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Energie Transport & Logistik

Um Logistik ökologischer zu machen, reicht der Einsatz von E-Fahrzeugen allein nicht aus

10.06.2022
von SMA

Die Transportbranche muss grüner werden, idealerweise über die gesamte Supply Chain hinweg. Diese Tatsache wird von niemandem mehr gross bestritten. Doch wie kann ein Industriezweig, der auf Mobilität und Fahrzeugverkehr beruht, nachhaltig sein? Ansätze dafür gibt es viele und wie ein Blick in die Branche zeigt, sind E-Mobilität und Digitalisierung essenzielle Faktoren, um Lieferketten weltweit naturverträglicher zu machen.

Bevor man sich darüber Gedanken macht, wie die weltweite Transport- und Logistikbranche ökologischer werden kann, muss man sich deren Grösse vor Augen führen. Am besten klappt das mit einigen Statistiken – und die Zahlen sind gewaltig: Im Jahr 2020 wurden weltweit 131 Milliarden Pakete verschickt, wie der «Parcel Shipping Index» von Pitney Bowes aufzeigt. Eine gewaltige Summe. Um diese Zahl korrekt einordnen zu können, muss man wissen, dass nur ein Jahr zuvor die 100-Milliarden-Grenze zum ersten Mal überhaupt geknackt wurde.

Das heisst, der Rekordwert des Vorjahres wurde bereits im Folgejahr um ein ganzes Drittel überboten. Dadurch wird mehr als augenfällig, wie stark die Nutzung von Lieferdienstleistungen während der Pandemie zugenommen hat. Oder anders ausgedrückt: 2020 wurden 4160 Pakte ausgeliefert – pro Sekunde. Ein Ende dieser Entwicklung ist nicht abzusehen, im Gegenteil: Marktbeobachter:innen gehen davon aus, dass sich diese Zahl in den kommenden fünf bis sechs Jahren verdoppelt könnte.

Viele Unternehmen setzen bei der Warenlieferung auf der letzten Meile auf kleine E-Vans oder E-Bikes.

Die Kennziffern, die sich nur auf Pakete beziehen und Transportgüter wie Rohstoffe, Nahrungsmittel und weitere aussen vor lassen, belegen, welche enorme Relevanz der Logistiksektor für unsere moderne Gesellschaft hat.

Dementsprechend relevant ist er auch für die Nachhaltigkeitsthematik, schliesslich muss jedes einzelne dieser 131 Milliarden Pakete per Luft, Wasser oder Strasse an seinen Bestimmungsort gebracht werden. Damit verursachen Logistik und Transport gemäss WEF-Studien derzeit mehr als 5,5 Prozent aller CO2-Emissionen weltweit. Tendenz steigend.

Ein Sektor im Wandel

In der Branche weiss man um den Handlungsbedarf in Sachen Nachhaltigkeit und ist auch bereit, dieser Verantwortung nachzukommen. Dies lässt sich einerseits auf intrinsische Überzeugung zurückführen, gleichzeitig wird dies aber auch durch externe Faktoren begünstigt. Die heutigen Konsumentinnen und Konsumenten verlangen nach möglichst ökologischen Logistiklösungen, unabhängig davon, dass sie selber zu den Haupttreibern des Transportanstiegs gehören.

Seit 2020 sind 46% der Fahrzeugflotte der schweizerischen Post mit alternativen Antrieben unterwegs. Bild: Post

Und junge Talente und Fachkräfte, die aktuell händeringend gesucht werden, fordern ihrerseits von ihren Arbeitgebern ökologische Verantwortlichkeit ein. Darum stellt sich für Logistikgeschäftsführerinnen und -geschäftsführer die Frage: Wo setzen wir an?

Ein wesentliches Handlungsfeld für Logistikbetriebe, die nachhaltiger werden möchten, liegt im Einsatz von Fahrzeugen mit alternativen Antrieben. Allen voran wird dabei, ähnlich wie im motorisierten Privatverkehr, auf E-Fahrzeuge gesetzt. Viele Unternehmen setzen bei der Warenlieferung auf der letzten Meile auf kleine E-Vans oder -Bikes, doch auch E-Camions für den grossangelegten Güterverkehr werden immer häufiger eingesetzt.

Doch der Wechsel von Verbrennungsmotoren hin zu alternativen Antrieben ist für Logistikdienstleister nicht nur eine potenzielle finanzielle Herausforderung, sondern auch eine organisatorische: Eine E-Flotte ist auf eine ausreichende Ladeinfrastruktur angewiesen und die interne Expertise bezüglich Wartung, Reparaturen und Bedienung der neuen Fahrzeuge muss erst aufgebaut werden. Das benötigt Zeit, schafft Zusatzaufwand – und das alles, während man den laufenden Betrieb weiterhin aufrechterhalten muss.

Digitale Lösungen sind ein Muss

Dass sich dieser Aufwand letztlich finanziell lohnen wird, erachten Fachleute als gesichert: Angesichts steigender Benzinpreise sowie der sich abzeichnenden Ölknappheit ist ein Wechsel zu alternativen Antrieben eine logische Konsequenz. Dennoch muss jedes Unternehmen für sich mit den beschriebenen Herausforderungen fertig werden.

Ein praktisches Hilfsmittel, um diesen Transformationsprozess erfolgreich umzusetzen, bietet die Digitalisierung. Das hat mehrere Gründe: Moderne Flottenlösungen erlauben zum Beispiel die datenbasierte Optimierung von Transportwegen, Einsatzplänen und Fahrzeugauslastungen. Auf diese Weise sparen Unternehmen Zeit, Geld und Transportressourcen.

Digitalisierungslösungen setzen ihrerseits einen nicht unerheblichen finanziellen, zeitlichen und personellen Aufwand voraus, um sie aufzusetzen, einzuführen und effektiv zu nutzen.

Und nicht nur das Geschehen auf der Strasse kann durch digitale Lösungen sowie Automatisierungsmassnahmen verbessert werden: Auch das Lagermanagement sowie die Konfektionierung von Paketen können im Zeitalter von «smarten» Förderbändern sowie intelligenten Robotern neu und besser angedacht werden.

Der Kehrseite dieser digitalen Medaille: Digitalisierungslösungen setzen ihrerseits einen nicht unerheblichen finanziellen, zeitlichen und personellen Aufwand voraus, um sie aufzusetzen, einzuführen und effektiv zu nutzen. Doch für Logistikunternehmen lohnt es sich, auch diese Hürde zu nehmen, da die mittel- bis langfristigen Einsparungen die initialen Investitionen mit der Zeit überwiegen.

Öko-Starthilfe für andere Branchen

Die Logistik kann und wird aber nicht nur durch eine «interne» Reform zu mehr Nachhaltigkeit beitragen – sie wird in Zukunft auch eine wichtige Akteurin sein, um diverse Industriezweige ökologischer zu machen. Der Grund dafür liegt in der Kreislaufwirtschaft. Dieses Prinzip besagt, dass die in Produkten verwendeten Materialien nicht einfach am Ende der Produktlebensdauer entsorgt werden – sondern dass man sie neu aufbereitet und anschliessend neuen Nutzungen zuführt.

Der Kreislaufwirtschaft wird zum Beispiel für die Fertigungsindustrie, den Automobilsektor sowie die Baubranche ein enormes Potenzial zugesprochen. Demensprechend werden Logistikdienstleistungen zunehmen, um Rohstoffe, Komponenten und Teile zur Wiederaufbereitung und anschliessend an ihren neuen Bestimmungsort zu bringen. Die Logistik wird damit zum primären Antrieb der Kreislaufwirtschaft.

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