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Wie Angehörige bei einer Depression beistehen können

12.02.2019
von Simon Misteli

Der Umgang mit an Depression erkrankten Menschen ist für die Angehörigen herausfordernd. Verständnisvoll und einfühlsam können sie den Erkrankten durch Mutzuspruch und Motivation helfen.

Psychische Krankheiten sind noch immer viel zu oft ein Tabuthema. Vielen Menschen fällt es schwer an etwas zu glauben, das sie nicht sehen. Sie missverstehen die Anzeichen als mentale Schwäche oder beschuldigen die Erkrankten der Simulation. Durch die Stigmatisierung suchen viele Menschen erst spät oder gar nicht nach professioneller Hilfe. Viele Schweizer leiden an «Depressivität», das heisst sie zeigen Symptome, sind aber nicht offiziell diagnostiziert.

Zur diagnostizierten Depression gibt es keine sauberen Statistiken, jedoch weiss man, dass die Depression neben Angststörungen und somatoformen Störungen zu den häufigsten psychischen Krankheiten gehört. Allerdings ist sie verschieden stark ausgeprägt. Als schwere Depression klassifizierte Fälle bilden nur noch knapp zwei Prozent der Bevölkerung. Doch auch nur leichte Depressionen können beeinträchtigende Auswirkungen auf das Leben haben und bergen ein hohes Risiko der Verschlechterung und Chronifizierung. Deswegen ist es wichtig, frühzeitig die Symptome zu beachten und professionelle Hilfe zu suchen. Aufmerksame Angehörige können dabei helfen, die Krankheit zu erkennen und die Betroffenen zum Handeln motivieren.

Durch die Stigmatisierung suchen viele Menschen erst spät oder gar nicht nach professioneller Hilfe.

Die Anzeichen einer düsteren Zeit

Die Weltgesundheitsorganisation hat Kriterien zusammengestellt, mit deren Hilfe man eine Depression erkennen kann. Es gibt drei Hauptkriterien und einige weitere Symptome, wobei mindestens zwei der Hauptkriterien und zwei weitere über zwei Wochen beobachtbar sein müssen. Depressive Stimmung, die fast jeden Tag in der Woche, den ganzen Tag hindurch andauert, ist eines der drei Hauptsymptome. Ein anderes ist Interessensverlust und Freudlosigkeit an Dingen, die man bis anhin gerne gemacht hat und zuletzt Antriebsmangel und erhöhte Ermüdbarkeit.

Weitere Symptome sind verkürzte Konzentration, sowie Entscheidungsängste. Auch ein vermindertes Selbstwertgefühl und Schuldgefühle können Anzeichen sein. Dazu kommen Hoffnungslosigkeit, Schlafstörungen und Appetitverminderung, sowie suizidale Gedanken.

Wie gesagt müssen nicht all diese Symptome vorhanden sein, um an einer Depression zu leiden. Wichtig zu wissen, ist, dass die Depression von Mensch zu Mensch unterschiedlich sein kann.

Das Gespräch suchen und motivieren

Man sollte vorsichtig damit sein, sich selbst oder einen Angehörigen mit Depression zu «diagnostizieren». Es muss immer ein Arzt, Psychiater oder Psychotherapeut sein, der die Diagnose stellt. Beobachtet man bei einer nahestehenden Person einige der Symptome und entwickelt sich der Verdacht auf eine Depression, empfiehlt Prof. Dr. Birgit Watzke, Leiterin der Abteilung «Klinische Psychologie mit Schwerpunkt Psychotherapieforschung» des Psychologischen Instituts an der Universität Zürich: «Angehörige sollten ihre konkreten Beobachtungen der betroffen Person mitteilen und nicht gleich mit dem Label ‹Depression› ins Haus fallen.»

Es muss immer ein Arzt, Psychiater oder Psychotherapeut sein, der die Diagnose stellt.

Menschen können nämlich unterschiedlich zum Thema Depression stehen. «Für manche kann es erleichternd wirken, wenn sie merken, dass gewisse Symptome zu einem ernsthaften und behandelbaren Krankheitsbild gehören. Andere verbinden mit Depression Schwäche und wollen sich nicht eingestehen, dass sie daran leiden», erklärt Prof. Dr. Watzke weiter. Wer mitteilt, sich wegen gewissen beobachteten Veränderungen Sorgen zu machen, eröffnet damit auch ein Gespräch, welches eine gute Basis vorlegt, die Depression anzugehen.

Ist jemand nicht erpicht darauf, seine möglichen depressiven Anzeichen wahrzunehmen und professionelle Hilfe zu suchen, kann das so angefangene Gespräch helfen, die Gründe dafür herauszufinden. «Man kann jemanden, der nicht dazu bereit ist, nicht zwingen Hilfe zu suchen», klärt Prof. Dr. Watzke auf, «Man kann jedoch gemeinsam Informationen sammeln und besprechen. Dann kann man zusammen überlegen, was als nächster Schritt getan werden sollte. Ein Besuch beim Psychiater oder Psychotherapeuten ist nicht direkt nötig, aber vielleicht lässt sich die betroffene Person dazu motivieren, eine Beratung in Anspruch zu nehmen.» Zusätzlich zu Beratungen gibt es niedrigschwellige Angebote wie Internetprogramme, Telefonangebote aber auch Selbsthilfebücher, derer man sich bedienen kann, wenn der oder die Betroffene zunächst einmal «auf Distanz» bleiben will.

Man kann jemanden, der nicht dazu bereit ist, nicht zwingen Hilfe zu suchen.

Mitgefühl, Frustration und Hilflosigkeit

Personen, die an Depression leiden, machen eine schlimme Zeit durch. Natürlich wollen Angehörige ihren Liebsten beistehen. Oftmals weiss man aber nicht, wie man sich verhalten soll und eine Depression setzt auch den Angehörigen zu. Während einer depressiven Episode nehmen die Betroffenen die Welt durch einen Schleier wahr. Sie sehen sie düsterer und unbarmherziger, als sie eigentlich ist. Diesen Schleier zu durchdringen, stellt sich für die Angehörigen als sehr schwierig heraus. Hilfsangebote und Aufmunterungsversuche können wirkungslos an der Reaktionsarmut der Depressiven abprallen. Das kann den Helfer frustrieren. Auch die ständige negative Stimmung macht den Angehörigen zu schaffen. Dies kann zu gegenseitiger Hilflosigkeit führen. Deshalb ist es sehr wichtig, dass die Angehörigen die Veränderung ihrer Liebsten auf die behandelbare depressive Störung zurückführen und sich ihrer wahrer Persönlichkeit bewusst bleiben.

Man sollte sehr feinfühlig und geduldig vorgehen. Allerdings ist es nicht schlimm, wenn mal eine unglückliche Formulierung herausrutscht. Wichtig sind das grundsätzliche Verständnis und die Unterstützung des Erkrankten. Auch die Kommunikation ist entscheidend. Man sollte nicht über den Kopf des Patienten hinweg handeln, sondern mit ihm zusammenarbeiten und lediglich Hilfe anbieten. Das Beste, was die Angehörigen machen können, ist dem Erkrankten Hoffnung und Zuversicht zu schenken.

Text: Simon Misteli

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