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Deutschland Recht

Steuern als Risikofaktor für Entscheidungsträger

26.05.2021
von Rüdiger Schmidt-Sodingen

Steuererklärungen an Mitarbeiter:innen delegieren oder aufgrund von Terminstress nur halbherzig ausfüllen? Die Rechtslage bei steuerlichen Abgaben wird immer komplexer – und kann Verantwortliche im Unternehmen teuer zu stehen kommen.

Da sitzt man nun als Geschäftsführer:in im Unternehmen und soll vor allem die Umsätze und Gewinne nach oben bringen. Aber sich auch mit Abgaben und Steuern beschäftigen? Kann das nicht bitte jemand anders machen? Kann schon – aber das Delegieren steuerlicher Pflichten kann für Geschäftsführer:innen schnell zum Bumerang werden, wenn Termine nicht eingehalten oder, ob leichtfertig oder vorsätzlich, falsche Angaben gemacht werden.

Vielzahl steuerlicher Pflichten

Die Abgabenordnung kennt kein Pardon. So nehmen deren Paragrafen 34 und 69 ausdrücklich Geschäftsführer:innen für alle Steuerverbindlichkeiten einer Gesellschaft in die Pflicht, »die infolge vorsätzlicher oder grob fahrlässiger Verletzung der ihm auferlegten Pflichten nicht ordnungsgemäß festgesetzt oder aus dem Vermögen des Unternehmens nicht erfüllt« wurden. Wer nicht das Wörtchen »Geschäftsführer:in« auf der Visitenkarte stehen hat, sollte sich nicht in falscher Sicherheit wiegen. Auch Prokuristen oder Filial- und Abteilungsleitungen können in die Haftung genommen werden und müssen dann für steuerliche Fehler geradestehen.

Wer seine Steuererklärungen nur halbherzig macht oder weiterdelegiert, kann eine böse Überraschung erleben. Mitunter werden neu eingestellte Geschäftsführer:innen auch von den Fehlern ihrer Vorgänger:innen kalt erwischt, wenn plötzlich Steuernachforderungen auf den Tisch flattern oder die Betriebsprüfer:innen vor der Tür stehen. Hier kann es helfen, sich beim Unternehmenseintritt schnell einen Überblick über die Steuerunterlagen und deren alltägliche, bis dato übliche Bearbeitung zu verschaffen. Wer machte wann was? Was für Bescheide liegen vor?

Schnelligkeit ist gefragt

Schon unvollständige Angaben, vergessene Fristen, falsch deklarierte Betriebsausgaben oder Reisekosten sowie übersehene »Zusammenfassende Meldungen« zur EU-Umsatzsteuer können schnell als versuchte Steuerhinterziehung angesehen werden. Hier hilft nur, sämtliche Steuererklärungen samt Fristen möglichst transparent und, beispielsweise im Falle einer Urlaubsvertretung, schnell für andere Mitarbeitende durchführbar zu gestalten.

Grundsätzlich betonen Finanzämter immer wieder, dass sie ein proaktives Handeln seitens der Steuerschuldner schätzen – auch und gerade, wenn im Unternehmen kurzfristig Fehler oder Versäumnisse festgestellt werden. Auf Steuern spezialisierte Rechtsanwaltskanzleien raten deshalb, dass Profis möglichst umfassend und konsequent Verfehlungen suchen, finden und dann offen kommunizieren sollten.

Zusätzliche Probleme in der Pandemie

In diesen Pandemie-Tagen kommen für Unternehmen und deren Geschäftsführer:innen noch zusätzliche Risikofaktoren hinzu: Einige Firmen wissen nicht, wie lange Stundungen ihrer Steuern oder Vorauszahlungen festgelegt wurden – und müssen plötzlich feststellen, dass Fristen nun wieder gelten oder Vorauszahlungen längst wieder fällig sind.

Auch hinsichtlich Zahlungsengpässen oder verzögerter Insolvenzen können gravierende Fehler passieren. Hier kann es helfen, sich frühzeitig neue Fristen oder Stundungen zu notieren und daraus dann entsprechende Planungen hinsichtlich noch ausstehender Umsatzsteuern, Lohnsteuern und Abzugssteuern vorzunehmen. Steuerfestsetzungen lassen sich nicht ohne weiteres ändern – auch wenn das Geschäft vor der Insolvenz steht. Geschäftsführer:innen müssen rechtzeitig Steuerbescheide anfechten oder im Rahmen eines Insolvenzverfahrens widersprechen – andernfalls sind sie den bereits erfolgten Steuerschätzungen sowie Vorauszahlungsbescheiden hilflos ausgeliefert. Vor allem kleine und mittlere Unternehmen ohne rechtliche Erfahrung übersehen, dass die Ausrufung der Insolvenz nicht sofort sämtliche Steuerpflichten oder -schulden außer Kraft setzt.

Mitunter kommt es vor, dass neue Mitarbeitende einen Fehler in älteren Steuererklärungen entdecken und nicht wissen, wie sie sich verhalten sollen. Zwingend notwendig sind hier umgehende Berichtigungen. Auch sollten Mitarbeitende offen Fehler gegenüber der Geschäftsführung kommunizieren, um Prozesse zu hinterfragen und, nicht zuletzt gegenüber den Finanzbehörden, als verlässlicher, an einer umfassenden Korrektheit interessierter Ansprechpartner aufzutreten. Mit Schnelligkeit, Redlichkeit und einem umfassenden Know-how beim Steuerrecht können sich Geschäftsführer:innen dann doch wieder auf die Umsatz- und Gewinnkurven konzentrieren.

Text Rüdiger Schmidt-Sodingen

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