peter acel supply chain technologien illustration
Digitalisierung Supply Chain Management

Technologien, welche die Supply Chain prägen

10.06.2022
von Elma Pusparajah

Die Digitalisierung und Automation der Supply Chain bringen zahlreiche Innovationen mit sich. Doch was bedeuten diese neuen Technologien für die Lieferkette sowie die Mitarbeitenden? «Fokus» hat bei Dr. Peter Acél, ETH-Dozent und CEO bei der Logistik-Management-Beratungsfirma Dr. Acél und Partner AG, nachgefragt.

Dr. Peter Acél, wie haben sich Supply Chains über die Jahre entwickelt?

Mit der Zeit wurden die Prozesse digitaler, schneller und günstiger, um den steigenden Bedürfnissen der Kundschaft gerecht zu werden. Auch wurden zahlreiche Arbeitsschritte automatisiert, wie beispielsweise das Handling. Zudem haben Unternehmen über die Jahre begonnen, mehrere verschiedene Transportmittel im Verbund zu nutzen. Dies ist kostengünstiger und effizienter sowie oft mehr Kapazitäten vorhanden.

Was beinhaltet die Supply Chain 4.0?

Bei der digitalen Revolution der Supply Chain entsteht ein «digitaler Zwilling» der Prozesse. Dabei sind alle notwendigen Informationen für die Lieferkette vorhanden. So helfen diese digitalen Daten beispielsweise, den Warenbestand abzufragen oder zu berechnen, welcher Transportweg kostengünstiger oder schneller ist. Nebst der Digitalisierung gehören auch neue intelligente Technologien in die vierte Revolution, wie der 3-D-Drucker vor Ort. Letztlich ist es ein Anliegen, mehr auf die Umwelt zu achten, Transportwege zu verkürzen oder weniger Abfall zu produzieren.

Was sind die Herausforderungen?

Diese sind abhängig vom jeweiligen Trend: steigende Frequenz sowie Anforderungen, kleinere Bestellmengen, weniger Warenverkehr, Nachhaltigkeit, Globalisierung und der vorhandene Kostendruck. Um möglichst viele dieser Faktoren abzudecken, müssen die Unternehmen Alternativen suchen und das Netz muss resilienter und robuster gemacht werden. Generell ist zudem zu beachten, dass jedes Umladen beim Transport teurer ist, das müssen die Unternehmen berücksichtigen.

Welche Strategien können Unternehmen nutzen, um mit der Digitalisierung mitzuhalten?

Sie müssen beachten, dass sie zuerst ihre Prozesse vollständig in Ordnung bringen, ihre Vision bestimmen und danach eine Revision vom Markt rückwärts machen, damit die Digitalisierung wirksam ist.

Inwiefern kann Künstliche Intelligenz in der modernen Lieferkette genutzt werden?

Es existieren drei Ebenen der künstlichen Intelligenz: eine Software mit vorprogrammierten Funktionen, ein selbstständiges Anwendungsprogramm mit Freiheitsgraden und ein weitgehend selbständiges System. Sie sind alle auf bestimmte Anwendungen spezialisiert und führen die programmierten Befehle aus.

Automatisierte Maschinen und Roboter erledigen vorwiegend Arbeiten, die strukturiert, klar und repetitiv sind.

Taucht jedoch ein Fehler auf, funktionieren diese Systeme oft nicht mehr einwandfrei. Bisher gibt es gute Ansätze der KI, aber diese müssen in der Supply Chain weiter ausgebaut werden, damit sie selbstregulierend funktionieren können.

Was setzt der Einsatz von automatisierten Maschinen voraus?

Automatisierte Maschinen und Roboter erledigen vorwiegend Arbeiten, die strukturiert, klar und repetitiv sind. Sie können selbstständig arbeiten oder auch die Mitarbeitenden unterstützen. Verglichen mit Menschen sind Roboter weder flexibel noch können sie mitdenken.

In der Schweiz sind die Produktionen und Lager enorm automatisiert, daher sind dort zahlreiche Roboter vorzufinden. In der Logistik ist die Automatisierung grösstenteils noch unterentwickelt.

Was bedeutet die Automatisierung für die Mitarbeitenden?

Für sie bedeutet dies Entlastung, Erleichterung, aber fallweise auch Entmündigung. Bei physisch anspruchsvollen Arbeiten können Mitarbeitende entlastet werden. Sogenannte Cobots arbeiten mit Menschen zusammen und unterstützen sie. Diese Maschinen werden von den Mitarbeitenden gesteuert. Jedoch gibt es automatisierte Systeme, welche die Freiheiten und Verantwortung der Arbeiter:innen nehmen und diese damit entmündigen.

Menschen müssen nicht befürchten, ersetzt zu werden. Denn aktuell werden Roboter weithin zur Arbeitserleichterung und Produktivitätssteigerung eingesetzt. Ihre Fähigkeiten sind begrenzt.

Welche neuen Technologien sind bei diesem Wandel notwendig? Braucht es noch weitere «breakthrough»-Technologien?

Alles wird kleiner, schneller und vernetzter. Diese Vernetzung setzt zudem revidierte Standards voraus, welche heutzutage teilweise fehlen. Ausserdem müssen neue Technologien in einer brauchbaren Grösse und in einem Datenverbund eingegliedert sein, um sich im Markt durchzusetzen. Für einen Durchbruch werden sicherlich weitere Innovationen benötigt und diese werden sich in der Zukunft etablieren.

Welche vergleichsweise Low-Tech-Lösungen machen bereits einen Unterschied?

Da existieren schon zahlreiche kleinere Innovationen, die Mitarbeitende unterstützen, jedoch sind diese keine «Gamechanger». Vieles davon ist in der Lagerarbeit anzutreffen, wenn es die intelligente Sortierung, kompakte Lagerung und exakte Lieferung betrifft. So werden im Lager oftmals Handlings- und Hebehilfsmittel genutzt. Diese Low-Tech-Lösungen sind dabei genauso wichtig und sollten nicht ignoriert werden.

Wie wird oder sollte sich die Supply Chain zukünftig weiter verändern?

Als Erstes werden die Prozesse durchgängiger vernetzt werden. Diese Vernetzung findet von den Dienstleistern, Produzenten bis hin zu den Konsumierenden statt. Letztere sollten bestenfalls nichts davon zu spüren bekommen. Für einen verbesserten Service werden die verteilten Daten der verschiedenen Clouds zusammengebracht. Um dies auszuführen und allfällige Lücken zu füllen, werden Dienstleister Koordinationsaufgaben übernehmen müssen.

Zweitens ergibt sich der Mehrwert der Supply Chain aus dem Verbund vom Markt bis hin zur Herstellung. Die Preise, Produktion sowie Lieferung sollten sich der stets ändernden Marktnachfrage anpassen.

Der letzte Punkt betrifft die zirkulären Ströme der Wertschöpfung. Oftmals sind grüne Ansätze der Firmen nur eine Marketingstrategie und keine ganzheitliche Umstellung. Dabei sollten sie sich mehr für die Umwelt einsetzen und beispielsweise den Mehrwert im sogenannten Abfall sehen.

Interview Elma Pusparajah

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