Interview von Julia Ischer

Oesch’s die Dritten: «Unser Antrieb ist viel Herzblut und die Leidenschaft zur Musik»

Die wohl bekannteste, erfolgreichste und beliebteste Volksmusikgruppe  der Schweiz, Oesch's die Dritten, feiert aktuell ihr 25-jähriges Bestehen. Im Interview mit «Fokus» sprechen sie über die aktuelle Tour, ihre Faszination für das Skifahren und natürlich das Musikmachen.

Die wohl bekannteste, erfolgreichste und beliebteste Volksmusikgruppe  der Schweiz, Oesch’s die Dritten, feiert aktuell ihr 25-jähriges Bestehen. Im Interview mit «Fokus» sprechen sie über die aktuelle Tour,  ihre Faszination für das Skifahren und natürlich das Musikmachen.

Melanie, Annemarie und Hansueli, eure Band feiert dieses Jahr Jubiläum: 25 Jahre Oesch’s die Dritten. Wie hat alles begonnen?

Hansueli: Der Bezug zur Musik kommt definitiv von meiner Seite aus. Ich habe schon davor lange Zeit zusammen mit meinem Vater, Oesch der Erste, Musik gemacht. Glücklicherweise lebten wir in einem alten Bauernhaus mit viel Platz und ohne Nachbar:innen. Dadurch konnten wir bei uns zu Hause proben. Und als die Kinder da waren, wollten sie immer mit dabei sein und etwas nachspielen oder singen.

Annemarie: Andere Familien spielen zusammen Gesellschaftsspiele, wir haben Musik gemacht und «theäterlet».

Melanie: Wir hatten keinen Plan und es war nie das Ziel, bekannt zu werden. Der Antrieb war für uns immer nur Leidenschaft und Herzblut. Und daraus ist vieles zufällig entstanden und natürlich gewachsen.

Oesch's die Dritten

Bild: Stephanie Wyss

Was haben die vergangenen 25 Jahre mit euch gemacht?

Annemarie: Über die Jahre haben sich definitiv die jeweiligen Stärken und Schwächen der einzelnen Familien- und Bandmitglieder herauskristallisiert. Dadurch konnten sich alle darin weiterentwickeln, worin sie gut sind. Das hat uns als Menschen viele Türen geöffnet.
Melanie: Für mich war es ganz klar eine Lebensschule und ich wäre nicht die Person, die ich heute bin. Wenn ich zurückdenke, sind sehr viele Begegnungen, Freundschaften und auch Liebschaften mit der Musik verbunden. Mein ganzes Leben und mein Umfeld haben sich durch die Musik entwickelt.

An welches Ereignis erinnert ihr euch am liebsten zurück?

Hansueli: Da gibt es natürlich viele. Für mich war der 16. Februar 2007 sehr prägend. Das war der Tag der Hauptprobe für den Musikantenstadl. Paradoxerweise war es nicht einmal die Livesendung selbst.

Annemarie: Mir ist beispielsweise das Klostertaler Open Air sehr in Erinnerung geblieben. Dort standen wir zum ersten Mal vor 25 000 Menschen auf der Bühne. Das ist mir extrem eingefahren. Wir sagten damals zueinander, dass wir einfach über die Köpfe des Publikums gehen könnten, weil man die einzelnen Personen gar nicht mehr erkennen konnte.

Melanie: Ich denke immer sehr gerne an die etwas spezielleren Auftritte zurück. Das Finale der letzten Tour 2019 durften wir im Auditorium Stravinski in Montreux spielen. Das ist schon sehr eindrücklich, wenn man bedenkt, dass dort auch schon Grössen wie Elton John performt haben. Die Liste an Highlights ist aber wirklich endlos.

Seit Anfang September seid ihr nun auf der aktuellen Tour zum Jubiläum und neuen Album. Wie war diese Zeit bisher?

