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Nachhaltigkeit Innovation

»Greta hat Recht: Mit der Physik kann man keinen Deal machen!«

15.12.2020
von SMA

Markus Mann ist Geschäftsführer von Mann Naturenergie. Das Westerwälder Unternehmen unterstützt Verbraucher, Firmen und Institutionen beim Wechsel auf echten Öko-Strom. Warum das seiner Meinung nach ein wichtiger Schritt ist und was »echter« Öko-Strom überhaupt bedeutet.

Herr Markus Mann, Sie schalten Anzeigen, in denen Sie abgestorbene Wälder zeigen: Was soll das?

Es geht darum, zu zeigen, dass inzwischen niemand mehr das tun kann, was wir jahrelang gemacht haben! Nämlich: die Warnhinweise der Wissenschaft zu ignorieren. Wir sind dafür verantwortlich, dass wir mit unserem Lebensstil zu viel Abfall produzieren – und zwar in Form von Plastikmüll genauso wie als CO2.

Wir bringen unseren Biomüll doch zur Kompostierungsanlage, trennen Papier und Pappe feinsäuberlich vom »grünen Punkt« und vieles mehr.

Unser Begriff von »Abfall« ist überholt: Wir denken dabei an den Müllbeutel in der Tonne, den »Gelben Sack« oder die Flaschen, die wir zum Glascontainer fahren. Doch CO2 ist letztlich ebenso Abfall, den jeder in die Atmosphäre emittiert. 

Warum tun wir uns so schwer, anzuerkennen, dass wir für diesen Abfall verantwortlich sind?

CO2 sieht man nicht – man »sieht« es halt »nur« hinterher am Klimawandel. Und wie dieser unserem Wald zusetzt, ist, was wir mit den Anzeigen darstellen möchten.

Vom Abschmelzen der Pole wird berichtet, doch wir erleben es nicht in unserem Vorgarten. Ebenso wenig den Anstieg des Meeresspiegels. Betrachtet man hingegen unsere heimischen Wälder, kann eigentlich niemand mehr darüber hinwegsehen, dass der Klimawandel real ist: Überall sind die abgestorbenen Nadelwälder zu sehen, denen die Trockenheit und in der Folge der Borkenkäfer den Garaus gemacht hat.

Was folgt aus der Analyse?

Klimawandel geht uns alle an, und es gibt Gründe für diese schlimme Entwicklung. Aber es geht mir nicht darum, die Menschen anzuklagen.

Sondern?

Viel wichtiger ist es, dass wir uns mit der Frage beschäftigen, was wir dagegen tun können. Mich hat ein Satz, den die Klimaaktivistin Greta Thunberg vor dem US-Repräsentantenhaus in Washington und später ebenso im Interview mit dem ZDF gesagt hat, frappiert: »Mit der Physik kann man keinen Deal machen.« Das, was hier um uns herum passiert, die Erderwärmung mit ihren Folgen – das ist einfach Physik! Die Wissenschaft hat uns schon vor 30 Jahren gesagt, dass wir diese Entwicklung bekommen werden. Und sie geht immer weiter, wenn wir unser Leben wie bisher fortsetzen.

Mich hat ein Satz, den die Klimaaktivistin Greta Thunberg vor dem US-Repräsentantenhaus in Washington und später ebenso im Interview mit dem ZDF gesagt hat, frappiert.

Genauso drastisch wie ein totes Waldgebiet, ist der Plastikmüll, den wir jetzt schon nicht mehr aus der Welt schaffen können: Allein im Mittelmeer – einem unserer liebsten Urlaubsziele außerhalb von Coronazeiten – landen laut Weltnaturschutzunion jährlich 230 000 Tonnen Plastikmüll – das ist der Inhalt von mehr als 500 Frachtcontainern am Tag!

