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Nachhaltigkeit in der 2. Säule der Pensionskassen – Synergien nutzen

15.09.2020
von Kevin Meier

Das Thema der Nachhaltigkeit gewinnt in der Schweizer Gesellschaft zunehmend an Bedeutung — und das nicht erst seit Greta Thunberg. Damit einher kommt auch die Frage nach nachhaltigen Anlagen auf. Ein Einblick in die Nachhaltigkeit der Pensionskassen.

Die Nachhaltigkeit spielte schon immer eine wichtige Rolle für Pensionskassen, wenn auch vor allem im finanziellen Sinne. Seit längerer Zeit aber rückt auch die ökologische Nachhaltigkeit in der 2. Säule immer mehr in den Fokus. Der WWF hat bereits für die Jahre 2015/2016 das erste Mal ein Rating zu den 20 grössten Pensionskassen der Schweiz publiziert. Für die Jahre 2018/2019 hat man das Rating erneut durchgeführt, um Veränderungen feststellen zu können. Durch solche Ratings steigt natürlich der öffentliche Druck auf Pensionskassen, nachhaltiger zu werden.

Nachhaltigkeit in der beruflichen Vorsorge

Pensionskassen haben den gesetzlichen Auftrag, die Lebensqualität der Versicherten nach ihrer Pensionierung aufrechtzuerhalten. Das heisst, die Pensionskassen zahlen eine Rente aus, mit der sich die Versicherten ihren gewohnten Lebensstandard weiterhin leisten können. Das bedeutet auch, dass Pensionskassen nicht nur auf den finanziellen Wert einer Anlage achten sollten. Dorothea Baur, unabhängige Beraterin, meint, dass die Umweltverträglichkeit auch bei Pensionskassen inhärent ist: «Lebensqualität hängt auch davon ab, wie die Welt aussieht, in der man lebt.» Wenn die Umwelt zerstört wird, dann sei Lebensqualität nicht mehr möglich, unabhängig von der ausbezahlten Rente. Auch wenn man die ökologische Nachhaltigkeit nicht direkt in der BVG erwähnt, so gehört sie doch zur treuhänderischen Sorgfaltspflicht. Denn die Investition in eine kaputte Welt ist nicht im Interesse der Versicherten, meint Baur: «Auch wenn jetzt vielleicht ein 25-Jähriger nicht von Nachhaltigkeit überzeugt ist, hat er trotzdem kein Interesse daran, in einer Plus-Vier-Grad-Welt pensioniert zu sein.»

Nachhaltige Anlagen erzielen keine schlechteren Renditen als konventionelle.

Standards der Nachhaltigkeit bei Pensionskassen

Laut Baur gibt es kaum Standards in Bezug auf nachhaltige Anlagen der Pensionskassen. In der Schweiz nimmt der SVVK ASIR eine grosse Rolle ein, da er ein Zusammenschluss von grossen und meist öffentlich-rechtlichen Pensionskassen ist. Dieser Zusammenschluss hat von sich aus einen Minimalstandard, setzt aber auf Freiwilligkeit, wenn es um deren Einhaltung geht. «Sagen wir, ‹Leaders› im Bereich nachhaltige Anlagen unter Pensionskassen gehen über die Standards der SVVK ASIR hinaus», meint Baur. Diese Richtlinien sind eher der kleinste gemeinsame Nenner und darüber hinaus gebe es nicht wirklich einen Massstab — zumindest nicht spezifisch für Pensionskassen. Daher gibt es eine ganze Reihe an verschiedenen Auffassungen, was nachhaltiges Investieren ist und beinhaltet.

Der Mythos der gefährdeten Rendite

Ab und an hört man von der Idee, dass nachhaltiges Anlegen die Rendite gefährden könne. Jedoch sind zumindest die aktuellen Renten gesetzlich garantiert. Baur ist jedoch der Meinung, dass auch bei jungen Versicherten der Rentenbezug durch die Berücksichtigung von ESG (Umwelt, Soziales, Governance) nicht gefährdet, sondern eher gesichert wird. Sie hält fest: «Der Irrtum ist: ESG-Kriterien zu berücksichtigen, führt zwingend zu einem Renditenverzicht und ergo schmälert das meine Rente. Aber nach allem, was man weiss, zumindest auf eine mittelfristige Perspektive, erzielen nachhaltige Anlagen keine schlechteren Renditen als konventionelle Anlagen.» Ganz im Gegenteil, man gehe inzwischen davon aus, dass Investitionen ohne jegliche Rücksicht auf die Umwelt auch nicht den gewünschten finanziellen Wert ergeben.

Vorsorgen mit der PensionskasseKann man als Arbeitnehmer etwas bewirken?

Als Privatperson zu wissen, wie nachhaltig die eigene Pensionskasse investiert ist, ist einfach und schwierig zugleich. Neugierige sollten sich über die Website der Pensionskasse oder durch direktes Anfragen informieren. Allenfalls kann man sich an die Arbeitnehmervertretung wenden. Eine kritische Masse an Anfragen durch Privatpersonen gebe es laut Baur jedoch noch nicht: «Die Pensionskassen sagen mir schon, dass sie immer wieder mit Anfragen konfrontiert werden. Aber die Anzahl dieser Anfragen ist jetzt noch nicht gross genug.» Um eine kritische Masse an Versicherten zu erreichen, müssten sich Privatpersonen zusammenschliessen und gemeinsam Anliegen bei der Pensionskasse platzieren. Es sei wichtig der Pensionskasse klarzumachen, meint Baur, «dass es Leute gibt, die hinschauen, die sich darüber Gedanken machen.»

Pensionskassen werden nachhaltiger

Der WWF hat die Ergebnisse ihrer Ratings verglichen und herausgefunden, dass sich einige Pensionskassen verbessert haben in puncto Nachhaltigkeit. Baur würde den allgemeinen Trend zu nachhaltigeren Investitionen bestätigen, sie mahnt aber auch zur Vorsicht: «Pensionskassen werden nachhaltiger. Die Frage ist einfach, wie man Nachhaltigkeit definiert.» Trotzdem reagieren Pensionskassen auf den öffentlichen Druck. Baur führt aus: «Man merkt, dass die öffentlich-rechtlichen Pensionskassen möglicherweise weiter sind mit nachhaltigen Investitionen als privat-rechtliche. Weil die öffentlichen immer auch noch von der Politik betrachtet werden und noch stärker im Auge der Öffentlichkeit stehen.»

Ein Blick voraus

Trotz dem wachsenden Bedürfnis nach mehr Nachhaltigkeit in der Bevölkerung, können Pensionskassen jetzt nicht mit progressiven und innovativen Ideen radikal vorausgehen. «Pensionskassen sind von Gesetzes wegen zu konservativen Anlagen und langfristigem Horizont gezwungen. Trotzdem können sie innerhalb diesem strengen Gesetzeskodex durchaus Akzente der Nachhaltigkeit setzen», erläutert Baur. Der erste Schritt muss sein, sich über die eigene Strategie im Klaren zu sein und genau zu definieren was man unter Nachhaltigkeit versteht. Klare Kriterien und Anlagestrategien erleichtern dann auch die Kommunikation nach aussen. Baur betont, dass die «verschiedenen Dimensionen der Nachhaltigkeit nicht gezwungenermassen im Konflikt stehen zueinander, sondern häufig Synergien» sind.

Mehr zum Schweizer Vorsorgesystem lesen Sie hier.

Text Kevin Meier

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