In der Diskussion um die Digitalisierung der Schweizer Planungs- und Baubranche fällt schnell der Begriff «Building Information Modelling» (BIM). Doch während BIM als Symbol für das digitale Planen von Immobilien und Raum dienen kann, zeigt ein tieferer Blick, dass die Digitalisierungsthematik noch viel umfassender ist.
Jedes Gebäude benötigt ein stabiles Fundament. Das Gleiche gilt für die Digitalisierungsbemühungen in der Schweizer Planungs- und Baubranche. Das Fundament bilden in diesem Fall die Daten: Denn digitale Planungsmethoden wie BIM sowie verwandte Technologien sind immer nur so effektiv wie die Datenbasis, auf der sie beruhen. Dementsprechend sind Genauigkeit und Aktualität dieser Informationen essenziell, damit digitale Planungstools ihr volles Potenzial entfalten können.
Wie aber sieht dieses Potenzial konkret aus – sprich, welchen Mehrwert bieten diese Werkzeuge im Idealfall? Ein Benefit ist die Möglichkeit, dreidimensionale Modelle zu erarbeiten, die den aktuellen Ist-Zustand präzise abbilden und damit eine fundierte Planung von Massnahmen ermöglichen. Auf diese Weise können etwa ein potenzieller Baugrund virtuell erfasst und mögliche Bebauungsvarianten geprüft werden.
Der digitale Zwilling
Einen weiteren Anwendungsfall bietet die Instandhaltung von Infrastrukturen: Denn moderne Scantechnologien sind zum Beispiel in der Lage, selbst kleinste Risse im Wandverputz von Innenräumen festzustellen und somit frühzeitig Sanierungsbedarf aufzeigen. Aus solchen detaillierten Informationen lässt sich gar ein «digitaler Zwilling» eines Gebäudes oder eines Infrastrukturobjekts im Tiefbau erstellen. Indem diese virtuelle Abbildung regelmässig geprüft wird, müssen die Verantwortlichen nur im Ausnahmefall «am realen Objekt» Massnahmen ergreifen.
Diese Beispiele zeigen, dass die Schweizer Werte der Innovation und Präzision auch in der Baubranche grosse Relevanz haben. Gleiches gilt aber auch für Verhältnismässigkeit: Denn nicht jedes Bauprojekt oder jeder Projektschritt benötigt hochpräzise Daten. Für eine erste Machbarkeitsstudie etwa können oftmals öffentlich zugängliche Geodaten ausreichen. Bei spezifischen Projektdetails allerdings, wie der Fensterbreite eines Gebäudes, ist dann eine millimetergenaue Datenerfassung unabdingbar. Dies unterstreicht die Notwendigkeit, dass nicht nur die Anbieter digitaler Tools ihre Lösungskompetenzen schärfen müssen, sondern dass parallel dazu die Kundenseite (seien dies Unternehmen oder die öffentliche Hand) eine sogenannte «Bestellerkompetenz» entwickeln muss. Denn nur wer exakt bestellen kann, erhält auch wirklich das, was geordert wurde.
Die Herausforderung besteht für die Akteure im Schweizer Bau- und Planungssektor also darin, ein Umfeld zu schaffen, in dem die Datenqualität hoch ist und sowohl die Technologieanbieter als auch die Anwender in der Baubranche über die Fähigkeiten verfügen, diese Daten und Lösungen effektiv zu nutzen. Die Ausbildung dieser Kompetenzen sowie die Investition in Technologien, die eine präzise Datenerhebung ermöglichen, sind entscheidende Schritte auf dem Weg zur vollständigen Digitalisierung der Baubranche in der Schweiz.
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