Mitte zwanzig war Robert Downey Jr. ein vielversprechendes, grosses Schauspieltalent – mit einem ebenso grossen Drogenproblem. Schliesslich lenkte er sein Leben aber wieder in die richtigen Bahnen, wurde als «Iron Man» zu einem der bestbezahlten Hollywood-Stars und kann sich nun dank «Oppenheimer» auch Oscar-Preisträger nennen.
Robert Downey Jr. weiss, wie man eine lustige Dankesrede hält. Das hat er in den letzten Monaten mehrmals beweisen können, als er für seine Nebenrolle in «Oppenheimer» unter anderem den Golden Globe, den SAG-Award und den BAFTA gewann. Am 10. März, knapp vier Wochen vor seinem 60. Geburtstag, wurde er als Höhepunkt dann auch noch mit seinem ersten Oscar ausgezeichnet. Er bedankte sich bei seiner «furchtbaren Kindheit und der Academy – in dieser Reihenfolge. Und meinem Tierarzt… äh… ich meine, meiner Frau Susan Downey, die mich als knurrenden Streuner aufgegabelt und mich ins Leben zurück geliebt hat.» Sein Dank ging auch an seinen Anwalt, den er seit 40 Jahren beschäftigt: «Die Hälfte dieser Zeit verbrachte er damit, Agenturen zu finden, die mich versichern würden oder damit, mich auf Kaution irgendwo rauszuholen.»
Wie haben sich die Zeiten für den talentierten Schauspieler, der bereits zweimal für einen Oscar nominiert war, geändert! Wie er in der Talk-Show von Jimmy Kimmel Live erklärte, dachte er bereits 1993, er würde den begehrtesten Schauspielerpreis für «Chaplin» gewinnen: «Mit 26 denkt man, es geht immer in die richtige Richtung vorwärts – bis das Leben dazwischenkommt.»
Und das Leben sollte deftig dazwischenkommen: Vom Rolling Stone Magazine zum «Heissesten Schauspieler von 1988» gekürt, verbrachte er die Neunzigerjahre mehrheitlich im Drogenrausch. Zu unserem ersten Interview anlässlich der Komödie «Soap Dish» (1991) erschien ein zappelnder Robert Downey Jr. im Bademantel. Nach dem ersten Karriere-Höhepunkt als Stummfilm-Legende Charlie Chaplin unter der Regie des Altmeisters Richard Attenborough holte ihn die Alkohol- und Drogensucht schliesslich ein: Downey Jr. wurde verhaftet, verbrachte ein Jahr im Gefängnis und Monate in Entzugskliniken. Seine erste Ehe ging in die Brüche und das Geld wurde beängstigend knapp. Schliesslich schaffte er es, sein Leben wieder in die richtigen Bahnen zu lenken. «Wenn ich aus heutiger Sicht meinem jungen Selbst etwas ins Ohr flüstern würde, dann das: ‹Du hast keine Ahnung, was um die nächste Ecke kommt, also pass auf dich auch und bleib dran›», philosophierte er in unserem Interview zu «Avengers: Endgame» 2019.
Comeback mithilfe von Mel Gibson
Es war kein Geringerer als Mel Gibson, der Robert Downey Jr. damals mit seinem Glauben an die Vergebung unterstützte und ihm beruflich mit dem Job in «The Singing Detective» (2003) wieder auf die Beine half, als ihn in Hollywood sonst niemand mehr engagieren wollte. Das hat Robert Downey Jr. nie vergessen. Als sich Gibson in diverse Kontroversen verstrickte, war es der inzwischen zum Marvel-Star emporgestiegene Downey Jr., der 2012 bei einem American Cinematheque Anlass für Vergebung für seinen Freund bat: «Vergebt ihm seine Sünden und offeriert ihm einen Neuanfang wie mir damals, damit er seinen Beitrag an unsere Kunst ohne Scham weiter leisten kann.»
Ein Leben im Showbusiness mit Höhen und Tiefen wurde dem schlagfertigen Schauspieler quasi in die Wiege gelegt: Seine Mutter Elsie Ford war Schauspielerin, sein Vater Robert Downey, ein Avantgarde-Filmemacher und Provocateur, der es mit Hollywood schnell verscherzte und der seinen Sohn angeblich schon als Kind mit Marihuana versorgte. Im Netflix-Dokumentarfilm «Sr.» blickt der Junior gemeinsam mit seinem Vater auf dessen exzentrisches Leben zurück. Es ist ein Home-Movie der besonderen Art – gleichzeitig Spurensuche und Annäherung sowie ein langsames Verabschieden. Robert Downey Sr. stirbt 2021 im Alter von 85 Jahren an Parkinson.
