfolg im Bereich Transformation Management ist belegt
Der Ansatz scheint sich zu bewähren: So gibt es verschiedene internationale Befragungen und Studien, die aufzeigen, dass agile Unternehmen bis zu fünfmal häufiger höhere Margen und stärkeres Wachstum erzielen als ihre Konkurrenz. Zu diesem Schluss kam etwa eine Untersuchung der Boston Consulting Group, bei der 1100 Führungskräfte aus zehn Branchen in über 40 Ländern befragt wurden. Zudem wiesen über 40 Prozent der untersuchten Unternehmen überdurchschnittliche Ergebnisse auf. Firmen mit «starre Organisationen» gehörten hingegen zu den Schlusslichtern.
Angesichts dieser Ergebnisse müsste es für Unternehmerinnen und Unternehmer eigentlich auf der Hand liegen, dass ihnen eine agile Vorgehensweise und Struktur diverse Vorteile bringt. Doch laut Fachleuten muss man hier unterscheiden. Denn nur zu häufig würden unter dem Begriff «Agilität» schnell umsetzbare Managements-Massnahmen verstanden, die eine Organisation dynamischer machen sollen. Doch die Einführung flexibler Arbeitsplätze oder das stärkere Einbinden digitaler Kommunikationsmittel alleine reichten nicht aus, um ein Unternehmen wirklich agil zu machen.
Um dies tatsächlich zu schaffen, müsse eine echte Transformation im Denken stattfinden, was einen Kulturwandel bedingt. Und dieser setzt Aufwand und Zeit voraus. Allerdings seien Firmen, die gewillt sind, dieses Engagement zu erbringen, nachhaltig und langfristig in der Lage, sich schnell auf neue Gegebenheiten einzustellen. Darüber hinaus würden diese Unternehmen durch den Verzicht auf starre Strukturen sowie das Aufweichen von Hierarchien von jungen Talenten als attraktivere Arbeitgeber wahrgenommen. Gerade in Zeiten des Fachkräftemangels ist das entscheidend.
Das Management muss mitspielen
Damit eine agile Kultur eingeführt werden kann, ist es entscheidend, dass Geschäftsführung und Abteilungsleitung den Prozess aktiv unterstützen. Ein grosser Vorteil agiler Unternehmen besteht darin, dass neue Ideen, sogar disruptive, im kleinen Rahmen angedacht und dann in einem kontrollierten Rahmen ausprobiert werden können. Erst wenn Erfahrungswerte vorliegen und man den Nutzen einer neuen Idee oder Massnahme einschätzen kann, wird das Prinzip auf andere Bereiche der Organisation ausgeweitet.
Die Voraussetzung dafür sind ein interdisziplinäres Zusammenarbeiten sowie das Umgehen von Hürden und Sackgassen, die oft auf dem Dienstweg warten. Und um sich davon lösen zu können muss, wie gesagt, zuerst das Denken verändert werden.
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