zahngesheit
Gesundheit

Abrechnung mit Zahnmythen

29.01.2022
von SMA

Die Kieferorthopädin Elodie Rohrer knöpft sich einige der populärsten Zahnmythen vor  und kommentiert sie ohne Wenn und Aber.

Mythos 1: Fluorid ist giftig

«Fluorid ist in den meisten Zahnpasten in Form von Natriumfluorid oder Aminfluorid enthalten. Für Erwachsene wird meist ein Gehalt von 1500 ppm und für Kinder bis sechs Jahren von 500 ppm empfohlen. Keine der marktüblichen Zahnpasten hat eine ausreichende Menge in sich, um giftig zu sein und meist spucken wir die Zahnpasta auch wieder aus. Fluorid, nicht zu verwechseln mit dem wirklich giftigen Fluor, ist einer der am besten untersuchten Wirkstoffe und viele Studien belegen, dass Fluorid einer der wesentlichen Faktoren ist, warum Karies in den letzten Jahrzehnten zurückgegangen ist. Der Zahnschmelz besteht aus Hydroxylapaptit, welcher durch Säuren angegriffen wird. Putzen wir mit einer fluoridhaltigen Zahnpasta unsere Zähne, füllt das Natrium- oder Aminfluorid diese Lücken wieder und stärkt somit den Zahnschmelz.»

Mythos 2: Nach dem Essen unbedingt Zähneputzen

«In der Regel stimmt das. Hier kommt es jedoch darauf an, was gerade gegessen wurde. Waren säurehaltige Speisen involviert, sollte man mit dem Zähneputzen besser etwas warten. Google schlägt eine Wartezeit von 30 bis 60 Minuten vor, wobei man vor dem Putzen den Mund mit Wasser ausspülen sollte. Dies reicht aber nicht: Wie wir beim Thema Fluorid gelernt haben, wird der Zahnschmelz durch Säuren angegriffen. Diese Lücken müssen jetzt wieder gefüllt werden. Putzen wir aber mechanisch über die aufgeweichten Schmelzschichten, wird dieser weggetragen und ist somit für immer verloren. Dem Schmelz muss die nötige Zeit gegeben werden, diese Lücken wieder aufzufüllen. In solchen Fällen wird eine fluoridhaltige Mundspülung empfohlen sowie das Abwarten von mindestens 30 Minuten – oder bis das ‹faserige› Gefühl auf dem Zahn verschwunden ist.»

Mythos 3: Milchzähne erfordern keine Pflege

«Das ist wohl einer der grössten Mythen. Leider denken viele, dass Milchzähne nicht wichtig sind, da später ein bleibender Zahn heranwächst. Was passiert aber, wenn zum Beispiel wie bei 1,9 bis 6,9 Prozent der Population kein bleibender Zahn durchbricht – eine sogenannte Nichtanlage? Dann sollte ein Milchzahn mindestens bis zum 21. Lebensjahr in der Mundhöhle erhalten bleiben, da erst ab diesem Alter Implantate gesetzt werden sollten. Denn hierfür sollte das Wachstum abgeschlossen sein. Ein Milchzahn mit guten Wurzeln kann aber auch sehr viel länger in der Mundhöhle gesund verbleiben. Gesund heisst in diesem Sinne: gut gepflegt, ohne Karies, ohne Parodontitis und am besten ohne Füllung. Ich sehe immer wieder Milchzähne bei über 40-jährigen Patienten.»

Mythos 4: Festes Schrubben ist gründlicher

«Schrubben ist leider keine gute Putztechnik, denn so schrubbt man sich auch die Zahnhälse frei, welche später mit dem Fortschreiten der Läsion häufig Schmerzen bereiten. Kleine Läsionen lassen sich mit gewissen sensitiven Zahnpasten oder Fluoridgelees beruhigen. Die Zahnärztin oder der Zahnarzt verfügt auch über spezielle Mittel, um solche Läsionen zu beruhigen, bei grossen Defekten bleibt zum Schluss aber nur eine Füllung. Man sollte sich beim Schrubben immer vorstellen, wie sich die Borsten eines Besens durch den Druck auseinander drücken lassen. In solch einem Fall würde man die Zahnfläche mit der Längsseite der Borste versuchen zu putzen, anstelle mit den Borstenenden.»

Mythos 5: Einmal pro Tag Zähneputzen reicht vollauf

«In den ersten vier Stunden nach dem Zähneputzen sind einzelne Bakterien wieder am Zahn angedockt und bilden so einen neuen Biofilm. Pathogen, also kariös wird der Biofilm nach etwa 48 Stunden. Da käme doch eigentlich alle 24 Stunden einmal putzen hin, ohne Karies zu bekommen. Leider reicht das doch nicht, denn dies würde voraussetzen, dass man die Zähne perfekt putzt, was eigentlich niemand schafft. Viel sicherer ist es, nach jeder Hauptmahlzeit mit der Zahnbürste zu putzen. Abends sollte man die Zähne zusätzlich mit Zahnseide vorbehandeln oder Interdentalbürsten benutzen.»

Mythos 6: Kaugummikauen macht Zähne sauber

«Die ausgewachsene Plaque muss zwingend mechanisch weggeputzt werden. Spüllösungen, Mundduschen oder das Kauen zuckerfreier Kaugummis reichen nicht aus, um die Zähne zu putzen. Sie entfernen lediglich Essensreste und helfen, den Zuckergehalt im Speichel zu reduzieren.»

Mythos 7: Schlechte Zähne sind vererbbar

«Schlechte Zähne sind multifaktoriell bedingt, daher kann man nicht ganz alles auf seine Gene zurückführen und diese als Ausrede nutzen. Gewisse Prädispositionen können jedoch tatsächlich vererbt sein. So können sich etwa parodontale Probleme familiär häufen. In der Regel ist der Speichel schuld, wenn man trotz zahnfreundlicher Ernährung, eines gesunden Lebensstils und perfekter Mundhygiene Probleme mit den Zähnen hat. Der Speichel verfügt über eine remineralisierende Wirkung. Enthält er nicht genügend Stoffe, um die Zähne zu remineralisieren, entsteht gehäuft Karies.»

Mythos 8: Jedes Baby kostet einen Zahn

«Es gibt tatsächlich Studien, die dieses Thema untersucht haben. Diese haben festgestellt, dass schwangere Frauen durch die veränderten Hormone ein erhöhtes Zahnfleischbluten haben können. Mit einer guten Mundhygiene kann jedoch ein Fortschreiten der Entzündung gut in Schach gehalten werden. Zudem wird das häufigere Erbrechen im ersten Trimester als Grund für vermehrte Karies aufgeführt. Auch hier kann mit dem richtigen Handeln viel Schaden vermieden werden.»

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