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Ernährung Gastronomie

Kleine Betriebe mit grossem Ausmass

29.06.2023
von Kevin Meier

Alle kennen ihn, doch die wahre Rolle von Schweizer Alpkäse ist dennoch vielen nicht bewusst. Das Naturprodukt blickt auf eine jahrhundertealte Tradition zurück, die heute noch spürbar ist – auch in Sachen Nachhaltigkeit. Ein Einblick in das Nischenprodukt auf seinem Weg vom Berg auf den Esstisch.

Alpkäse ist nicht einfach Käse aus den Bergen. Der Begriff ist tatsächlich durch die Berg- und Alpverordnung geschützt. Durch diese rechtliche Definition ist sowohl der Alp- als auch der Bergkäse klar von anderen Produkten abgegrenzt. Grob betrachtet darf sich jener Käse Alpkäse nennen, der in einem definierten Sömmerungsgebiet hergestellt wird. Zudem handelt es sich um ein saisonales Produkt, denn anders als Bergkäse darf Alpkäse nur während der Sommermonate produziert werden. Doch wie sieht der Prozess im Detail aus?

Lokale Zutaten, Verarbeitung vor Ort

Die Milch wird zur Verarbeitung nicht etwa auf den Berg hochgeführt. Alles beginnt, wenn die Kühe ihr Sommerlager auf der Alpweide aufschlagen. Die Rohmilch für den Käse stammt nämlich aus den umliegenden Sömmerungsgebieten und wird vor Ort zu Rohmilchkäse verarbeitet – nur in Einzelfällen wird zuweilen pasteurisierte Milch verwendet. Teilweise bestehen auch Fusionen zweier Alpen, die zusammen an einem Ort produzieren. Die Transportwege der Milch sind üblicherweise trotzdem kurz. Die Verarbeitung sieht über den Alpenkamm im Detail unterschiedlich aus, wodurch die Alpkäse aus den 1350 Alpkäsereien einen ganz eigenen Charakter erhalten.

Ein Tag auf der Alp

Es gibt kleinere und grössere Alpen; von solchen mit 20 Kühen zu solchen mit über 100 Kühen. Verglichen mit den Käsereien im Tal sind Alpkäsereien kleine Einheiten. Nichtsdestotrotz gleicht sich die Verarbeitung der Milch in gewissen Aspekten. Sowohl bei grossen als auch kleinen Käsereien wird die Milch einmal am Tag verarbeitet. Aus der Abendmilch des Vortages und der Morgenmilch entsteht die Tagesproduktion. Die Unterschiede stechen in den weiteren Schritten hervor. Denn in Alpkäseproduktion ist eine schonende Verarbeitung, die vom Vorkäsen über das Auskäsen ein Prozess von mehreren Stunden ist. In Alpkäsereien wird die Milch meist gemäss Pflichtenheft mit Holzenergie erhitzt. Diese schonende Erhitzung mit niedrigerer Temperatur sorgt dafür, dass der Käse danach weiter reifen kann.
Über 50 Prozent der Alpenkäse folgen der Rezeptur AOP (Appellation Origine Protegée). Die Herstellung erfolgt also in einem bestimmten Gebiet und die Produzent:innen halten sich an das beim Bund hinterlegten Pflichtenheft. Hinzu kommen allenfalls weitere Produkte, die ebenfalls alle der diesjährigen Branchenleitlinie in der zweiten Auflage folgen. Diese Herstellungsweise legt den Fokus auf eine stetige Verbesserung der Qualität.

Man sieht, bei der Alpkäserei handelt es sich um eine traditionelle, kleinteilige Produktion, die anderen Standards als die grosse Käseindustrie folgt. Qualitätseinbussen sind aber nicht zu befürchten, denn durch die Hinterlegung der Rezepturen wird die Lebensmittelsicherheit sichergestellt und das Niveau anderer Käse erreicht.

