Die 8 Best Practices in Kulturmarketing und -vermittlung
Die Schweiz verfügt über die höchste Museumsdichte der Welt. Im kleinen Land laden etwa 1080 Museen zum Entdecken und Staunen ein. Hinzu kommen weitere Kultureinrichtungen: 9 Opern, 84 Berufstheater und rund 300 Spielstätten der freien Theaterszene. Bekannt sind diese Fakten nur wenigen Menschen. Deshalb hier die 8 Best Practices im Content Marketing für Museen und Kulturmarketing.
Obwohl der Kulturtourismus wächst, tun sich einige Kultureinrichtungen schwer damit, das entsprechende – und vor allem ein junges – Publikum anzuziehen. Doch das klassische Marketing lässt sich nicht unbedingt eins zu eins auf die Kulturkommunikation und das Museumsmarketing übertragen. Wie treffen also die 8 Best Practices des Content Marketings für Museen, Theater und andere Kultureinrichtungen zu?
1. Lehrreicher Content
Für ein Museum scheint es überflüssig, den Lehrreichtum des Contents hervorzuheben – schliesslich ist der Bildungsauftrag Teil des Kerngeschäfts. Doch man darf weiter gehen, als lediglich einzelne Exponate vorzustellen. In Blog- oder Social-Media-Beiträgen soll ruhig auf den grösseren geschichtlichen Zusammenhang eingegangen werden. Für Kunstgalerien kann dies beispielsweise Interviews oder Ähnliches mit den Kunstschaffenden umfassen, um ihre Inspirationen, Assoziationen und Missionen darzustellen. Dasselbe gilt auch für Opern, Theater und andere Kultureinrichtungen.
Eine Einführung in die Geschichtlichkeit der Stücke oder eine Erklärung von Neuinterpretationen kann dem Publikum neue Perspektiven eröffnen und sie Kultur mit neuen Augen erfahren lassen. Dies muss auch nicht nur durch Texte, Bilder oder Videos geschehen. Ein Podcast kann genauso lehrreich sein, vielleicht sogar spannender: Einblicke auf ausschliesslich auditiver Ebene in Objekte und Aufführungen, die oft durch das Visuelle bestechen, erzeugt eine interessante Spannung, die die Zuhörer:innen aufs Neue in den Bann zieht.
Doch nicht nur das «Kernprodukt» kann Teil des Contents sein, sondern alles drumherum genauso. Blicke hinter die Szenen einer Ausstellung oder einer Aufführung sind ebenfalls lehrreiche Momente: Welche Überlegungen stecken dahinter? Welche Gedanken definierten den Aufbau der Ausstellung? Welche Faktoren beeinflussten das Bühnenbild? Solche und weitere Fragestellungen setzen die Inszenierung in Kontext und zeigen gleichzeitig, was alles hinter einem Um- oder Aufbau steckt.
Im Grunde geht es darum, eine Besucherperspektive einzunehmen, um herauszufinden, was sie interessant finden könnten. Diese Perspektive von aussen nachzuvollziehen, heisst auch, über die Ausstellung oder die Ausführung hinaus die eigene Arbeit darzustellen, zu erklären und zu hinterfragen. Mit Inhalten Behind-the-Scenes tut man genau das, während man gleichzeitig interessanten Content mit Mehrwert publiziert – eine Win-win-Situation.
2. Nutzen für das Publikum
Damit die Kultureinrichtung und deren Content überhaupt einen Nutzen für das Publikum entfalten kann, muss sie digital auffindbar sein. Eine gute Webseite sollte also die Basis aller Massnahmen sein. Sie sollte strukturiert daherkommen, nach SEO-Kriterien aufgebaut und mit allen wichtigen Informationen versehen sein. Die Webseite darf kein Nachgedanke sein, sondern sollte regelmässig gepflegt werden.
Insbesondere bei kleineren oder Laieninstitutionen ist noch vieles analog organisiert und dokumentiert. Alles digital zur Verfügung zu stellen, stellt einen gewissen Ressourcenaufwand dar, der sich aber auf jeden Fall lohnt. Damit ist nicht gemeint, dass man lediglich das Analoge ins Digitale überträgt – vielmehr sollte eine Verschränkung zwischen den beiden Welten entstehen. Zum Beispiel ist es nur bedingt hilfreich, eine Broschüre als PDF auf der Webseite zu platzieren. Stattdessen muss dafür eine eigene Landingpage her, sodass sie für die Interessierten einfacher zu finden und handzuhaben ist.
Eine simple – und manchmal doch komplexe – Art einen Nutzen für das Publikum zu bieten, ist, zu einem sogenannten dritten Ort zu werden. Ein dritter Ort soll ein Raum sein, der weder der Arbeit noch der Familie dient. Ein Ort, an dem man sich selbst und der eigenen Musse widmen kann. Ursprünglich wurden zu diesem Konzept Einrichtungen wie Cafés hinzugezählt. Mittlerweile sprechen viele lieber von dritten Orten als Räume ganz ohne kommerziellen Hintergrund – Orte, die über den reinen Konsum hinausgehen. Hier können Kultureinrichtungen brillieren, indem sie zum Beispiel Arbeits- und Studienplätze anbieten. Oder indem sie Räumlichkeiten für Referate, Lesungen und Treffen zur Verfügung stellen, sodass Platz für einen Austausch entsteht.
