Der ehemalige Skirennprofi und heutige Coach Carlo Janka erzählt im Gespräch mit «Fokus», welchen Sport er im Sommer treibt, wieso er mit seiner Familie mehr in der Schweiz reisen möchte und dass wir uns alle mehr draussen bewegen sollten.
Carlo Janka, fahren Sie auch im Sommer Ski?
Zum Glück nicht mehr. Als ich noch aktiv Ski fuhr, war das üblich. Jetzt mache ich lieber andere Sachen. Das hoch- und hinabgehen ist sehr anstrengend. Man muss früh aufstehen und hat eine lange Reise vor sich. Das ist bestimmt nicht das Erste, was man vermisst, wenn man aufhört. Als Jugendlicher war es beeindruckend, auf einem Gletscher Ski zu fahren, aber irgendwann wird es zur Routine.
Was ist Ihre Lieblingsalternative zu Skifahren im Sommer?
Wir sind viel zu Fuss unterwegs. Wir wandern, joggen und spazieren. Manchmal machen wir auch Ausflüge mit dem Fahrrad. Ich bin immer noch viel in den Bergen unterwegs, nur nicht mit den Ski.
Wieso verbringen Sie gerne Zeit draussen?
Es ist ein Privileg, Zeit draussen zu verbringen. Ich bin mir vom Skifahren gewohnt, viel draussen zu sein, auch wenn die Vorbereitung häufig indoor stattfindet. Die Ausführung des Skisports ist draussen. Ich habe das immer sehr genossen, weil ich lieber unter freiem Himmel bin als drinnen. Wir versuchen auch unsere Kinder zu motivieren, nach draussen zu gehen. Es ist wichtig, dafür Zeit und Raum zu schaffen. Darauf legen wir grossen Wert. Für unsere Kinder gibt es natürlich auch viele spannende Sachen im Haus, aber grundsätzlich gehen sie gerne mit uns in die Natur. Wir wollen ihnen beibringen, nicht zu wählerisch zu sein und bei jedem Wetter rauszugehen. Das ist für mich selbst zum Beispiel überhaupt kein Problem. Aber wenn wir die Kinder wetterfest anziehen müssen, überlegen wir uns manchmal schon zweimal, ob wir wirklich rausgehen wollen. Es ist dann sofort etwas umständlicher und zeitintensiver. Aber unser Ziel ist schon, nichtsdestotrotz rauszugehen.
Welche Aktivitäten können Sie Familien mit Kindern empfehlen?
Grundsätzlich alle. Ich empfehle Eltern, mit ihren Kindern alles auszuprobieren, um herauszufinden, was ihnen am meisten Spass bringt. Natürlich wird sich das sportliche Niveau der Kinder kontinuierlich steigern, dann muss man die Aktivitäten gegebenenfalls anpassen. Wir nehmen unsere Kiddies überall mit: Wenn wir mit dem Fahrrad unterwegs sind, im Anhänger, beim Wandern im Rucksack – auch wenn das dann eine ziemliche Schlepperei ist. Wir möchten ihnen viel bieten und vor allem immer etwas im Freien.
Was denken Sie über den Schweizer Tourismus?
Ich denke, unser Tourismus ist sehr gut aufgestellt. Unser Land ist sehr vielseitig – mit den Bergen und dem Flachland. Es gibt Regionen, die touristisch sind, und andere, die ruhig sind. Alle können sich aussuchen, was sie möchten. Auf jeden Fall weist der Schweizer Tourismus eine hohe Qualität auf. Das wird sich auch in Zukunft bewähren.
Wo spüren Sie diese hohe Qualität?
Die Schweiz weist vor allem landschaftlich eine hohe Qualität auf. Vielerorts sind die Infrastruktur wie Hotels und die Anlagen der Skigebiete in einem sehr guten Zustand. Die Schweiz hat viel Potenzial. Sie muss aber darauf achten, dass diese Qualität auch künftig hoch bleibt. Geeignetes Personal zu finden, ist derzeit schwierig. Gerade im Tourismus ist es entscheidend, dass die Angestellten laufend geschult werden und freundlich mit den Gästen umgehen, das finde ich wichtig.
Was wünschen Sie sich für die Schweiz?
Die Schweiz hat bereits viel zu bieten, aber was mir als Familienvater auffällt, ist das geringe Angebot an Familienhotels, die ganz auf Familien mit Kindern ausgerichtet sind. Bisher haben wir hierzulande nur wenige gefunden und sind oft auf Deutschland oder Österreich ausgewichen. Die Schweiz hätte das Potenzial, deshalb wünsche ich mir für Familien mit Kindern, dass sich hier noch etwas bewegt.