Melanie: Bis jetzt war es sehr spannend, weil jeder Tourneeort anders ist. Nach den ersten Konzerten haben wir gemerkt, dass wir noch etwas am Programm schrauben sollten. Jetzt habe ich aber das Gefühl, dass es wirklich rund ist.

Annemarie: Gegenüber der letzten Tour haben wir dieses Jahr auch ein ganz anderes Konzept. Es war sehr interessant zu sehen, wie die Fans darauf reagieren. Wie der Name der Tour «Es Fescht» schon sagt, zelebrieren wir unser Jubiläum als Fest zusammen mit unseren Zuschauer:innen. Sie sitzen an Tischen und essen zusammen. Durch das Zwirbelrad, das wir drei Mal drehen und über den nächsten Programmpunkt entscheidet, werden unsere Auftritte interaktiv. Das ist nicht nur für die Konzertbesucher:innen, sondern auch für uns neu und sehr spannend mitzuerleben.

Melanie: Während der Tour haben wir auch gemerkt, dass viele denken, das Programm sei ein Best-of wegen des Begriffs «Jubiläum». Das ist es aber nicht. Natürlich spielen wir auch ältere Lieder, aber auf dem Album sind nur neue Stücke zu finden. Es ist vielmehr eine Momentaufnahme: So klingen Oesch’s nach 25 Jahren.

Was ist jeweils das Schönste während einer Tour?

Melanie: Für mich ist es toll, wieder als grosses Team unterwegs zu sein. Meistens sind es dieselben Menschen, man kennt sich und freut sich darüber, sich wiederzusehen. Dadurch hat man auch die Möglichkeit, sich untereinander auszutauschen und Ideen zu sammeln. Das schätze ich sehr und es gibt einen tollen Teamspirit und Zusammenhalt.

Hansueli: Es ist nicht so, dass wir Künstler:innen auf der einen Seite stehen und die Helfer:innen auf der anderen. Jeder hilft mit. Durch diese Harmonie untereinander habe ich manchmal das Gefühl, dass wir anschliessend auch besser performen können.

Sprechen wir noch ein bisschen über eure Musik im Allgemeinen. Beschreibt diese in drei Adjektiven.

Eigenständig, unverkennbar und handgemacht.

Woher kommt eure Inspiration?

Melanie: Unsere Ideen und Gedanken, textlich wie auch melodisch, nehmen wir aus dem Alltag. Begegnungen mit Menschen oder Dinge, die uns beschäftigen, sind die Quelle für unsere Kreativität. Manchmal sind es aber auch andere Künstler:innen und Musikstilrichtungen. Privat hören wir sehr unterschiedliche Genres. Davon fliesst sicherlich auch einiges in unsere Musik mit ein.

Ihr seid alle mit der Musik aufgewachsen. Könntet ihr überhaupt noch ohne Musik leben?

Melanie: Ohne Musik könnte ich mir das Leben definitiv nicht vorstellen. Dazu darf ich aber auch sagen, dass es für mich okay wäre, wenn das eigene Musikmachen wegfallen würde und ich nur noch konsumiere oder schreibe. Es gibt verschiedene Varianten, die ich mir vorstellen könnte. Aber ganz ohne ginge definitiv nicht.

Ohne Musik könnte ich mir das Leben definitiv nicht vorstellen. Melanie

Annemarie: Ja, mir geht es genauso. Egal in welcher Form, ich könnte mir ein Leben ganz ohne Musik überhaupt nicht vorstellen.

Hansueli: Hierzu möchte ich aber noch anmerken, dass wir schon etwas mit uns anfangen könnten, falls die Auftritte oder das Musikmachen wegfallen würden. Während der Pandemie, als wir keine Konzerte spielen konnten, gingen wir wieder auf unsere Berufe zurück. Und etwas Handwerkliches zu schaffen und schmutzige Finger zu haben, hat auch einmal gutgetan.

