tiny house
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Nachhaltigkeit Wohnen

«Je kleiner ein Haus, desto nachhaltiger ist es»

18.11.2022
von Jessica Petz

Der Traum vom eigenen Tiny House ist seit einigen Jahren stark im Trend. Sie sind klein,  praktisch und haben alles, was man braucht. Vor allem in puncto Nachhaltigkeit sollen diese  normale Häuser übertreffen und einen Ausgleich mit der Natur schaffen. «Fokus» deckt auf,  worauf geachtet werden muss, damit der Traum vom ökologischen Tiny House Realität wird.

Maximal 40 m², hauptsächlich aus Holz und multifunktionale Möbel, die je nach Tageszeit einen anderen Zweck erfüllen: das Tiny House. Was vor einigen Jahren als Trend in die Schweiz gerutscht ist, fasst seit längerem festen Fuss im Schweizer Bauwesen und Architekt:innen spezialisieren sich immer mehr auf den Bau der Kleinhäuser. Der Wunsch nach einem eigenen Haus, ohne sich fürs Leben verschulden zu müssen, steigt, und das Bedürfnis nach «weniger ist mehr» spielt in unserer schnelllebigen Welt eine immer wichtigere Rolle. Besonders im Aspekt der Nachhaltigkeit liegt das kleine Haus im Gegensatz zu seinem Konkurrenten, dem Einfamilienhaus, um einiges voraus. Die Reduktion der genutzten und beheizten Quadratmeter kann den CO₂- Fussabdruck extrem reduzieren. «Je kleiner ein Haus, desto nachhaltiger ist es», stellt Tanja Schindler, Baubiologin, fest.

Nachhaltige Bauweisen

Die Wahl der Materialien und der geschickte Einsatz von Technik sind unerlässlich, wenn es um das nachhaltige Bauen eines Tiny Houses geht. Tiny Houses, Minihäuser oder auch Zirkuswagen müssen Schweizer Vorschriften entsprechen, damit diese auch legal stehen dürfen. Sie benötigen eine normale Dämmung, wie sie auch in jedem anderen Haus verbaut wird, und enthalten dreifach verglaste Fenster, damit die Wärme drinnen bleibt. Diese Häuser sind äusserst nachhaltig, weil sie wenig Energie und Material verbrauchen, was mit dem Einsatz von Fotovoltaik bestärkt wird. Bei der Herkunft der Materialien muss man ebenfalls darauf achten, dass diese lokal gewonnen und nicht aus dem Ausland importiert werden müssen. Dies ist besonders bei dem Hauptbestandteil Holz wichtig, da dies eine der wenigen einheimischen, nachhaltig nutzbaren Ressourcen der Schweiz ist, welche gut abgebaut werden können und somit keine langen Fahrtwege auf sich nehmen müssen. «Ebenso wichtig ist, dass diese Häuser auch qualitativ hochwertige Bedingungen im Innenraum schaffen, sodass sich die Bewohner:innen wohlfühlen und gerne dort wohnen. Nachhaltigkeit ist nicht nur die Auswahl der Materialien, sondern hat viel mit der Inneneinrichtung und der Lebensweise zu tun», so Schindler.

Hausmarke Eigenbau

Doch trotz ausgebildeter Architekt:innen und Expert:innen haben es sich einige Menschen zum Projekt gemacht, sich ihr Tiny House selbst zu bauen. Ob Anleitungsvideos auf YouTube oder Webseiten mit Bauplänen: Mittlerweile gibt es immer mehr Menschen, die über das Bauen ihres Tiny Houses in Videos oder Textform für andere Tüftler:innen berichten. Was ein cooles Projekt ist, kann aber auch auf Kosten der Nachhaltigkeit gehen. Vorallem wenn man das Haus selbst baut, kann man Schwierigkeiten bekommen, eine Baugenehmigung zu erhalten, weshalb es in manchen Bauten gesetzlich nicht erlaubt ist, in diesen zu wohnen, weil Vorschriften nicht eingehalten werden können. Wenn man solch ein Haus selbst baut, fehlt meistens das technische Wissen, um einzuschätzen, worauf man genau achten muss, damit es keine Schäden oder Probleme in der Zukunft gibt. «Ein nach Vorschrift gebautes Minihaus hingegen, welches in der Schweiz oder Deutschland von Expert:innen produziert wird, kann locker bis zu 100 Jahre und mehr halten», sagt Schindler. Tiny Houses, Zirkuswagen, sprich Häuser auf Rädern, sind daher weniger nachhaltig und weniger langlebig, da diese die offiziellen Dämmvorschriften nicht einhalten können und somit mehr Energie verbrauchen. Würde man diese nach Dämmvorschriften umbauen, wäre der Wagen zu schwer, um auf der Strasse fahren zu dürfen.

Wohnmobile als Alternative?

