
Georg von Schnurbein
Grosszügigkeit ist ein zentraler Teil der Weihnachtsgeschichte. Gott schenkt der Menschheit seinen Sohn als Erlöser und die drei Könige bringen dem Jesuskind Weihrauch, Myrrhe und Gold dar. Kein Wunder, dass Weihnachten als das «Fest des Schenkens» gilt. Dabei beschränken sich unsere Gaben nicht nur auf Familie, Verwandte und Freunde. Vielmehr herrscht gerade zur Weihnachtszeit eine grosse Spendenbereitschaft.
Die Schweiz gehört zu den spendabelsten Ländern der Welt. Laut Zewo-Spendenstatistik wurden im Jahr 2023 insgesamt 2,2 Mrd. Franken an gemeinnützige Organisationen gespendet. Im Schnitt spendet jeder Haushalt 400 Franken pro Jahr! Trotz dieser eindrücklichen Zahlen ist Spenden aber keine Selbstverständlichkeit. Vielmehr lässt sich in den letzten Jahren ein Trend feststellen, dass die Zahl der Spendenden abnimmt, diese aber pro Kopf mehr spenden. Dabei gibt es gute Gründe, warum mehr Menschen spenden sollten:
Geben gibt! Auf den ersten Blick will Spenden nicht in unser nutzenorientiertes Denken passen. Denn man schenkt Eigentum her ohne eine Gegenleistung zu erhalten. Jedoch stimmt das nur vordergründig. Eine Spende kann dem Gemeinwohl dienen und gleichzeitig einen individuellen Nutzen haben. Der berühmte Fondsmanager John Templeton soll gesagt haben. «Die beste Investition mit der höchsten Rendite sind Spenden!» Damit meinte er natürlich nicht den persönlichen Geldgewinn, sondern das besondere Gefühl von Zufriedenheit, Glück und Dankbarkeit, das einen nach einer guten Tat erfasst. Dieser «warm Glow»-Effekt stellt sich gleichermassen ein, ob wir als Freiwillige helfen, eine grosse oder eine kleine Summe spenden. Wie bei einer Investition profitieren auch beim Spenden sowohl der Geber wie der Empfänger.
Erzeugen Sie eine unmittelbare Wirkung. Spenden können schnell und direkt wirken. Bei einer Naturkatastrophe helfen die Spendenaufrufe, sofort zusätzliche Mittel zur Verfügung zu haben. Anders als bei Stiftungen, wo das Stiftungskapital angelegt und erst die Erträge ausgeschüttet werden, kommen Spenden direkt dem Zweck zugute. Dabei ist Spenden die einfachste und schnellst Methode, um zu helfen. Es überrascht daher nicht, dass gut doppelt so viele Menschen regelmässig spenden, als sich freiwillig zu engagieren. Gerade nach Naturkatastrophen ist die Spendenbereitschaft sehr hoch, weil jede und jeder mit einem Spendenbeitrag den unmittelbaren Wunsch zu helfen stillen kann.
Jede und jeder kann spenden. Der Grossteil des Spendenvolumens in der Schweiz kommt von Einzelpersonen aus allen Gesellschaftsschichten. Spenden beruht nicht zwangsläufig auf einem Überschuss an materiellem Wohlstand. Wohl wirkt sich Reichtum auf die absolute Spendenhöhe aus, jedoch nicht auf die Handlung an sich. Neuere Studien haben gezeigt, dass in der Schweiz ärmere Haushalte relativ mehr spenden als reiche Haushalte. Unabhängig vom Betrag ist Spenden eine ideale Möglichkeit, das persönliche Glück mit anderen zu teilen. In der Weihnachtszeit blicken wir zum Jahresende zurück und sind dankbar für erreichte Leistungen oder besondere Erlebnisse. Diese Dankbarkeit wollen wir mit anderen teilen!