Ansonsten wünsche ich mir für die Schweiz, dass es so weiterläuft. Es gibt viele Regionen, die extrem vom Tourismus abhängig sind. Deshalb müssen wir ihnen Sorge tragen. Die Schweiz empfängt viele internationale Gäste, aber auch Schweizer:innen verreisen immer mehr in ihrem Heimatland. Während Corona haben wir unser Land neu entdeckt, weil wir sonst nirgendwo hin konnten. Das könnten wir weiterhin fördern. Die Westschweizer:innen könnten unsere Region besser kennenlernen und wir ihre. Viele spüren, sobald sie die Möglichkeit haben, den Drang, ins Ausland zu gehen. Dabei ist das gar nicht immer nötig. Es wäre schön, wenn die Schweiz mehr in inländische Reisen investieren würde.
Befürchten Sie nicht, dass schöne Orte, wie Obersaxen, überlaufen werden?
Nein, ich denke, es wird so bleiben wie bisher. Beliebte Orte werden weiterhin viele Besucher:innen haben. Aber Orte wie Obersaxen werden nicht überlaufen werden – denn unsere Stärke ist, dass wir nicht überlaufen werden (lacht). Das Dorf wirbt mit Ruhe, die man anderswo nicht hat. Orte wie Obersaxen sprechen nicht jedes Publikum an. Deshalb glaube ich, dass es tendenziell so bleiben wird, wie es ist.
Erzählen Sie mir von Ihrer Lieblingsdestination in der Schweiz.
Wir sind sehr gerne zu Hause, hier in Obersaxen. Wir kennen die Region sehr gut – sie hat viel zu bieten! Wir schätzen vor allem die Ruhe. Im Winter ist ein bisschen was los, aber das Programm ist nicht vergleichbar mit grossen Wintersportorten. Das Skigebiet ist für uns als Familie ideal und wird oft unterschätzt. Von unserem Haus aus können wir direkt mit den Ski auf die Piste. Das ist definitiv ein Luxus, den wir so lange wie möglich geniessen wollen.
Auch im Engadin sind wir häufig. Den Rest der Schweiz wollen wir als Familie noch entdecken, die Schweiz hat so viel zu bieten. Man muss nicht weit weg, um viel zu erleben. Wir müssen anfangen, die Schweiz zu erkunden. Ich möchte die Westschweiz besser kennenlernen, die die meisten von uns nicht so gut kennen. Es braucht auch Mut, in diese Richtung zu gehen.
Wieso braucht es Mut?
Wegen der sprachlichen Hürde. Es ist eine Herausforderung, an einen Ort zu reisen, dessen Sprache man nicht gut spricht. Mein Französisch ist jedenfalls nicht so gut. Deshalb braucht es Mut, über diesen Schatten zu springen und dennoch in die französischsprachige Schweiz zu reisen. Ich denke, wenn ich das geschafft habe, wird es sich auszahlen. Dann werde ich sogar versuchen, mich in dieser Sprache zu unterhalten – das wird die Romands sicher freuen (schmunzelt).
Meine Frau und ich möchten unseren Kindern zeigen, was die Schweiz zu bieten hat. In letzter Zeit sind wir öfter in der Zentralschweiz unterwegs, weil meine Frau dort Verwandte hat. Ich freue mich darauf, die Schweiz mit meiner Familie in Zukunft besser kennenzulernen! Nach Lausanne möchte ich zum Beispiel unbedingt, diese Stadt kenne ich noch gar nicht.
Wie gestalten Sie den Outdoorbereich Ihres Eigenheims? Was darf auf keinen Fall fehlen?
Ich bin gerne draussen in unserem Garten, weil wir sehr viel Platz haben. Im Moment tummeln sich dort viele Kindersachen – wir haben auch einen kleinen Spielplatz. Gärtnern tun wir auch. In zwei Hochbeeten pflanzen wir Kräuter, Salat und Kartoffeln an. Meine Frau und ich haben beide nicht viel Erfahrung und müssen vieles ausprobieren. Einen Feuerring wollte ich unbedingt – diesen Wunsch habe ich mir erfüllt. Auf dem Stahlblech rund um das Feuer in der Schale kann man nicht nur Fleisch grillen, sondern auch Brot, Gemüse und Käse. Sogar Risotto bereiten Grilltalente darauf zu. Neben den kulinarischen Highlights, die der Feuerring zu bieten hat, ist er auch optisch ein echter Hingucker.
Was möchten Sie den Schweizer:innen mit auf den Weg geben?
Ich möchte alle dazu aufrufen, sich mehr draussen zu bewegen. Geht in die Natur, wenn ihr gesund bleiben wollt! Es sollte ein Ziel sein von allen, sich mehr im Freien zu bewegen und frische Luft zu schnappen. Wenn dieses Ziel im Vordergrund stünde, würde es vielen sicher besser gehen – davon bin ich überzeugt.
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