3. Glaubwürdigkeit & Wahrheitsgehalt
Bei Kultureinrichtungen ist das Problem der Glaubwürdigkeit und des Wahrheitsgehalts meist anders gelagert als bei anderen Organisationen. Üblicherweise werden zum Beispiel Museen ohnehin als Autoritäten bezüglich ihrer Exponate angesehen. Nichtsdestotrotz kann man die Glaubwürdigkeit erhöhen, indem man mit dem oben erwähnten Behind-the-Scenes-Content die interne Expertise und die eigene Arbeit vertieft darstellt. So lässt sich auch zeigen, dass seriös, auf hohem Niveau und nach neuesten Standards gearbeitet wird.
Um die Glaubwürdigkeit zu erhöhen, kann man mit dem Blick hinter die Kulissen genauso das Personal eingehender vorstellen. Sowohl der Vorstand und Vereinsmitglieder als auch Guides oder Trägerschaften können ihre Werte und Einstellungen gegenüber ihres Kulturbetriebes verdeutlichen und so die Glaubwürdigkeit steigern.
4. Bezug zum Kerngeschäft
Das Kerngeschäft einer Kultureinrichtung kann komplexer sein als bei einem herkömmlichen Unternehmen. Einerseits kann die Wirtschaftlichkeit ein Faktor sein, jedoch geht es meist nicht nur darum, ein Produkt zahlreich zu verkaufen. Genauso ist Bildung ein Teil des Kerngeschäfts. Je nach Organisation nimmt der Bildungsauftrag verschiedene Formen an, und doch steht die Kulturvermittlung im Vordergrund.
Darüber hinaus haben gewisse Einrichtungen wie Museen auch einen Konservierungsauftrag zu erfüllen. Sie müssen Sorge tragen, dass die Exponate keinen weiteren Schaden nehmen oder allenfalls restauriert werden, um sie der Nachwelt zu erhalten. Mit dieser Vielfalt an Aufgaben ist es leicht, spannende Inhalte fürs Content Marketing zu finden. Die Frage, wie weit man vom Kerngeschäft abweichen darf, stellt sich kaum.
5. Relevanz für die Zielgruppe
Obwohl Kultureinrichtungen ihr Angebot nur bedingt an die Kundenbedürfnisse anpassen können – Exponate und Theaterstücke existieren unabhängig von jeglicher Zielgruppe – sollte die Begegnung doch besucherorientiert gestaltet werden. Dafür können wie beim herkömmlichen Marketing auch im Kulturmarketing Zielgruppenpersonas zum Einsatz kommen. Tatsächlich sollten Personas am Anfang aller Kulturvermittlungs- und -marketingmassnahmen stehen, die verhaltensbezogene und psychografische Eigenschaften der Zielgruppe veranschaulichen. Die Zielgruppe «Tourist:innen» reicht beispielsweise nicht aus. Das Publikum sollte genauer umschrieben werden.
Wann immer eine Kampagne an die Menschen gebracht und kommuniziert wird, sollte die Message an eine klare Zielgruppe gehen. Eine Kultureinrichtung muss sich folglich darüber bewusst sein, wer zum Publikum gehört und wer nicht. Dies setzt aktives Zuhören voraus: Es reicht nicht aus, Personas auf Basis gelegentlicher Rückmeldung zu erstellen. Vielmehr sollte man nach Feedback fragen, um die Massnahmen nach klaren Erfolgskriterien und Zielgruppeneigenschaften auszurichten und auszuwerten.
Die Schwierigkeit, die sich insbesondere Kulturhäusern stellt, ist, dass die Zielgruppen in hohem Masse fragmentiert sein können. Zum Beispiel können sich Museumsausstellungen sowohl an alleinstehende, an Archäologie interessierte Männer richten als auch an Familien mit Kleinkindern, die auf der Suche nach einem Schlechtwetterprogramm für ein paar Stunden sind. Folglich ist es schwierig, die Kommunikation auf das ganze Publikum in einem auszurichten. Möglicherweise sind die Massnahmen erfolgreicher, wenn sie aus mehreren, auf spezifische Teilzielgruppen ausgerichtete Kampagnen bestehen.
Unabhängig der Personas gilt, dass die Vermittlungsstrategie nicht darauf basiert, dass die Kultureinrichtung selbst im Vordergrund steht. Besonders bei Content-Marketing-Massnahmen sollten vielmehr die (über-)regionale und lokale Vernetzung sowie das Aufzeigen der gesellschaftlichen Relevanz des Angebots im Zentrum stehen.