Gemeinsam Grosses leisten. Die sozialen und ökologischen Herausforderungen unserer Zeit hören nicht an den Landesgrenzen auf. Vielmehr sind globale Lösungen gefragt, um Klimawandel, Migrationen, Armut und Hunger wirksam zu begegnen. Einzelne können hier wenig erreichen, aber die Konzentration von Mitteln und Ressourcen schafft neues Gestaltungspotenzial. Knapp die Hälfte der Spenden in der Schweiz werden für Projekte in Entwicklungs- und Schwellenländern gegeben. Der Krieg in der Ukraine hat sogar die höchste je erreichte Spendensumme in der Schweiz erzielt. Damit leisten Spenderinnen und Spender einen wichtigen Beitrag zum guten Ruf der Schweiz als Hort der Humanität. Natürlich geht es auch weniger pathetisch: Es gibt in der Schweiz genug Organisationen, die Menschen helfen, die durch die Maschen des sozialen Netzwerks fallen und keine staatliche Hilfe erhalten. Gerade zu Weihnachten fühlen sich diese Personen oft einsam und sind für jede Unterstützung dankbar.
Die Schweiz gehört zu den spendabelsten Ländern der Welt.
Unterstützen Sie Werte, die Ihnen wichtig sind. Über viele Jahrhunderte hinweg waren gemeinnützige Aktivitäten vor allem ein Ausdruck religiöser Überzeugung. Hilfsorganisationen wie Caritas oder HEKS zeugen immer noch von diesem Verständnis. Heutzutage wird dieser Aspekt zunehmend von einem generellen Verständnis des gesellschaftlichen Engagements abgelöst. Spenden ist demnach ein Beitrag zur Funktionsweise der Zivilgesellschaft, die gemeinsam vom Staat, der Wirtschaft und den Bürgern getragen wird. Mit über 70 Prozent ist die Spendenbereitschaft der häufigste Ausdruck gesellschaftlichen Engagements – weit vor politischen Abstimmungen oder Freiwilligenarbeit.
Sie treffen Ihre eigene Entscheidung. Jede Spenderin und jeder Spender kann über den Zweck frei verfügen und selbst entscheiden, wofür das Geld eingesetzt wird. Die wichtigsten Spendengründe in der Schweiz sind Natur- und Umweltschutz, Menschen mit Behinderung sowie allgemeine soziale Zwecke. Spenderinnen und Spender gehen mit offenen Augen durch die Welt und wollen durch ihre Gaben einen Beitrag leisten, dass die gesellschaftlichen Probleme angegangen werden können. Im Inland sind auch kulturelle Zwecke von Bedeutung, wovon auch die vielen Gönnervereine für Museen, Theater oder Zoos zeugen.
Sie können Steuern sparen. Schliesslich spielt beim Spenden auch der steuerliche Anreiz eine Rolle. In allen Kantonen können Beiträge an gemeinnützige Organisationen bis zu einer gewissen Höhe von der Steuer abgesetzt werden. In den meisten Kantonen und bei der Bundessteuer beträgt der Steuerabzug 20 Prozent.
Sollten Sie als Leserin oder Leser nun Lust aufs Spenden bekommen haben, dann beachten Sie bitte auch die nachfolgenden Empfehlungen: Überlegen Sie sich zuerst, welches Thema Sie überhaupt interessiert. Suchen Sie sich dann eine Organisation oder ein Projekt, das Ihnen entspricht und teilen Sie Ihre Spende möglichst nicht auf. Viele kleine Einzelspenden sind für die Organisationen teuer, da sie die Administrationskosten erhöhen. Bleiben Sie schliesslich Ihrer Organisation ein paar Jahre treu und verfolgen Sie mit Freude, wie Ihre Spende anderen hilft – weit über Weihnachten hinaus!
Text Georg von Schnurbein
Zum Autor
Georg von Schnurbein ist Professor für Stiftungsmanagement und Gründungsdirektor des Center for Philanthropy Studies (CEPS) der Universität Basel; www.ceps.unibas.ch.
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