Der Satz von Greta ist deswegen so wichtig, weil er beinhaltet, dass man die bedrohliche Klimaentwicklung nur durch aktives Handeln verändern kann. Wie beim Autofahren: Ist man zu schnell, kann man das nur durch einen Tritt auf die Bremse korrigieren – und nicht durch den Gedanken »Es wird schon gutgehen«! Dann fliegt man aus der Kurve – Physik eben.

Genauso drastisch wie ein totes Wald- gebiet, ist der Plastikmüll, den wir jetzt schon nicht mehr aus der Welt schaffen können.

Nun sehe ich das alles ein und will etwas verändern: Kann ich das als Einzelner ohne eine totale Umstellung meines Lebens?

Nehmen wir die Nutzung von Strom: Es ist ja einerseits erfreulich, wenn die Zulassungszahlen von Elektrofahrzeugen stark steigen. Es muss dabei allerdings sichergestellt werden, dass an den Ladestationen ausschließlich Öko-Strom zu beziehen ist. Andernfalls wird der CO2-Ausstoß nur vom Auspuff der Autos zu den Schloten der Kohlekraftwerke verschoben. Und der Öko-Strom in der Ladesäule muss zudem echt sein – genauso, wenn ich zu Hause meinen Anschluss auf grüne Energie umstelle.

Der Satz von Greta ist deswegen so wichtig, weil er beinhaltet, dass man die bedrohliche Klimaentwicklung nur durch aktives Handeln verändern kann.

»Echter« Öko-Strom?

Viele Produkte auf dem Markt sind nur kaufmännisch-bilanziell »Öko-Strom», aber kein »physikalisch gekoppelter«.

Was heißt das?

Bei »gekoppeltem« Strom kauft der Energieversorger tatsächlich »grüne« Elektrizität aus einer erneuerbaren Erzeugungsanlage ein. Beim »fiktiven« Öko-Strom wird die Strommenge unabhängig vom Zertifikat »Öko« gehandelt. Die Energie darf sogar aus einem konventionellen Kraftwerk stammen – und der Versorger kauft lediglich im selben Umfang Herkunftsnachweise ein und kann seinen Strom mit diesen Zertifikaten zu »Öko-Strom« erklären, selbst wenn er mittels Kohleverstromung erzeugt wurde!

Wie erkenne ich als Verbraucher, welcher Strom wirklich einen Umweltnutzen bringt?

Es gibt gute Labels wie zum Beispiel »GSL« oder »ok-power«, die das verlässlich ausweisen.

Okay, ich habe also mit deren Hilfe einen Stromanbieter ausfindig gemacht und will wechseln: Was bringt das?

Auf der Seite des Umweltbundesamtes kann unter uba.co2-rechner.de jeder seinen persönlichen »Carbon Footprint«, seinen CO2-Fußabdruck, berechnen. Der wird augenblicklich besser, sobald ich Öko-Strom nutze. Das ist eine komfortable Sache: Ich muss nicht erst Wände aufstemmen oder Kabel ziehen und kann jeden Abend weiter meine Lieblingsserie auf Netflix gucken – und dennoch verändere ich mit der Nutzung regenerativer Elektrizität meinen persönlichen CO2-Fußabdruck zum Positiven! Und das obendrein sofort – nur dadurch, dass ich einen anderen Stromtarif bestelle.

Zur Reduzierung von CO2 in unserer Atmosphäre vermag man als Verbraucher nicht nur im Privatleben ganz leicht beizutragen: Jeder, der einen Arbeitsplatz hat, kann bei seinem Arbeitgeber doch einmal nachfragen, ob die Beleuchtung im Büro mit Grünstrom funktioniert oder darauf umgestellt werden könnte; oder die Maschine in der Produktionshalle. Selbst Coca-Cola hat schon Lieferanten ausgelistet, weil sie einen schlechten »Carbon-Footprint« hatten – nur, weil in der Öffentlichkeit jetzt stärker nach solchen Nachhaltigkeitsthemen gefragt wird. Man sieht also: Das Bewusstsein dafür zu entwickeln und Fragen zu stellen, wirkt bereits.

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