Tradition und Moderne des Schweizer Alpkäses

Die Alpkäserei als traditionelles Kunsthandwerk, das sich durch die Geschichte behaupten konnte, ist aber alles andere als aus der Zeit gefallen. Jessica und Raphael Rinnerthaler zeigen mit ihrem «Alpgeschichten»-Blogpost auf, wie die Technik zwar die Alparbeit verändert, aber der Tradition keinen Abbruch tut. Früher habe man die Molke ununterbrochen umgerührt, damit der Käsebruch nicht anbrennt. Beim manuellen Rühren besteht aber die Gefahr, dass die Arme müde werden und das Rühren ungleichmässig wird. Eine Rührmaschine nimmt den Alpkäser:innen heute diese Arbeit ab und sorgt gleichzeitig durch Gleichmässigkeit für mehr Qualität.

Ein weiteres Beispiel ist die Milchkühlung. Die Abendmilch muss über Nacht gekühlt werden, sodass sie am nächsten Tag verarbeitet werden kann. Traditionell lagerte man sie bis am Morgen im Brunnen oder in einer grottenähnlichen Kammer im Berginnern. Auch heute wird die Milchkühlung oftmals so vorgenommen. In sehr warmen Sommern kann es heikel werden, weswegen heutzutage mitunter elektrische Milchkühlungen zum Einsatz kommen. Im Grunde hat sich der Prozess der Alpkäserei kaum verändert, doch die moderne Technologie erlaubt eine höhere Qualität.

Abfälle müssen nicht sein

Nachhaltiges Wirtschaften spart auch auf der Alp Geld und ermöglicht weitere Produktkategorien. Zum einen kann durch die Entrahmung der Milch Rahm und Butter für den Verkauf oder Eigenbedarf hergestellt werden. Zum anderen ist auch die Käsemilch, oder Schotten, ein wichtiges Nebenprodukt. Statt diese zu entsorgen, wird empfohlen, diese einzudicken oder als Nahrung für Alpschweine zu verwenden. Denn Schotte ist energiereich und die ungesättigten Fettsäuren machen das Fleisch aromatisch und sorgen für eine zarte Struktur.

Nachhaltigkeit auf allen Ebenen

Abfallvermeidung ist nur ein Aspekt eines nachhaltigen Betriebs. Ein Weiterer ist beispielsweise die Förderung der Biodiversität, wie Katharina Rhyner in einem «Alpgeschichten»-Blog darstellt. Alpweiden bieten der Fauna unterschiedliche Lebensräume und sorgen so für biologische Vielfalt. Dies wird durch ein angemessenes Weidemanagement unterstützt. Die grosse Kunst besteht darin, sowohl Über- als auch Unternutzung zu vermeiden, um die Lebensräume zu erhalten. Die Schwierigkeit beim Weidemanagement liegt beim nicht linearen Graswachstum, das besonders im Frühling sehr stark wächst. Wenn es aber richtig ausgeübt wird, entsteht ein klarer Gewinn für die Biodiversität und die Nachhaltigkeit.

Tradition für die Zukunft

Die Alpkäserei gegen andere Formen der Käseherstellung auszuspielen, greift jedoch zu kurz. Tatsächlich melden sich immer wieder Milchtechnolog:innen, um nach der Lehre eine Saison auf der Alp zu arbeiten. Insbesondere der Einblick in den Umgang mit den Käsekulturen stösst auf Interesse und stärkt die Experimentier- und Innovationsfreude. So finden einige Facetten eines Kunsthandwerks Eingang in die hochtechnologische Lebensmittelherstellung.

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Lust auf mehr Alpgeschichten?

Dann auf zu «Alpgeschichten», dem Blog von Schweizer Alpkäse! Hier erzählen die Alpkäserinnen und Alpkäser selbst, wie es sich in den Bergen lebt und wie sie Alpkäse herstellen. Denn hinter dem Alpkäse steckt weit mehr, als man auf den ersten Blick vermuten mag.

www.schweizeralpkaese.ch/alpgeschichten

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