Männliche Ingenieure, die an Reihen von Photovoltaikmodulen entlanggehen. Symbolbild grüne Industrie
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Deutschland Energie Wirtschaft

Impact means Business

30.12.2023
von Rüdiger Schmidt-Sodingen

Der grüne Umbau der Industrie schreitet voran – und wird auch das Konsumentenverhalten verändern. Denn wer umweltfreundlich produziert, wird mit ehrlichen Produkten und ehrlichem Engagement bereits mittelfristig neue Käuferschichten und Investorengelder erschließen. 

»Warten Sie mal fünf Jahre ab, dann werden Werke ganz anders aussehen«, sagte Jochen Burg, Chef des Anlagenbauers SMS Group, Anfang Dezember in der Welt. Für das Start-up H2 Green Steel baut das Familienunternehmen im Norden Schwedens gerade das erste klimaneutrale Hüttenwerk Europas. 2,5 Millionen Tonnen klimaneutraler Stahl sollen dort pro Jahr produziert werden, später sogar fünf Millionen Tonnen.

Die Dekarbonisierung und die Netto-Null-Ziele verändern die Industrie im Rekordtempo. Sie durchdringen dabei im besten Fall sämtliche Abteilungen und auch Stakeholder. Längst geht es um große Summen – denn immer weniger Investoren wollen noch Geld in umweltzerstörende Anlagen oder planlose Firmen stecken. Damit bröckelt auch die Front derjenigen, die am liebsten so weitermachen möchten wie bisher und die Transformation als pure Ideologie diskreditieren.

»Transformation ist keine lustige Butterfahrt«

Katharina Beck und Philipp Buddemeier schütten in ihrem Buch »Green Ferry – Das Ticket ins konsequent nachhaltige Wirtschaften« (Murmann Publishers, Hamburg 2022) die ideologischen Gräben zwischen altem und neuem Wirtschaften zu, indem sie aufzeigen, dass die grüne Transformation schon vor Jahrhunderten erfunden wurde und von zig Unternehmen bereits gelebt wird. Die Unternehmensberaterin Beck, derzeit als Grünen-Politikerin Mitglied des Deutschen Bundestages, und der Nachhaltigkeitsexperte und CEO von Better Earth Buddemeier haben ihr Buch als Schiffsreise zu den »Inseln der Nachhaltigkeit« konzipiert, als ein launiges Sachbuch, das tatsächlich genug Antworten und Beispiele liefert, um die Herausforderungen und auch Chancen kleiner und großer Unternehmen zu verstehen.

»Transformation ist keine lustige Butterfahrt«, geben Beck und Buddemeier zu. »Sie erfordert klares Navigieren, eine feste Hand am Steuer, eine gut ausgearbeitete Route. Wer sich auf den Weg macht, braucht Beharrlichkeit, muss mit Stürmen rechnen. Und mit Gegenwind.« Wer jedoch das Maximale tue – nicht für den maximalen Gewinn, sondern die maximale Wirkung für alle Menschen und Lebewesen – könne sein Unternehmen sicher in die Zukunft steuern.

»Umsätze und Gewinne dürfen und sollen natürlich positiv ausfallen«, so Beck. »Wer würde es der Bäckerei, der Buchhandlung oder der Metzgerei um die Ecke nicht gönnen. Auch skalierende kleinere und große Unternehmen sollen und dürfen das in unserer Marktwirtschaft. Das sind ja gerade die innovativen Kräfte, die Ressourcen gut allokieren und die wir auch für die Zukunftsfähigkeit unseres Kontinents brauchen. Gute Märkte regeln und sorgen auch für einen guten Preis, einen Marktpreis, der durch Angebot und Nachfrage ein ökonomisches Optimum schafft.«

Wirkung und Offenheit gehören zusammen

Das Autoren-Team spricht dann von »Impact First« – dies allein garantiere Zukunftsfähigkeit. »Geld verdienen ist auch zukünftig herzlich willkommen. Aber nicht um jeden Preis.« Der »Impact First«-Gedanke rührt an eine neue Offenheit, die Unternehmen während der Transformation lernen – oder lernen müssen. Dazu gehören auch neue Kooperationen und das aktive Miteinbeziehen kritischer Stimmen oder Meinungen, eine »Dilemma-Kultur«. Damit rührt der Umbau an zentrale Punkte der Digitalisierung und auch des Resilience-Managements.

Wer Nachhaltigkeit ins Produkt- und Dienstleistungsportfolio integrierte, so die Autoren, »muss sich für einen Prozess entscheiden, der an klaren Zielen ausgerichtet ist, muss ihn managen, steuern und evaluieren. Ganz allgemein gesagt geht es darum, mithilfe dieser Integration ins Management seines Portfolios Risiken entlang der Wertschöpfungskette zu reduzieren und die sozialen, ökologischen und wirtschaftlichen Aspekte von Produkten oder Dienstleistungen eines Unternehmens zu verbessern.«

»Jedes Unternehmen kann Vorteile haben, wenn es auf nachhaltiges Wirtschaften umstellt«, sagt Katharina Beck im Gespräch. »Natürlich muss man sich jedes Unternehmen individuell ansehen und dann daraus die entscheidenden Motivationen und Möglichkeiten ableiten.« Bislang gehen Unternehmen davon aus, dass ihre Produkte deshalb gekauft werden, weil sie, angeblich unabhängig von der Produktionsweise, gebraucht werden. Gibt es nicht auch eine Chance, das Produkte deshalb gekauft werden, weil sie modern und grün produziert wurden? »Das wäre schön», meint die Politikerin. »Das ist aber noch nicht flächendeckend der Fall. Aber wir sehen, dass sich die Unternehmen und die Erwartungen der Verbraucher:innen stark verändern. Viele wollen Teil der Lösung sein – und mit umweltfreundlichem Verhalten unser Wirtschaften verbessern und damit zukunftsfähig machen.«

Die Marken der Zukunft, davon zeugen allein schon viele Social-Media-Kanäle, werden mehrdimensional sein. Sie werden nicht nur auf einem allgemeinen Gefühl oder einem singulären Nutzen aufgebaut sein, sondern ganz konkret auch die Art der Herstellung, das mögliche Recycling und die soziale und klimapolitische Verantwortung miteinbeziehen. Als Mercedes-Benz-Chef Ola Källenius im Dezember bei der Berliner Tafel aushalf und nach seiner Motivation gefragt wurde, sagte er wie selbstverständlich: »Weil wir als Mercedes-Benz Teil der Gesellschaft sind.«

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