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Nachfolger verzweifelt gesucht

19.10.2019
von Mohan Mani

Eine Nachfolge beruht nicht auf einer Entscheidung, die man über Nacht trifft. Im besten Fall ist sie das Ergebnis langer Überlegungen, in die möglichst viele verschiedene Faktoren einbezogen wurden.

Jede Unternehmerin und jeder Unternehmer muss früher oder später über die eigene Nachfolge nachdenken. Welcher Zeitpunkt für die Einleitung dieses Prozesses am geeignetsten scheint, hängt zum einen von der individuellen Einschätzung und der allgemeinen Situation des Unternehmens ab. Weiterhin ist die Frage ausschlaggebend, ob es eine potenzielle Nachfolgeperson gibt oder nicht. Eine Übergabe kann unpassend sein, wenn das Unternehmen gerade eine schwierige Phase durchmacht, erst kürzlich teure Investitionen getätigt hat oder dabei ist, ein neues Produkt auf den Markt zu bringen. Die Planung der Nachfolge ermöglicht eine Vorbereitung auf das traurige Szenario, falls der Unternehmenseigner frühzeitig aus dem Unternehmen ausscheiden sollte, zum Beispiel aus Krankheitsgründen oder nach einem Unfall. In einem solchen Fall steht das gesamte Geschäft auf dem Spiel, sofern man keine vorausschauenden Massnahmen getroffen hat.

«Fit» für die Nachfolge

«Bei der Nachfolgeregelung unterschätzt man die Komplexität der emotionalen Aspekte oftmals», erklärt der KMU-Next-Geschäftsleiter Jörg Sennrich. Man muss alle Betroffenen in diesem Prozess zu Beteiligten machen. Erst wenn alle «fit» und für die Nachfolge «abgeholt» sind, könnte man Lösungsszenarien erarbeiten: «Oft scheint in den Köpfen alles klar und logisch zu sein. So habe ich gerade Ende August bei einem Erstgespräch wieder erlebt, dass die Tochter, welche für die Nachfolge im Betrieb vorgesehen ist, während des Gesprächs mit den Eltern meinte: ‹Ja, der Bruder fragte mich gestern noch, ob er bei diesem Erstkontakt mit KMU Next nicht auch dabei sein müsse›. Die Familienmitglieder müssen involviert sein und dies braucht Zeit und Raum. Die Basis für eine erfolgreiche Nachfolge ist erst gelegt, wenn anspruchsvolle, persönliche und sehr individuelle Themen zu Beginn geklärt wurden.»

Zwecks Situationsanalyse, aber auch zur effektiven Abwicklung, gibt es mittlerweile sehr viele externe Beratungsunternehmungen.

Sparring-Partner empfohlen

Die grösste Herausforderung liegt bestimmt darin, den «richtigen» Nachfolger zu finden. Am Anfang steht eine Situationsanalyse mit konkreten Zielsetzungen, dem Vorgehen und Zeithorizonten: Wie soll die Zukunft des Unternehmens aussehen? Welche Nachfolgeszenarien gibt es und welches sind die Vor- und Nachteile? Aus dieser gesamten Analyse resultieren die Profilanforderungen für den geeigneten Nachfolger. Zwecks Situationsanalyse, aber auch zur effektiven Abwicklung, gibt es mittlerweile sehr viele externe Beratungsunternehmungen. Aber was bringen solche «Unterstützer» genau?

«Die Klärung der Unternehmensnachfolge ist ein Prozess, der Zeit braucht und komplexe emotionale, finanzielle und (steuer-)rechtliche Aspekte beinhaltet», erläutert Jörg Sennrich. «Erfahrene Nachfolgeexperten begleiten und unterstützen den Unternehmer, die Unternehmerfamilie in diesem einmaligen Prozess. Es ist wichtig, dass sich der Unternehmer mit einer unabhängigen externen Person über diese vielschichtigen Themen austauschen kann. Das fundierte Erfahrungswissen des Experten aus zahlreichen Nachfolgesituationen führt im Gespräch mit dem Unternehmer zu optimalen Nachfolgelösungen. Seitens KMU Next empfehlen wir jedem Unternehmer, sich einen erfahrenen Sparring-Partner für den Nachfolgeprozess zur Seite zu nehmen.

Das Momentum der Nachfolge wird im Lebenszyklus eines Unternehmen als heikelster Moment bezeichnet.