Wenn ich aus heutiger Sicht meinem jungen Selbst etwas ins Ohr flüstern würde, dann das: ‹Du hast keine Ahnung, was um die nächste Ecke kommt, also pass auf dich auch und bleib dran›. Robert Downey Jr., Schauspieler
Ein wichtiger Grundstein der Kehrtwende und anhaltendes Element des beruflichen Erfolgs von Robert Downey Jr. ist Susan Levin, seit 2005 Susan Downey. Die Produzentin ist an allen Filmen ihres Ehemannes beteiligt. Er nennt sie «mein Alpha und Omega» und «ein Geschenk Gottes»: «Ich bin vollkommen von meiner Frau abhängig», behauptet er. «Sie managt zwei Kinder, unsere Produktionsfirma und mich. Und das charmant und mit Leichtigkeit.» Mit den zwei Kindern ist Sohn Exton Elias (12) und Tochter Avri (10) gemeint. Sein Sohn aus erster Ehe, Indio Falconer Downey, ist 30 Jahre alt, Musiker und gemäss Medienberichten seit einer Weile drogenfrei.
Es gibt tatsächlich kaum jemand in Hollywood, der sich erfolgreicher von ganz unten zurück nach oben gekämpft hat als Robert Downey Jr.. Ab 2008 spielt er Tony Stark, besser bekannt als «Iron Man» und tritt damit die Kino-Dominanz des Marvel Universums los. Er spielt in drei «Iron Man»-Filmen mit, in drei «Avengers»-Blockbustern sowie in «Captain America: Civil War» und in «Spider-Man: Homecoming». Die Marvel-Filme machen ihn zu einem der bestbezahlten Schauspieler und inzwischen zum Vorbild für die nächste Generation von Superhelden wie Spider-Man-Darsteller Tom Holland. «Ich habe dieses ‹Chaplin›-Poster hervorgekramt, was viele Erinnerungen an diesen brillanten Regisseur und Mentor Richard Attenborough wachrief», erzählt Downey Jr. über die Zusammenarbeit mit seinem jungen Schauspielkollegen. «Er war damals 62 und ich dachte, er sei der älteste Mensch im Universum und ich sei jung und perfekt und er würde mir einfach ein bisschen unter die Arme greifen. Ich will mich nicht als grosser Mentor bezeichnen, aber ich mache das nun doch auch schon eine Weile. Tom weiss jedoch, was er tut. Das Beste, was ich machen kann, ist ihn in seiner Arbeit zu bestätigen.»
Die Marvel-Jahre lockerte Downey Jr. unter der Regie von Guy Ritchie mit den «Sherlock Holmes»-Komödien auf. Immer wieder wurde er jedoch nach einer Rückkehr zu seriöseren Stoffen gefragt. Schliesslich drehte er 2014 «The Judge» mit Robert Duvall. Er spielte darin einen Grossstadt-Anwalt, der zur Beerdigung seiner Mutter nach Hause aufs Land zurückkehrt und sich plötzlich um seinen hilfsbedürftigen Vater, den Dorf-Richter, kümmern muss. «Da dachte ich: So, jetzt mach ich wieder mal einen richtigen Film!», witzelte er damals. «Der Groove und die Ziele bei der Arbeit waren jedoch eigentlich dieselben wie bei einem Marvel-Film. Aber keine Angst, ich werde mich schon wieder mehr fordern.» Zehn Jahre sollte es dauern. Als selbst seine Agenten ihm sagten, es sei Zeit für einen Karriere-Restart, tat er das mit «Oppenheimer». Oder wie er es in der Oscar-Rede ausdrückte: «Hier ist mein kleines Geheimnis: Ich brauchte diesen Job mehr, als der Job mich brauchte.»
Vom Blockbuster-Star zum Oscar-Preisträger und Buchautor
In Christopher Nolans dreistündigem Opus über Robert Oppenheimer, den Vater der Atom-Bombe, verkörpert Downey Jr. den Vorsitzenden der Atomenergie-Kommission Lewis Strauss. Strauss hatte persönliche Auseinandersetzungen mit Oppenheimer und verdächtigte ihn, für die Sowjets zu spionieren. Er sorgte dafür, dass Oppenheimer sein Securityclearing verlor und von FBI-Chef J. Edgar Hoover überwacht wurde. Robert Downey Jr. glückte der Spagat vom anfänglichen Verbündeten zum späteren Bösewicht des Films hervorragend.
Nach Blockbuster-Star und Oscar-Preisträger kann sich Robert Downey Jr. nun auch noch Buchautor nennen: Zusammen mit dem Klima-Journalisten Thomas Kostigen hat er soeben das Kochbuch «Cool Food – Erasing Your Carbon Foot Print One Bite at a Time» herausgegeben. Und Träume hat er auch weiterhin: «Manchmal wünschte ich, ich würde als Chris Hemsworth aufwachen. Dann ginge ich surfen», scherzte er während eines Marvel-Interviews. Und bereits 2016 versprach er: «Ich will sicher bald einmal Regie führen. Wenn ich dann mit einem kleinen Kunst-Filmchen daherkomme, das ich selber geschrieben und inszeniert habe, seid ihr dann aber hoffentlich nett zu mir. Ich will mich nicht wie ein Idiot fühlen, weil ich etwas Neues probiert habe. Das würde ich nicht überleben», dramatisierte er die Tatsache, dass auch erfolgreiche Schauspieler nicht immer vor Selbstvertrauen strotzen.
Zuerst geht es aber wieder in vertraute Gefilde: Bald steht Robert Downey Jr. nämlich zum dritten Mal als Sherlock Holmes vor der Kamera.
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