6. Anliegen befriedigen
Ein Trend, der immer mehr Verbreitung findet, ist Citizen Science. Die genaue Definition davon wird vielfältig interpretiert, im Kern geht es jedoch darum, dass Laien in die wissenschaftliche Wissensgenerierung und -teilung miteinbezogen werden. Insbesondere Museen, doch auch andere Kulturhäuser der Geisteswissenschaften, sind perfekte Orte, um Bürgerforscher:innen und dem breiten Publikum auf Augenhöhe zu begegnen.
Ein grosses Segment der kulturell Interessierten wünschen sich mehr Transparenz und Beteiligungsmöglichkeiten. Sie wollen informiert werden und gleichzeitig Teil des Prozesses sein. Sie wollen Wissensprosument:innen sein – sowohl Wissenskonsument als auch Wissensproduzentin.
Der Entwicklung hin zu mehr Partizipation kann man aber auch auf andere, simplere Weise gerecht werden: In historischen Gebäuden erzeugen zeitepochengetreue verkleidete Menschen Immersion wie in der Rosenborg in Kopenhagen. Angestellte, die in Ausstellungen für Gespräche zur Verfügung stehen, schaffen Raum für Austausch wie im Museum für Kommunikation in Bern. Oder Guides entdecken und diskutieren zusammen mit den Besucher:innen das Hauptstück einer Ausstellung wie in «Und dann kam Bronze!» im Bernischen Historischen Museum.
Zusammengefasst sollte im Kulturbereich der Marketingansatz stark an die Kulturvermittlung anlehnen. Digitale Massnahmen, gerade im Bereich des Content Marketings, sollten nicht auf Zahlen beharren. Diese Daten sind gut und können Einblicke bieten, doch die Kulturvermittlung folgt weiteren und wichtigeren Erfolgskriterien für ihre Ziele.
7. Zeitlicher Bezug
Allgemein im digitalen Kulturmarketing ist die Nachhaltigkeit von Postings in den sozialen Medien ein Problem: Der Algorithmus scheint willkürlich zu sein und ist vollständig in der Hand der Fremdplattformen. Die Halbwertszeit der Posts unterscheidet sich stark zwischen den Diensten – bei Facebook kann man von rund drei Stunden ausgehen. Die Nutzenden werden also kaum mühselig allgemeingültige Informationen auf Social Media suchen. Gefragt sind brandaktuelle Bilder und Infos, während Zeitunabhängiges besser im Blog oder auf der Webseite abgehandelt wird.
Bezüglich Veranstaltungen und Events kann man sich ebenfalls zeitlich orientieren. Zum Beispiel kann man einmal im Jahr die Neuzuzüger:innen der eigenen und umliegender Gemeinden zu einem Kennenlernfest einladen oder regelmässige Sommer- und Winterfeste veranstalten. Im Falle von Museen mit Wechselausstellungen sind Eröffnungsfeiern gerne gesehen und am letzten Tag kann man die Ausstellung mit einem kleinen Apéro verabschieden.
Auch wenn man keine grossen Wechselausstellungen auf die Beine stellen kann, kann es sich lohnen, die Dauerausstellung von Zeit zu Zeit neu zu gestalten. Zum Beispiel kann man temporär einen Teil der Exponate zu einem neuen Fokus bündeln, um regelmässig verschiedene Facetten hervorzuheben.
Eine andere Art, künstlich eine gewisse Zeitlichkeit herzustellen, wären Ansätze wie ein «Schatz des Monats». Jeden Monat hebt man ein bestimmtes Exponat hervor. Dies kann mit relativ wenig Ressourcenaufwänden über die sozialen Medien geschehen.
8. Engagement fördern
Verständlicherweise fokussieren Museen und Kultureinrichtungen bei Veröffentlichungen auf Fachjournale, um dem eigenen wissenschaftlichen Anspruch gerecht zu werden. Allerdings erreichen diese Publikationen kaum die breite Bevölkerung. Zusätzlich müssen auch performative und mediale Vermittlungsformen in Betracht gezogen werden. Denn erst wenn die Menschen dahingehend miteinbezogen werden, kann ein wechselseitiger Dialog zwischen den beiden Seiten entstehen.
Verläuft die Kommunikation einmal zweiseitig, muss man diese Zweiseitigkeit konstant hochhalten und mit regelmässiger Interaktion fördern. Wenn man bei Aktionen aktiv interagiert, indem man beispielsweise Posts und Kommentare mit einem Like versieht sowie selbst kommentiert, begünstigt man nicht nur Austausch und Sichtbarkeit, sondern drückt auch Wertschätzung aus. Dasselbe gilt ebenso für Bewertungsportale.
Von vielen totgesagt ist der Newsletter ebenfalls zurück. Tatsächlich ist er erneut aktuell und wird von vielen Einrichtungen wieder regelmässig verschickt. Und das aus gutem Grund: Obschon viele Newsletter direkt im Papierkorb landen, ist die Öffnungsrate der digitalen Post bei Kunst und Kultur am höchsten. Ein Umstand, den man unbedingt nutzen sollte, zumal der Ressourcenaufwand kein Loch ins Budget reisst.
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