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Mobilität

Auf dem Weg zur nahtlosen Mobilität: Shared und Seamless Mobility

16.03.2024
von Boubacar Sarr

Unser Verkehr ist über die Jahre immer komplexer und vernetzter geworden. Mit neuen Fussgängerzonen, Strassen, Schienen und Gleisen oder auch Velowegen wächst das Verkehrssystem stetig. Trams, Busse, Velos, Züge, Autos, Schiffe und Fussgänger:innen füllen den heutigen Verkehr. In den letzten Jahren kamen – einhergehend mit dem Wechsel von fossilem Treibstoff zum Elektroantrieb – die E-Scooter, E-Velos oder auch E-Autos dazu. Diese öffentlich zugänglichen Elektrofahrzeuge werden jederzeit von den verschiedenen Personen benutzt. Dies ist Teil des Systems, das sich Shared Mobility nennt. Gemäss Mobilitäts- und Transformationsexperte Michael Pachmajer betrifft Shared Mobility grundsätzlich alle Fahrzeuge. Aber was ist genau damit gemeint?

Michael Pachmajer

Michael Pachmajer
Mobilitäts- & Transformationsexperte

Jederzeit und überall

Shared Mobility ist die als Mobilitätsangebot organisierte Nutzung von Fahrzeugen, die spontan und kurzfristig von einem bestimmten Nutzerkreis verwendet werden können. «Es folgt dem Leitmotiv: Sharing is Caring. Nicht alle besitzen beispielsweise ein eigenes Auto, sondern mehrere Personen teilen sich eins. Sie können kurzfristig stationsbasiert oder situationsunabhängig darauf zugreifen, wenn sie es brauchen», erklärt Pachmajer. Im Falle der Elektroautos, -scooter und -velos erhält man Zugriff auf das Fahrzeug durch eine App. Dabei variieren die Kosten für die Fahrt je nach Entfernung und Dauer – ähnlich wie beim Taxi oder Uber.

Ziel von Shared Mobility ist es gemäss Pachmajer, den Flächenverbrauch auf den Strassen zu reduzieren und gleichzeitig einen nachhaltigeren Verkehr zu ermöglichen. «Heute verbraucht der fahrende und ruhende Autoverkehr 60 Prozent der Strassenfläche. Wir müssen diesen Flächenverbrauch deutlich reduzieren, Strassen entsiegeln und unsere Städte wieder lebenswerter und grüner machen. Diese Fläche müssen wir den Menschen zurückgeben. Für mehr Aufenthaltsqualität im öffentlichen Raum, für spielende Kinder sowie leisere und kühlere Orte in unseren Städten. Shared Mobility wird vom Menschen aus geplant und nicht mehr vom Auto aus», betont Pachmajer.

Der Verkehr vernetzt sich mehr und mehr

Für viele hat die Ära der elektrobetriebenen Fahrzeuge bereits begonnen. Benzin gehört für viele immer mehr der Vergangenheit an. Wichtig ist, dass der Antrieb der elektrischen Mobilitätsmittel aus natürlichen und erneuerbaren Quellen aufgenommen werden kann. «Wir brauchen Strom, viel Strom. Und der muss von Sonne und Wind kommen», so Pachmajer. Bei Shared Mobility stehen grösstenteils die elektrobetriebenen Autos im Vordergrund. Nicht nur um die Umweltverschmutzung zu reduzieren, sondern auch, um mit Seamless Mobility zu funktionieren. Dies ist eine vernetzte öffentliche Mobilitätskette von öffentlichen, privaten und kommerziellen Mobilitätsanbietern. Ziel ist also, die Menschen mit allen ÖV-Möglichkeiten so schnell und einfach wie möglich von A nach B zu bringen.

«Wir beobachten seit längerem den Trend des ‹wir-wollen-nicht-warten› – auch als Convenience bekannt. Wir wollen uns nicht mehr mit den einzelnen Verkehrssystemen und ihren Fahrplänen, Tarifen und Störungen auseinandersetzen. Wir wollen nicht selber die Leitstelle sein, die alles miteinander koordiniert. Wir wollen pünktlich, zuverlässig und komfortabel an unseren Zielort ankommen. Einfach einsteigen, losfahren, aussteigen», akzentuiert Pachmajer. Seamless Mobility vereinfacht dies, indem alle Mobilitätsmittel sowie Menschen digital miteinander vernetzt sind. Auch hier ist der Zugang zeitgemäss mit einer App steuerbar. Ein Beispielszenario wäre folgendes: Man ist auf dem Weg nach Hause und steigt gerade aus dem Zug aus. Bis nach Hause sind es aber noch 15 Minuten zu Fuss. Man schaut auf die Seamless-Mobility-App und es wird in 30 Metern Entfernung ein verfügbarer E-Scooter angezeigt. Der fünfzehnminütige Fussweg hat sich soeben verkürzt. Nebst der schnellsten und zugänglichsten Route werden also auch optimale Fortbewegungsmittel vorgeschlagen. Dies gilt sowohl für die draussen platzierten E-Fahrzeuge als auch für Trams, Busse oder Züge.

Die Mobilitätskette wird bis zur eigenen Haustür führen. Door-to-Door wird das führende Mobilitätsleitbild sein.
Michael Pachmajer

Nachhaltige Vorteile

Für die Umwelt ist Seamless Mobility ebenfalls ein Schritt in eine gesündere Zukunft. «In der Schweiz ist der Verkehrssektor für rund ein Drittel der Treibhausgasemissionen verantwortlich. Eine bessere Abstimmung der einzelnen Verkehrssysteme durch neue Technologien wie IoT (Internet of Things) und KI (künstliche Intelligenz) führen zu einem effizienteren Einsatz der natürlichen Ressourcen und Energie. Deswegen sind Seamless und Shared Mobility elementare Bausteine einer nachhaltigen Mobilitätswende hin zu einer regenerativen Wirtschaft», sagt Pachmajer. Seamless und Shared Mobility gehen demnach Hand in Hand und können potenziell ein effektiveres Verkehrssystem schaffen, durch welches die CO2-Emissionen unter anderem abnehmen.

Ein wachsendes Netzwerk

Die Notwendigkeit der ÖV-Billette könnte sich reduzieren. Gemäss Pachmajer ist der nächste Schritt Be-in/Be-Out. «Über unser Handy oder einen Tracker am Körper werden wir erkannt. Einsteigen, losfahren, aussteigen und abgerechnet wird nach der Fahrt aufgrund des persönlichen Tarifs.» Auch hier könnte es ähnlich wie beim Taxi werden, dass der Fahrpreis anhand der Strecke verrechnet wird.

In Zukunft kann sich in den Stadtgebieten der hektische Alltag dank Seamless Mobility auch um einiges reduzieren und vereinfachen. «Die Mobilitätskette wird bis zur eigenen Haustür führen. Door-to-Door wird das führende Mobilitätsleitbild sein», so Pachmajer. Ebenso können sich die Städte mit den Landgebieten besser verbinden. «Die Mobilitätsketten werden vielfältiger. Alle denkbaren Fortbewegungsmittel werden integriert, auch die autonom fahrenden Systeme, die unser Strassenbild in Zukunft stärker prägen werden. Die Stadt wird besser mit dem ländlichen Raum verbunden», erklärt er weiter. «Das ist eine grosse Zukunftschance für den ländlichen Raum, denn dadurch machen wir ihn als Lebens- und Wohnraum attraktiver für die Menschen und wirken der Landflucht entgegen.»

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