Tranken die Menschen in der Pandemie weniger Alkohol? Oder trieben sie weniger Sport? Für beides liefern Studien Belege. Und noch für viele weitere Veränderungen im Gesundheitsverhalten – die sich zum Teil aber widersprechen: Die einen Studien konstatieren mehr Alkoholkonsum, andere weniger. Manche sagen, dass Menschen mehr assen, andere zeigten das Gegenteil. Warum diese Widersprüche?
In seiner Studie «Prävention im Umbruch» (www.gdi.ch/praevention) hat das Gottlieb Duttweiler Institut rund drei Dutzend solcher Studien verglichen. Dabei zeigte sich, dass eine Disruption wie die Pandemie Gewohnheiten formbar macht. Aber sie definiert keine Richtung für die Verhaltensveränderung.
So hörten 2020 in England mehr Menschen mit dem Rauchen auf als in den zehn vorhergehenden Jahren. Gleichzeitig begannen paradoxerweise mehr unter 24-Jährige zu rauchen als davor. Diese Formbarkeit der Gewohnheiten lässt sich also nutzen, um leidige loszuwerden – oder gar um neue wünschenswerte aufzubauen, etwa regelmässige Spaziergänge. Umgekehrt können sich in Zeiten des Wandels aber auch schlechte Gewohnheiten einschleichen und gute verloren gehen.
Wer hat es nun geschafft, sich in ändernden Umständen zum Besseren zu wandeln? Wer zeigte also Resilienz? Die vom GDI analysierten Studien zeichnen ein recht klares Bild der Faktoren. Zum einen sind es solche, die wir selbst kontrollieren.
Wer achtsamer war oder wer für sich konkrete, erreichbare Ziele formulierte, legte mehr Resilienz an den Tag. Das kann man üben: alleine, mit Achtsamkeitstrainer:innen oder mit Gesundheitscoaches.
Eine Disruption wie die Pandemie macht Gewohnheiten formbar.
Andere Faktoren hingegen können wir selber nur bedingt kontrollieren. So konnten Menschen mit guter Bildung und Wohlstand die Pandemie eher nutzen, um ihre Gewohnheiten zum Besseren zu wandeln.
Desgleichen Menschen, die sozial gut integriert waren oder die eine gute psychische Gesundheit aufwiesen. Diese Erkenntnisse rufen womöglich nach einer aktiveren Sozial- und Gesundheitspolitik. Denn es ist in Zukunft mit einem instabileren Alltag zu rechnen – etwa aufgrund des Klimawandels oder einer flexibleren Arbeitswelt.
Prävention in Form einer Befähigung zur Resilienz wird da zunehmend wichtiger. Sei es, indem man sich selbst Fähigkeiten wie Achtsamkeit oder effektive Zielformulierung aneignet. Oder indem man anderen Menschen die Ressourcen zur Verfügung stellt.
Text Jakub Samochowiec, Senior Researcher, Gottlieb Duttweiler Institut
Bild GDI Gottlieb Duttweiler Institute, Foto: Sandra Blaser
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