Die gesellschaftlichen, wirtschaftlichen und ökologischen Herausforderungen im Zusammenhang mit der Landwirtschaft und der Ernährung haben in den letzten vier Jahren erheblich zugenommen. Durch die multiplen Krisen und die Auswirkungen des Krieges sind die bereits schon bestehenden Herausforderungen exponentiell gewachsen. Punkte wie der Selbstversorgungsgrad, Arbeits- und Fachkräftemangel, Resilienzerhöhung des gesamten Agrar- und Ernährungssystems und gleichzeitig der Klimawandel und die effizientere Nutzung der Ressourcen sind wesentliche Probleme, die in naher Zukunft gelöst werden müssen. Darüber hinaus hat unsere Ernährung einen grossen Einfluss auf unsere Gesundheit.
Wir haben nicht mehr als eine Erde
Derzeit arbeitet das Schweizer Agrar- und Lebensmittelsystem mit einer erheblichen Diskrepanz zwischen Landwirtschaft und Konsum. Als Konsument:in geben wir Jahr für Jahr weniger aus für unsere Lebensmittel. Wir erfreuen uns an Produkten mit einem tiefen Preis, hohem Convenience-Grad, vielfältiger Auswahl und hoher Schmackhaftigkeit und haben dabei die Verbindung zur Urproduktion verloren. Dabei verbrauchen wir das 4,4-Fache der eigenen Biokapazität der Schweiz.
Wir als Konsumenten:innen spielen eine zentrale Rolle bei der Transformation des Agrar- und Ernährungssystems. Dr. Lucas Grob,CEO Swiss Food Research
Auf der anderen Seite stehen das Feld und unser Boden. Landwirtschaftlicher Anbau mit hohen Ernteerträgen stehen in Konflikt mit der steigenden Nachfrage nach gesunden und nachhaltigen Lebensmitteln und dem zunehmenden Bewusstsein hierfür. Wichtige Massnahmen für ein zukunftsorientiertes Ernährungssystem sind die Verringerung von Lebensmittelverlusten und -abfällen, die Veränderung der landwirtschaftlichen Anbaumethoden und die Umstellung auf eine stärker pflanzlich orientierte Ernährung. Die derzeitigen Anbaumethoden werden jedoch stark von der verarbeitenden Industrie und den Einzelhändlern beeinflusst, die oft nur Kulturen mit hoher Nachfrage und geringer finanzieller Unsicherheit nachfragen, was den Landwirt:innen wenig Spielraum für die Produktion anderer Kulturen lässt.
Zielkonflikte lösen – aber wie?
All diese Aspekte erhalten auch im Bericht des Bundesrates über die Zukunft der Agrarpolitik Gehör und werden politisch intensiv diskutiert. Um diese Herausforderungen zu meistern, braucht es einen systemischen Ansatz für die Transformation des Agrar- und Ernährungssystems in ein nachhaltiges und zukunftsorientiertes System. Wir als Konsumenten:innen können hierbei eine zentrale Rolle spielen. Wir entscheiden mindestens dreimal am Tag, was, wie und mit wem wir konsumieren. Auf der Produzentenseite müssen wir deshalb auch besser verstehen, welche «Aufgabe» das Produkt erfüllen soll, was die Verbraucher:innen möchten und bevorzugen. Nur durch die Beteiligung und die Mitgestaltung aller, von Landwirt:innen bis zu den Konsument:innen, mit einem Multistakeholder-Ansatz entlang der Wertschöpfungskette können neue und transformative Lösungen geschaffen werden. Durch sogenannte Living Labs kann nicht nur ein Bewusstsein, sondern auch ein Bedarf für neu entwickelte Produkte und Dienstleistungen Wirklichkeit werden.
Text Dr. Lucas Grob, CEO Swiss Food Research, www.swissfoodresearch.ch
Schreibe einen Kommentar