Die Klimapolitik der letzten Jahre regte verstärkt zu einem Umdenken bezüglich Verbrennungsmotoren an. Batteriebetriebene Elektroautos boomen, doch das Interesse und dementsprechend auch das Angebot an Wasserstoffautos ist klein. Und doch gibt es einen Förderverein, welcher auf Wasserstoff-Lkws setzt.
Das Jahr 1886 markiert die Geburtsstunde des benzinbetriebenen Automobils, patentiert von Carl Benz. Sechs Jahre später meldet Rudolf Diesel den nach ihm benannten Motor zum Patent an. Bis Ende des zwanzigsten Jahrhunderts haben sich vorwiegend diese beiden Verbrennungsmotoren durchgesetzt. Und das, obwohl im Jahre 1881 noch vor beiden Verbrennungsantrieben Gustave Trouvé das erste Elektrofahrzeug auf drei Rädern vorstellte. Langsam kehrt sich der Trend und die Elektrofahrzeuge erleben ein Comeback, vor allem die batteriebetriebenen. Doch was ist mit dem Wasserstoffantrieb?
Zunehmende Beliebtheit der E-Autos
Im Jahre 2020 erreichte laut swiss-emobility die Anzahl an batterieelektrischen Autos eine Zunahme von 48,9 Prozent. Der Trend eines umweltfreundlichen Autos wächst stetig. Wasserstoffautos, auch Brennstoffzellenautos genannt, fallen ebenfalls in die Kategorie Elektroautos, geniessen jedoch vergleichsweise viel weniger Aufmerksamkeit.
Die Meinungen sind gespalten. Befürworter:innen nennen es die Zukunft der E-Mobilität, und Gegner:innen bemängeln die Effizienz und die hohen Kosten.
Dies unterstreicht die mittlerweile äusserst erfolgreiche Marke Tesla, welche den Fokus auf batteriebetriebene Autos setzt. Hierbei hat sich sogar deren Gründer Elon Musk negativ gegenüber Wasserstoffautos ausgesprochen. So sagte er einst, diese wären «eine Zeitverschwendung» und «albern». Die Meinungen sind gespalten. Befürworter:innen nennen es die Zukunft der E-Mobilität, und Gegner:innen bemängeln die Effizienz und die hohen Kosten. Letztere kritisieren unter anderem den Energieverlust durch das Speichern im Wasserstofftank und die Menge benötigter Energie in der Produktion. Andererseits ergibt der Antrieb mit grünem Wasserstoff – hergestellt mit Strom aus erneuerbaren Energien – eine gute CO₂-Bilanz. Das schnelle Betanken und die hohe Reichweite zählen zu den weiteren Vorteilen.
Warum erleben Wasserstoffantriebe keinen Boom?
Grosserienhersteller wie Honda, Toyota und Hyundai brachten in den vergangenen Jahren Wasserstoffautos in kleineren Serien auf den Markt. Ab 2008 konnte der Honda FCX geleast werden, sechs Jahre später erschien Mirai von Toyota und das darauffolgende Jahr war der ix35 Fuel Cell von Hyundai auf dem Markt. BMW stellte im Jahr 2019 den iX5 Hydrogen vor. Dieser wird demnächst in Kleinserien getestet.
Auch Mercedes zog mit. 2019 erschien der GLC F-CELL, welcher jedoch mittlerweile wieder vom Markt genommen wurde. Daimler begründete dies im Nachhinein unter anderem mit fehlenden Wasserstoff-Tankstellen und den verhältnismässig hohen Technologiekosten.
Der Förderverein H2 Mobilität Schweiz setzt sich zum Ziel, in der Schweiz ein flächendeckendes Netz an Wasserstofftankstellen aufzubauen. Quelle: förderverein h2 mobilität schweiz
Jörg Ackermann, Präsident des Fördervereins H2 Mobilität Schweiz, rechtfertigt den bisher ausfallenden Boom ebenfalls mit dem Tankstellennetz: «Es ist das bekannte Henne-Ei-Dilemma, das in der Schweiz zurzeit auf eine einzigartige Art und Weise privatwirtschaftlich gelöst wird.» In der Schweiz wird laut Ackermann der Aufbau eines vollständigen Wasserstoff-Ökokreislaufs angegangen. Von der Produktion des grünen Wasserstoffs über die Tankstellen bis zu den Verbrauchenden wird alles berücksichtigt. «Allein in den vergangenen 18 Monaten haben 47 schwere Nutzfahrzeuge mehr als drei Millionen Kilometer zurückgelegt und dabei über 2500 Tonnen an CO₂-Emissionen eingespart», so Ackermann. Ausserdem dürften in der Schweiz bereits rund 300 Wasserstoff-Personenwagen unterwegs sein.
Wasserstoff-Lkws in Europa
Bis 2025 sollen in der Schweiz und im angrenzenden Ausland 1600 Lastwagen mit Wasserstoff betrieben werden. Dies sind die Pläne des Fördervereins H2 Mobilität Schweiz und deren Partner wie H2 Energy, Hyundai Hydrogen Mobility oder Hydrospider, die am Aufbau dieses Kreislaufs arbeiten. Die grössten Herausforderungen sind der Aufbau eines flächendeckenden Tankstellennetzes, ein H2-Ökosystem, um genügend Wasserstoff zu erzeugen und Partnerunternehmen, die sie bei ihrer Vision unterstützen. Zurzeit sind in der Schweiz elf öffentliche Tankstellen in Betrieb, drei weitere wurden gemäss Ackermann bewilligt und weitere sind in der Planung. Deutschland verfügt bereits über ein dichteres Tankstellennetz und auch in anderen Ländern ist ein Ausbau geplant.
Ein ebenso weitverbreiteter Mythos ist die Gefährlichkeit des Wasserstoffantriebs.
Auf die Frage, weshalb sich der Verein H2 Mobilität Schweiz für den Wasserstoffantrieb anstelle eines Batterieantriebs einsetzt, antwortet Jörg Ackermann wie folgt: «Wasserstoff bietet sich als idealer Speicher von Strom an. Dies ist eine Voraussetzung, um Strom aus 100 Prozent erneuerbaren Energiequellen genau dann zu nutzen, wenn er gebraucht wird.»
Mythen rund um den Wasserstoff Autos
Laut Ackermann werde der Wasserstoffantrieb oft als ineffizient bezeichnet. Dies sei jedoch nur eine Seite der Medaille. «Beim Einsatz von grünem Wasserstoff aus erneuerbaren Energiequellen können wir mit Sonne, Wind und Wasser unendliche Quellen ‹anzapfen› und das ‹Frischprodukt Strom› speichern. Da ist die rein technische Effizienz nicht mehr der entscheidende Faktor», führt Ackermann aus. Ein ebenso weitverbreiteter Mythos ist die Gefährlichkeit des Wasserstoffantriebs. «Auch da können wir entwarnen. Die Industrie besitzt heute grosse Erfahrung im Umgang mit Gasen unter Druck, was im Alltag einen problemlosen Umgang mit Wasserstoff ermöglicht», erklärt Ackermann.
Wem gehört die Zukunft?
Die EU-Kommission will bis 2035 Benzin- und Dieselautos verbieten. Deren Nachfolger scheinen die batteriebetriebenen Autos zu werden. Ackermann meint, als idealer Energiespeicher dürfte Wasserstoff eine wichtige Rolle spielen. Gleichzeitig werden letztendlich die Kund:innen entscheiden, welche Form des Elektroantriebs ihnen mehr dient.
Text Melanie Cubela Bild Förderverein H2 Mobilität Schweiz
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