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Der Shitstorm – Im Auge des Sturms

30.10.2020
von Fatima Di Pane

Was passiert, wenn ein Fauxpas eines Unternehmens von den Konsumenten angeprangert wird und ein Shitstorm entsteht? Nicht unbedingt etwas Schlechtes, findet ein Marketingspezialist. 

In Zeiten des Internets darf man sich als Unternehmen keine Fehltritte erlauben. Problematisches Verhalten wird von aufmerksamen Konsumenten beobachtet und sogleich online angeprangert. Dieser starke, kollektive Ausdruck von Kritik, vor allem online, wird umgangssprachlich als Shitstorm bezeichnet. Doch wie schädlich ist es für ein Unternehmen, in so einen Sturm aus Kritik zu geraten? Olivier Kennedy, CEO und Gründer eine Werbe- und Kommunikationsagentur in Bern, sagt: «Als allererstes müssen wir uns fragen, ob es überhaupt schädlich ist».

Das Palmöl-Debakel

Dabei verweist er auf den Schokoriegel KitKat, welcher aufgrund der Verwendung von Palmöl ins Social Media-Kreuzfeuer geraten ist. Greenpeace verbreitete damals ein Video, welches einen Mann zeigt, der in ein KitKat beisst. Bloss: Anstatt der herkömmlichen Schokoriegel verspeist der Mann die Finger eines Orang-Utans. Es fliesst Blut. Das Video verbreitete sich rasend.

Intuitiv würde manch einer darauf tippen, dass KitKat zum Ladenhüter wurden. Falsch gedacht: «Die Verkäufe von KitKat stiegen an», hält Kennedy fest. Doch warum ist das so?

Negationen sind intellektuell

«Denken Sie bitte auf keinen Fall an einen weissen Elefanten», fordert Kennedy. «Wahrscheinlich haben Sie gerade an einen weissen Elefanten gedacht.» Negative Aussagen sind für das menschliche Gehirn schwerer verständlich als positive. Wenn man dazu aufgefordert wird, etwas nicht zu tun, lässt das Gehirn die Negation oftmals einfach fallen. Und darin liegt auch die Erklärung für die gestiegenen Verkaufszahlen.

Bewusste Provokation

Der Shitstorm ist daher durchaus auch ein geeignetes Werkzeug, um eine Marke bekannter zu machen. «Die Menschen zu schockieren ist eine legitime Form, eine neue Marke zu etablieren», meint Kennedy. «Wer schockt und wütend macht, dem eröffnen sich neue Tools im Marketing.» Ein Beispiel ist die Nike-Kampagne mit dem Footballspieler Colin Kaepernick. Dieser protestierte gegen Polizeigewalt gegen Schwarze in Amerika und weigerte sich im Zuge dessen, sich für die US-Nationalhymne zu erheben. Stattdessen kniete er. Kurz darauf wurde er von der NFL entlassen.

Der Shitstorm ist daher durchaus auch ein geeignetes Werkzeug, um eine Marke bekannter zu machen.

Als Kaepernick in einer Nike-Kampagne mit den Worten «Believe in something. Even if it means sacrificing everything» auftrat, war der Aufschrei bei Nationalisten gross. Unter dem Hashtag JustBurnIt verbrannten tausende Menschen vor laufender Kamera ihre Nikes. «Nike hat sich klar dafür entschieden, eine spezifische Gruppe als Kunden zu verlieren», erklärt Kennedy. Die Aktien des Sportartikelherstellers stiegen um fünf Prozent.

Eine effektive Entschuldigung

Dies soll jedoch keinesfalls heissen, dass ein Shitstorm immer eine gute Sache ist. Die Reaktion auf Kritik muss durchdacht vonstatten gehen. «Das Unternehmen muss sich überlegen: Haben wir die Legitimität, uns effektiv zu entschuldigen? Falls nicht: Wie können wir das ändern?» Für ein Unternehmen, welchem ein Fauxpas im Marketing unterlaufen ist, kann dies bedeuten, ihr Engagement offenzulegen. Im Falle von KitKat bedeutete dies, den Fehler einzugestehen und auf die Nutzung von Palmöl zu verzichten. «Shitstorms sind eine Win-win-Situation», findet Kennedy. «Der Konsument kann die Handlungsweise eines Unternehmens beeinflussen» Und: «No advertisement is bad advertisement».

Text Fatima Di Pane 

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