Da für einige die Planung des eigenen Tiny House bereits an den Kosten scheitert, suchen viele nach günstigeren Alternativen, ohne dabei den Luxus der Selbstständigkeit zu verlieren. Dabei werden Wohnmobile oder günstig gebaute Häuser aus dem Ausland als attraktive Alternative verkauft. Diese benötigen zwar auch nicht viel Energie, da deren Innenräume auch klein sind, aber die meisten dieser Bauten sind aus Plastik und nicht genügend gedämmt, was nicht für ein gesundes nachhaltiges Wohnen spricht. Das ist nämlich einer der Hauptfaktoren, der ein Tiny House auszeichnet: Die wohlige Wärme von hellem Holz, welches einem das Gefühl gibt, eins mit der Natur zu sein. Und diese Empfindung wird selten von einem Blech- oder Plastikcontainer vermittelt.

Nachhaltigkeit ist nicht nur die Auswahl der Materialien, sondern hat viel mit der Inneneinrichtung und der Lebensweise zu tun. Tanja Schindler

Der Trend des Tiny Houses

Seit einigen Jahren schon ist der Traum vom eigenen Tiny House im Trend und immer mehr Menschen sind von der Idee eigener kleinen vier Wänden im Grünen fasziniert. Gerade in der Schweiz ist vieles verdichtet und die meisten Menschen sehen aus ihrem Fenster keine grüne Wiese, sondern in die Küchen der Nachbarschaft, die man kaum kennt. So ist es nicht verwunderlich, dass das Bedürfnis nach Natur und Freiheiten immer stärker wird. Mit dem Gedanken, der Natur näher zu kommen, steigt auch das Bedürfnis, einen kleineren CO₂- Fussabdruck zu hinterlassen und unabhängig zu werden. Da für viele der Kauf von einem grossen Haus finanziell nicht möglich ist, fällt die Wahl auf das Tiny House, welches die gleichen Funktionen hat wie ein grösseres Haus, aber weniger kostet.

Trotzdem ist Tiny House nicht gleich Tiny House. Nur mit viel Wissen und Investitionen kann der Traum vom kleinen Eigenheim in der Natur umgesetzt werden.

Eine Antwort zu “«Je kleiner ein Haus, desto nachhaltiger ist es»”

  1. Heike Recktenwald sagt:

    «Je kleiner ein Haus, desto nachhaltiger ist es» Da kann wohl jemand nicht richtig rechnen. Je kleiner ein Haus desto weniger nachhaltig ist es, sollte es eigentlich heissen. Tiny-Häuser sind alles andere als nachhaltig. Bauphysikalisch betrachtet sogar ein völliger Blödsinn. Tiny-Häuser sind vielmehr ein Versuch, dem Wunsch nach den eigenen vier Wänden mitten in der Natur, einen nachhaltigen Anstrich zu verleihen.
    Mitten in der Natur oder auf einer Brachfläche die, würde man sie brach liegen lassen, ein wunderbarer Lebensraum für unzählige Insekten wäre. Tiny-Häuser versiegeln viel zu viel Fläche. Sie brauchen Anschlüsse für Wasser, Strom und Abwasser, ein frostsicheres Fundament und wenn mehrere Tiny-Häuser auf einem Grundstück gebaut werden, einen entsprechenden Abstand zueinander. Da ein Tiny-Haus normalerweise nur von wenig Menschen bewohnt wird, ist der Landverbrauch pro Person enorm hoch. Tiny-Häuser haben eine extrem schlechte Gebäudehüllzahl (Verhältnis zwischen Aussenhülle zu Gebäudefläche) und deshalb eine hohe Heizlast. Da in diesen Gebäuden zu wenig Platz für ein effizientes Heizsystem wie Wärmepumpe und Pufferspeicher ist, wird Holz oder Gas als Heizmedium eingesetzt. Zudem hat jedes Tiny-Haus eine autonome Infrastruktur, für Heizung, Wasser, Abwasser, etc. Bei mehreren autonomen Häusern auf einem Grundstück wäre dies völlig ineffizient. Auch der Aushub für Leitungen und der spätere Rückbau ist nicht Co2-neutral zu haben.
    Die Wahl der Baumaterialien für ein Tiny-Haus rechtfertigt nicht dessen Nachhaltigkeit. Würde man die Wohnfläche mehrere Tiny-Häuser in einem Mehrfamilienhaus, gebaut aus natürlichen Materialien und versehen mit einem effizienten Heizsystem, vereinen, wäre dies gegenüber einer Tiny-Haus-Variante betreffend Nachhaltigkeit unschlagbar. Aber ja, man will individuell sein, nur nicht mit dem Mainstream gehen und der Meinung sein, man sei besonders umweltfreundlich unterwegs.
    Apropos unterwegs sein, wer in der Natur leben will muss meist auf eine gute Anbindung an den öffentlicher Verkehr verzichten, man ist also auf ein Auto angewiesen. Fazit: Man kaufe sich einen Wohnwagen und stelle ihn auf einen Campingplatz. Das ist nachhaltiger als ein Tiny-Haus auf der grünen Wiese.

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