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Martin Bachmann: Mann sein ist einfach – Mann werden ein Job

31.08.2020
von SMA

Martin Bachmann, Gewaltberater und klinischer Sexologe im mannebüro züri

Martin Bachmann, Gewaltberater und klinischer Sexologe im mannebüro züri

Es ist toll, ein Mensch, eine Frau, ein Mann zu sein! Bei genauerem Hinschauen stellt sich allerdings die Frage: Was genau macht einen Mann, eine Frau überhaupt aus? Zwar werden je nach genetischem Bauplan und Sexualhormonen die allermeisten Menschen als Mann oder Frau geboren, aber wie wir Mann oder Frau werden ist erlernt, eingeübt, gestaltet – von uns selbst und der Welt, in der wir aufwachsen.

Soziales und biologisches Geschlecht

Das biologische Geschlecht ist die Basis, auf der Männer (wie Frauen) ihre Identität entwickeln. Ebenso spielt von Geburt weg das soziale Geschlecht eine wichtige Rolle: Erwartungen ans Mann-sein prägen Männer. Sobald das Geschlecht eines Babys bekannt ist, wird es geschlechterstereotyp behandelt. An den Schulen und in der Arbeitswelt setzt sich dieser Prozess fort und mündet in bekannten Männerrealitäten: Männer definieren sich stark über die Arbeit, vernachlässigen die Selbstsorge, können sich gut durchsetzen … oder werden gewalttätig.

Also, was ist ein Mann? Ein Mann ist, was wir Männer draus machen! Martin Bachmann, Gewaltberater und klinischer Sexologe im mannebüro züri

Die Rolle «Mann» ist erlernt. Man wird zum Mann gemacht. Männer müssen Helden sein, risikofreudig, leistungsorientiert, durchsetzungsstark. Dieser Anspruch hat direkte Folgen auf unser Leben. Starre Klischees geben einerseits Orientierung, sind eine Anleitung für unsere Entwicklung, doch sie können das Individuum komplett überfordern. Kein Mann ist immer stark, kompetent und cool, sondern auch manchmal bedürftig, ratlos, schlapp.

Auch Männer brauchen Hilfe

In der Praxis des mannebüro züri begegnen wir zahlreichen Männern, die an den Vorstellungen, was ein Mann zu sein hat, scheitern. Vor lauter Überforderung finden nicht aus einer Krise heraus. Sie sind einsam, haben Angst, gehen auf ihre Partnerinnen oder Kinder los. Oder sie bekommen vor lauter Stress, Druck und Scham Funktionsstörungen in der Sexualität, haben Erektionsschwierigkeiten, flüchten in Pornowelten, ins Milieu.

Das mannebüro züri, das als erste Männerberatungsstelle der Schweiz 1989 gegründet wurde, erlebt jedoch immer wieder, dass Entwicklungen möglich sind, es auch ein Leben ohne Gewalt und Sexstress gibt. Weil das Mann-sein eben erlernt ist!

Männer können ihre Rolle nicht komplett hinter sich lassen, sie müssen sich mit den Ansprüchen an die Männlichkeit auseinandersetzen. Sie dürfen jedoch selber entscheiden, wie sie ihr persönliches Mann-sein gestalten wollen. Männer können (und müssen) sich von starren Klischees lösen, sich immer wieder neu orientieren. Und diese Klischees sind glücklicherweise im Wandel!

Wie will ich wirklich arbeiten? Wo ist mein Platz in der Familie? Wie kümmere ich mich auch um mich selber gut? Wir dürfen uns aus dem Fundus an «typisch männlichen» Verhaltensweisen bedienen – und natürlich auch schauen, welche «klassisch weiblich» konnotierten Kompetenzen für unser Leben hilfreich sind. Klar können Männer auch fürsorglich, liebevoll, pflegend sein! Wir haben die Freiheit, unser eigenes Konzept Mann lustvoll, engagiert und individuell zu entwickeln.

Also, was ist ein Mann? Ein Mann ist, was wir Männer draus machen! Wie schon Goethe sagte, können Männer nicht immer Helden, aber immer Männer sein. Männer von Heute lernen und entwickeln sich!

Text Martin Bachmann

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