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Nachhaltigkeit

Energiezertifikate: Der Blick hinter die Steckdose

25.11.2023
von SMA

Strom ist nicht gleich Strom, deshalb gewinnen Energiezertifikate immer mehr an Bedeutung. Sie machen Herkunft und Produktionsweise transparent.

Strom ist eine faszinierende Energie. Er wird irgendwo produziert, in Kernkraftwerken, in den Bergen mit Wasserkraft, mit Photovoltaikanlagen auf Dächern oder mit Windmühlen auf den Höhen des Juras. Oft kommt er von weit her, aus einem anderen Land – er bleibt aber immer unsichtbar. Und doch wissen wir, dass er über die Steckdose in den Häusern und Firmen jederzeit angezapft werden kann, damit Licht leuchtet und sich Maschinen in Bewegung setzen.

Strom ist ein teures Gut

Über die ganze Schweiz gesehen kommt gemäss dem Bundesamt für Energie der meiste Strom aus den Wasserkraftwerken. 2022 wurden hier 52,8 Prozent in Wasserkraftwerken produziert, in Kernkraftwerken 36,4 Prozent. Weit abgeschlagen der Strom aus verschieden erneuerbaren Quellen – er hat nur einen Anteil von 9,4 Prozent. Und der Strom wird immer mehr zu einem teuren Gut. Die durchschnittliche Stromrechnung eines Privathalthauses für das kommende Jahr beträgt 1446 Franken – das sind über 200 Franken mehr als dieses Jahr.

Doch woher kommt der Strom aus der Steckdose, der uns ermöglicht, unsere Geräte zu nutzen und – immer mehr – auf Elektrofahrzeuge umzusteigen? So ganz genau können die Schweizerinnen und Schweizer diese Frage spontan nicht beantworten – auch wenn heute in verschiedenen Gemeinden und Städten Ökostrom oder solcher von Solaranlagen bezogen werden kann und diese Angebote immer mehr genutzt werden.

Qualität ist nicht sichtbar

Die Qualität der Energie ist nicht sichtbar. Viele Konsumenten und auch Unternehmen, die von Gesetzes wegen einen Nachhaltigkeitsbericht erstellen müssen, fordern deshalb einen Nachweis, woher der Strom stammt. Dafür gibt es verschiedene Möglichkeiten. Herkunftsnachweise, sogenannte Guarantees of Origin, sind offizielle Zertifikate, die belegen, dass eine bestimmte Menge an Strom aus erneuerbaren Energiequellen stammt. Unternehmen und Konsumenten können Stromlieferverträge mit Lieferanten abschliessen, die solche Herkunftsnachweise ausstellen, um sicherzustellen, dass der von ihnen bezogene Strom aus erneuerbaren Quellen stammt.

Über die ganze Schweiz gesehen kommt gemäss dem Bundesamt für Energie der meiste Strom aus den Wasserkraftwerken.

Ganzheitlich und über den Strom hinaus kann ein Gebäude über den GEAK, den Gebäudeenergieausweis der Kantone, überprüft werden – vor allem, wenn es energetisch saniert werden soll. Aufgabe des GEAK ist es, Auskunft über den energetischen Istzustand eines Gebäudes zu geben und das Potenzial einer energetischen Sanierung festzustellen. Auf seiner Grundlage können Immobilienbesitzer und Baufirmen effizient Massnahmen planen. Durch die schweizweit vereinheitlichte Norm ist es möglich, Gebäude zu vergleichen und Standards festzulegen. Diese Standards bieten auch eine Grundlage für staatliche Förderung.

Energiezertifikat Garantie für Nachhaltigkeit

Ein weiterer Nachweis für Herkunft und Qualität der Energie ist das naturemade-Gütesiegel. Dieses Zertifikat garantiert, dass der entsprechende Strom aus 100 Prozent erneuerbaren, und bei «naturemade star» sogar aus 100 Prozent ökologischen Quellen stammt.

Das Schweizer Parlament hat diesen September den sogenannten Energie-Mantelerlass sowie zwei Vorlagen zum Ausbau der Solar- und der Windenergie verabschiedet. Als nächstes geht es um den sogenannten Beschleunigungserlass. Damit können grosse Solarkraftwerke, Windparks und Wasserkraftwerke schneller geplant und bewilligt werden. Die heutigen Bewilligungsverfahren sollen gestrafft und die Einsprachemöglichkeiten eingeschränkt werden.
Mit diesem verabschiedeten Gesetzespaket sprachen sich alle Parteien für eine sichere Stromversorgung mit erneuerbaren Energien aus. Auch die Umweltverbände stehen hinter dem Mantelerlass, wenn auch nicht vorbehaltlos. Ihnen ist ein Dorn im Auge, dass von nun an die Stromproduktion bei einzelnen Projekten den Vorrang vor dem Naturschutz erhält. Bei der Wind- und Solarenergie gilt dieser Vorzug in Gebieten, die sich für den Bau besonders eignen.

Bevölkerung für nachhaltigen Strom

Jetzt kann man sich natürlich fragen, ob Wind- und Wasserkraft noch als nachhaltig eingestuft werden kann, wenn die neuen Projekte Zugeständnisse an den Naturschutz zulassen. Umso wichtiger wird die Rolle von Labels, die streng erneuerbare und ökologische Energie zertifizieren. Diese Gütesiegel versprechen eine 100-prozentige ökologische Energieversorgung ohne Abstriche und Kompromisse. Denn gemäss einer im Auftrag des WWF durchgeführten Umfrage bei der Schweizer Bevölkerung ist diese nicht bereit, den Naturschutz der Energieproduktion zu opfern. Demzufolge haben die Volksvertreter den Willen ihrer Wähler und Wählerinnen nicht ganz erfüllt – je nach Parteizugehörigkeit. Nun aber steht die Versorgungssicherheit im Vordergrund. Der Bundesrat beurteilt diese in der Schweiz für diesen Winter als nicht gravierend gefährdet, dennoch können Versorgungsengpässe nicht ausgeschlossen werden.

Die im Mantelerlass verankerten Ziele setzen die Messlatte enorm hoch. Allein die Stromproduktion aus neuen erneuerbaren Energien – im Wesentlichen Sonne und Wind – sollen bis 2035 auf jährlich 35 Terawattstunden (TWh) ausgebaut werden, bis 2050 gar auf 45 TWh. Zum Vergleich: Die Schweiz verbraucht heute insgesamt rund 60 TWh pro Jahr. Um dieses Ziel zu erreichen, reicht es bei weitem nicht, Solaranlagen auf Dächern und Infrastrukturen zu installieren. Ebenso braucht es dazu Grossanlagen, Wasserkraftwerke sowie Solar- und Windparks.

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