Kommen wir nun zum Thema dieser Ausgabe: Winter. Eure aktuelle Tour endet im Dezember. Was habt ihr für die Zeit danach geplant?

Melanie: Beruflich geht es für uns Ende Januar weiter. Dazwischen bleibt aber hoffentlich etwas Zeit für die Familie und vor allem für unsere zweite Leidenschaft neben der Musik: Wintersport. Wir sind alle begeisterte Skifahrer:innen. Einige sehr aktiv, andere weniger (schmunzelt und blickt zu Hansueli).

Hansueli: Dafür bin ich beim Après-Ski immer dabei! (lacht)

Melanie: Sei es Ski Alpin im Fernseher verfolgen oder selbst Skifahren – es ist etwas, das unsere Familie geprägt hat und einen hohen Stellenwert geniesst. Verdanken dürfen wir dies vor allem unserer Mutter.

Inwiefern?

Annemarie: Schon als Kind bin ich oft Ski und Skirennen gefahren. Dann habe ich verschiedene Leiterkurse und die Ausbildung zur Kinderskilehrerin gemacht. So hat eines zum anderen geführt. Meine eigenen Kinder habe ich später auch immer mitgenommen. Wir haben glücklicherweise einen Skilift in unmittelbarer Nähe zu unserem Wohnort.

Fahrt ihr auch heute noch zusammen Ski?

Annemarie: Melanie und ich gingen schon zusammen, aber sonst eigentlich nicht mehr so oft. Meistens gehe ich mit meiner Schwester. Und ich bin auch die, die oft Mike während seiner Rennen zusieht.

Melanie: Ja, Mike ist heute sicher der aktivste Skifahrer von uns allen. Es war immer sein Traum, Skirennfahrer zu werden, bis er dann wegen einer Verletzung aufhören musste. Dazu sagt er aber immer, dass er froh ist, eine zweite Passion in der Musik gefunden zu haben, die er ausleben durfte. Das hat ihm darüber hinweggeholfen, dass er aufhören musste. Trotzdem ist er heute sicher der, der am meisten auf der Piste zu finden ist, unter anderem auch, weil er Trainer ist.

Als Abschluss möchte ich gerne noch einen Blick in die Zukunft werfen: Hansueli wird nächstes Jahr 65 Jahre alt – das Pensionsalter. Denken Sie ans Aufhören?

Hansueli: Solange die Gesundheit mitmacht, definitiv nicht. Die Freude an der Musik und der Spass sind nach wie vor dabei.

Melanie hat mittlerweile zwei Kinder. Gibt es also bald schon Oesch’s die Vierten?

Melanie: Ich erwarte natürlich nicht, dass sie es weiterführen und lasse es einfach auf mich zukommen. Wenn sie gerne würden, unterstützen wir sie natürlich dabei. Ich will jedoch nicht, dass die Kinder das Gefühl vermittelt bekommen, es machen zu müssen. Die Begeisterung für die Musik spüre ich aber jetzt schon, vor allem bei unserem älteren Sohn Robin. Es bleibt also spannend in den nächsten Jahren.

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Oesch's die Dritten

Die Berner Familienband «Oesch’s die Dritten» besteht aus Vater und Schwyzerörgeler Hansueli (64), Mutter und Sängerin Annemarie (59) und ihre Kinder Frontfrau Melanie (34), Bassist Mike (33) sowie Gitarrist Kevin (32). Nicht zur Familie gehörend, aber doch ein wichtiges Mitglied der Band ist Akkordeonist Urs Meier (42). Der erste TV-Auftritt und somit der Startschuss war 1997, der grosse Durchbruch folgte aber 2007 mit dem Sieg des Musikantenstadls. Seither veröffentlichten sie 16 Alben und gewannen unter anderem drei Prix Walo sowie «Die grössten Schweizer Hits». Dieses Jahr feiern sie ihr 25-jähriges Jubiläum.

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03.12.2022
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