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Editorial Weihnachten

Helfen hilft

16.12.2022
von SMA
Alessandro Menna & Fabienne Menna, Co-Founder, Siidefade

Alessandro Menna & Fabienne Menna
Co-Founder, Siidefade

Hand aufs Herz: Wer hatte folgende Gedanken schon einmal?
«Ich schaffe das schon irgendwie.»
«Ach, ich möchte niemandem zur Last fallen.»
«Es könnte schlimmer sein.»
«Andere haben die Hilfe nötiger als ich.»
«Was denkt man dann über mich?»

Vermutlich schon. Höchstwahrscheinlich auch im Zusammenhang mit Geld. Den meisten von uns sind finanzielle Schwierigkeiten – wenn auch kurzfristig – unangenehm. Warum eigentlich? Weil es uns in der Schweiz sehr gut geht? Weil wir eine hohe Qualität in Sachen Infrastruktur, Bildung, Kultur und eine stabile politische Lage haben? Müssten wir dann nicht offener über das Geld sprechen, das wir haben? Was wir monatlich ausbezahlt bekommen oder wie viel Geld auf unseren Konten ist? Aber auch das ist nicht Usus in der Schweiz. Der Schweizer spricht nicht über Geld – und genau das ist unser Problem!

Wir trauen uns nicht, offen anzusprechen, wenn man sich in einem kurz- oder langfristigen finanziellen Engpass befindet. Diese Angst führt zu den eingangs erwähnten Gedanken. Sie fressen sich langsam, aber stetig in die Seele und verharren tief im Inneren. Diese Gedanken führen dazu, dass wir uns schlechter machen als wir sind, eigene Leistungen anspruchsvoller bewerten und wir werden einsamer, als wir eigentlich wollen.

Dieser Angst sind in der Schweiz bald eine Million Menschen ausgesetzt. Menschen, die statistisch erfasst werden aus Sozialdiensten, Ausgleichskassen sowie IV- und AHV-Leistungsnehmer:innen. Anstatt sich über die hohe Anzahl und das Warum Gedanken zu machen, passiert Folgendes: Wir schimpfen über diese Menschen. Sozialamtbezüger:innen sind faul, die beim RAV sowieso und die IV-Bezüger:innen könnten sicher doch noch irgendwie arbeiten gehen. Einzig die AHV-Bezüger:innen geniessen Respekt – die haben ja schliesslich 45 Jahre gearbeitet und sich das Geld verdient. Schubladisieren, weils funktioniert. Und alle unter uns schubladisieren. Es liegt in unserer Natur, dies zu tun. Bei Menschen, die wir kennen, wie auch bei fremden Personen.

Es sind die kleinen Dinge, die nachhaltig etwas bewirken können.

Muss das so bleiben? Nein! Das Stigma «kein oder zu wenig Geld» gehört enttabuisiert! Warum? Weil wir uns nicht zu schämen brauchen, wenns mal nicht rund läuft und es tut gut, sich mit jemandem zu unterhalten, der Verständnis zeigt und einfach mal zuhört. Holen wir die Menschen aus ihrer sozialen Isolation heraus und reichen die Hand anstelle des Geldbeutels. Direkthilfe statt anonyme Spenden! Ich persönlich habe die Erfahrung machen dürfen, dass ein paar Pullis und zwei Jeans einen Menschen zuversichtlicher werden lassen als eine Moralpredigt, wie man mit Geld umzugehen hat.
Menschen, die wirtschaftlich schwach sind, denken den ganzen Tag an das liebe Geld, das sie nicht haben. Ich kann es bestätigen – ich war auch einmal in dieser Situation. Sie dauerte fünf Jahre an und war unglaublich belastend. Psychisch wie physisch hat diese Zeit Spuren hinterlassen. Wirklich geholfen haben mir jene Menschen, die mir die Hand reichten und mit kleinen Gesten und Tipps so manche Situation entschärft haben. Wissenstransfer statt Schubladisieren, Sozialisierung statt Isolation und Vertrauen statt Verurteilungen.

Es sind die kleinen Dinge, die nachhaltig etwas bewirken können. Man muss im Umfeld genau hinhören. Manche Hilferufe sind nicht auf den ersten Moment sichtbar. Man kann sich in den sozialen Medien und an der Pinnwand des präferierten Detailhändlers umschauen. Die unscheinbaren Inserate, in welchen kleine Dinge des Alltags gesucht werden, können zu sichtbarer Freude werden, wenn man sich ihnen annimmt.

Helfen hilft. Helfen Sie mit!

Text Alessandro Menna & Fabienne Menna, Co-Founder, Siidefade

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