Oftmals werden Antibiotika auch dann verschrieben, wenn dies gar nicht nötig wäre. Dies geschieht vor allem bei Blasenentzündungen. Dach Antibiotika können viele unangenehme Nebenwirkungen haben. Alternativen treten in den Vordergrund.
Obwohl es sich bei der Resistenzbildung auch um einen natürlichen Prozess handeln kann, sind die stets steigenden Raten klar auf übermässigen oder unangebrachten Einsatz von Antibiotika an Mensch und Tier zurückzuführen. Dazu kommen schlechte Hygiene- und/oder Infektionskontrollverfahren, die diese Ausgangslage noch verschlechtern. Bakterienresistenzen sind in der EU zurzeit für rund 25’000 Todesfälle jährlich verantwortlich – weltweit beläuft sich deren Anzahl gar auf 700’000. Wird dieser Evolution nicht Einhalt geboten, drohen Antibiotikaresistenzen bis 2050 zu einer häufigeren Todesursache als Krebs zu werden.
Eines muss man vorwegnehmen: Es sind Bakterien und nicht Menschen, die gegen Antibiotika resistent werden. Das Schweizerische Bundesamt für Gesundheit (BAG) ist eines der weltweit zahlreichen Gesundheitsministerien, das die fortschreitende Resistenz zahlreicher, für vielerlei Infektionen verantwortlicher Bakterien als ernstzunehmendes Problem sieht. Aus diesem Grunde wurde 2015 die «Strategie Antibiotikaresistenzen» (StAR) ins Leben gerufen, die international gemäss dem One-Health-Ansatz gefördert wird. Bei letzterem handelt es sich um das Anerkennen der systemischen Zusammenhänge von Mensch und Tier, insbesondere in Gesundheitsfragen. Tatsächlich betrifft der übermässige oder unangebrachte Einsatz von Antibiotika nicht nur uns, sondern auch unsere Haus- und Nutztiere. Dagegen aktiv werden kann bekanntlich nur der Mensch.
Verordnungen, die falscher nicht sein könnten
Laut dem Special Eurobarometer 445, einem auf die EU bezogenen Report über antimikrobielle Resistenzen, kommen Antibiotika am häufigsten gegen Bronchitis (18 Prozent), Grippe (16 Prozent), Halsschmerzen (14 Prozent), Fieber (11 Prozent), Erkältung (11 Prozent) und Harnwegsinfekte (10 Prozent) zum Einsatz. Dies ist oft ein fataler Fehler: Lediglich zwei der genannten Indikationen sind hauptsächlich auf Bakterien zurückzuführen. Sind Viren am Werk, wie zum Beispiel bei einer Grippe, vermögen Antibiotika nicht das Geringste auszurichten, da Viren viel schneller mutieren als Bakterien. Meist hat man dabei keine andere Wahl als auszuharren und sich Ruhe zu gönnen bis die Virusinfektion abklingt.
Antibiotika sollen nur eingesetzt werden, wenn nachgewiesen ist, dass es sich um eine bakterielle Infektion handelt und keine alternativen Behandlungen existieren.
Genau durch die überflüssigen Einnahmen von Antibiotika entwickeln sich Resistenzen in rasantem Tempo. Davon zeugt nicht zuletzt der Gebrauch von gegen multiresistente Bakterien geeigneten Antibiotika in Europa: Ihr Einsatz hat sich in Europa über den Zeitraum 2010-2014 fast verdoppelt. Das Ziel von StAR ist es deshalb, durch bereichsübergreifende Überwachung und standardisierte Methoden die Antibiotika-Resistenzverbreitung in den Griff zu bekommen. Da ein Land alleine dieser Plage kaum Einhalt gebieten kann, steht dabei auch die Zusammenarbeit mit andern Nationen im Vordergrund.
Der Klassiker Blasenentzündung
Akute und rezidivierende Harnwegsinfekte (HWI) zählen zu den häufigsten bakteriellen Infektionen. Nach Eigenangaben liegt die jährliche Inzidenz von HWI bei weiblichen Patienten bei 12 Prozent; bei 25 Prozent der von Zystitis betroffenen jungen Frauen rezidiviert die Infektion zudem innerhalb der sechs Folgemonate. Arzneimittelreporte zei- gen, dass Ärzte in über der Hälfte dieser HWI und Zystitis-Erkrankungen Antibiotika verordnen. Tatsächlich greifen Ärzte oft ohne lange zu fackeln zu antimikrobiellen Wirkstoffen, die als empfohlene Standardtherapie gelten. Der Erreger Escherichia coli, der für rund 75-95 Prozent der Erkrankungen verantwortlich ist, steht dabei zweifelsfrei im Vordergrund.
Wie die vom Bundesrat entwickelte Strategie StAR klar bestätigt, nimmt aufgrund frappant steigender Resistenzraten nicht nur das Bedürfnis nach neuen Antibiotika, die gegen multiresistente Bakterien vorgehen können, zu, sondern auch die Dringlichkeit der Entwicklung wirksamer Alternativen. «Antibiotika sollen nur eingesetzt werden, wenn nachgewiesen ist, dass es sich um eine bakterielle Infektion handelt und keine alternativen Behandlungen existieren», wird im StAR Report des Bundesrats vom November 2015 betont. Bei der Therapie mit D-Mannose handelt es sich um eine solch klinisch bewiesene Alternative, die in der Behandlung eines akuten Harnweginfekts, sowie präventiv sehr vielversprechende Resultate aufzeigt.
Therapie mit D-Mannose als effiziente Alternative
Bei der D-Mannose handelt es sich um einen Wirkstoff der Einfachzucker-Gruppe, der unverändert mit dem Harn ausgeschieden wird. Er hemmt die Wechselwirkung der Bakterien mit der Schleimhaut der Harnblase und erreicht, dass die Mikroorganismen statt Proteine freie D-Manno- se an der Zelloberfläche binden. Auf diese Weise fängt der Wirkstoff die Bakterien im Harnfluss und scheidet sie aus. Mehrere in den letzten vier Jahren durchgeführte in-vivo- und in-vitro-Studien bestätigen die Effizienz dieses Wirkstoffes. Die Studie «Sauer et al. Nat Commun» im März 2016 hielt beispielsweise fest, dass bei einer Tagesdosis von 2g D-Mannose eine signifikante Absenkung der Rezidivrate im Vergleich zu Placebo und dem antibiotischen Wirkstoff Nitrofurantoin erzielt werden kann.
Es müssen also nicht immer Antibiotika sein, deren Einsatz in vielen Fällen verheerende Auswirkungen haben kann. Im Gegensatz zu diesen radikalen Substanzen führt der Einsatz von D-Mannose zu keinerlei Resistenzbildung. Somit ist der Wirkstoff für einen Grossteil der Patienten deutlich verträglicher als viele Antibiotika. Der Wirkstoff ist in der Schweiz als Medizinprodukt in Pulver und Tablettenform verschiedener Anbieter verfügbar. Sollte dem Hausarzt beim nächsten Infekt das Wort «Antibiotika» etwas schnell über die Lippen kommen, empfiehlt es sich vielleicht, ihn auf diese Alternative anzusprechen.
Text: Selin Olivia Turhangil
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