Ab 68 zu spät

Im Volksmund gilt die Regel «Man soll gehen, wenn es am schönsten ist». Das Momentum der Nachfolge wird im Lebenszyklus eines Unternehmen als heikelster Moment bezeichnet. Der Inhaber muss schrittweise aus seinen operativen Verantwortlichkeiten und Abhängigkeiten herausgelöst werden. Dies ist oft ein langer Prozess und kann nicht immer mit dem «schönsten Moment» abgestimmt werden. Es ist sinnvoll, bereits ab 50 über eine geeignete Nachfolgelösung nachzudenken. Die Übergabe selbst wird mit 60 Jahren als früh, zwischen 62 und 65 als normal und ab 68 als spät angesehen. Um den richtigen Nachfolger für das Unternehmen zu finden, braucht es eine klare Vorstellung über die zukünftigen Unternehmensbedürfnisse einerseits und das Anforderungsprofil eines Nachfolgers anderseits: «Das ist eine gute Voraussetzung, um die Suche zu starten. Auch wenn es zurzeit viele Kaufinteressenten im Markt gibt, die unternehmerisch tätig werden wollen, ist es leider Realität, dass diese viel mehr Optionen haben als der Verkäufer.»

Diskussion in der Familie

Im Zusammenhang mit der Nachfolge wird man natürlich mit vielen steuerlichen Fragen konfrontiert. Dieses Thema sollte rechtzeitig vor der eigentlichen Übergabe angegangen werden. Wenn es rechtmässige Erben (Ehepartner, Kinder) gibt, muss man diese Fragen unbedingt innerhalb der Familie diskutieren, damit man Kompromisse finden kann, die für alle betroffenen Parteien akzeptabel sind. Als häufigste Irrtümer bei der Optimierung des Unternehmenswertes aus betrieblicher und steuerlicher Sicht ist für Jörg Sennrich der Faktor Zeit: «Man benötigt einfach Zeit, um emotionale, aber auch strukturelle und finanzielle Fragen zu klären, um die optimale Lösung für eine Unternehmung zu finden.»

Kommunikation nach innen und aussen

Ist der Übertragungsprozess eingeleitet, so muss dies allen betroffenen Parteien, ob firmenintern oder extern, mitgeteilt werden. Eine wirkungsvolle und transparente Kommunikation spielt für den Erfolg der Übertragung und die Akzeptanz seitens der Mitarbeitenden eine Schlüsselrolle. Sie hilft dabei, Gerüchte aus der Welt zu räumen, die die Kaderleute, die Mitarbeitenden sowie die Kundinnen und Kunden beunruhigen und dazu führen, dass sie sich Sorgen um die Zukunft des Unternehmens machen. Auch für Jörg Sennerich ist die Kommunikation nach innen und aussen ein wesentlicher Erfolgsfaktor: «Die wichtigsten Entscheidungsparameter sind Transparenz und Timing. Vor allem der Zeitpunkt der Bekanntgabe und die Kommunikation der einzelnen Schritte im Nachfolgeprozess sollten die Verantwortlichen sorgfältig wählen. Ein Rezept für den Zeitpunkt gibt es nicht. Es empfiehlt auch in diesem Punkt, die Erfahrung eines Nachfolgeexperten in die Entscheidungsfindung einzubinden.»

Wer in Rente geht, muss gründlich darüber nachdenken, mit welchen Mitteln die eigene Existenz gesichert werden kann.

Die Zeit danach

Das Leben von Unternehmenden ist mit der erfolgreichen Übertragung des Unternehmens nicht zu Ende. Wer in Rente geht, muss gründlich darüber nachdenken, mit welchen Mitteln er die eigene Existenz sichern kann. Häufig reichen die Zahlungen aus der AHV und die Renten der Pensionskasse oder Lebensversicherung nicht aus, um den gewohnten Lebensstandard aufrechtzuerhalten. Bestimmte Vermögenswerte, die für das Unternehmen nicht unentbehrlich sind, kann man in das Privatvermögen der Übergebenden überführen. Hierfür sollte ein erfahrener Finanzexperte zurate gezogen werden, der individuelle Anlageoptionen oder interessante Steueroptimierungen vorschlagen kann. Jörg Sennerich erklärt abschliessend: «Ein Patentrezept für die Zeit danach gibt es nicht. Wir stellen jedoch fest, dass oftmals – insbesondere bei externen Verkäufen – der Wunsch besteht, dass der Unternehmer dem Betrieb nach der Weitergabe noch etwas erhalten bleibt».

Text: Mohan Mani

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