Es gibt wohl kaum zwei besser geeignete Lebensmittel als Käse und Schokolade, um die Schweiz zu beschreiben. Hersteller wie Appenzeller, Lindt und Sprüngli geben viel Geld für teure Werbespots aus und sind schweizweit, gar weltweit, bekannt. Tourist:innen kaufen sich hochwertige Läderach Schokolade und verköstigen in Berghütten das obligate Fondue. Diese beiden Produkte verkörpern «Swissness» so richtig. Doch was zeichnet diesen Begriff genau aus und weshalb ist er so begehrt, sodass ein Schweizer Gesetz diesen sogar schützen muss?
Beim Fernsehschauen sind sie zur Gewohnheit geworden: Werbungen von Schweizer Lebensmittellabels. Mit ihnen versuchen die Produzent:innen Schweizer Qualität zu garantieren. Bekannte Beispiele sind: Suisse Garantie, Schweizer Fleisch oder IP-Suisse. Sie alle haben gemeinsam, dass ihr Logo das Schweizer Kreuz enthält. Dieses Schweizer Kreuz macht also etwas mit den Konsument:innen, so auch der Begriff «Swiss Made». Es schenkt dem Produkt mehr Vertrauenswürdigkeit, wodurch sich die Käufer:innen auf die Qualität des Produkts verlassen. Diese Labels unterliegen strengen Reglementen, die eingehalten werden müssen, um das Logo auf die Verpackung drucken zu können. Insbesondere beim Fleisch zeigt sich das Volk zunehmend kritischer. Umso mehr trumpft der Werbespruch: «Schweizer Fleisch, alles andere ist Beilage.» «Schweizer Fleisch» erweckt Vertrauen in die Einhaltung von Tierhaltungsstandards und einen angemessenen Umgang mit Zusatzstoffen.
Auf die inneren Werte kommt es an
Die Werbekampagne von Suisse Garantie im Jahr 2018 verwendete den Claim: «Auf die inneren Werte kommt es an.» Sie sollte darauf aufmerksam machen, dass ein Apfel aus der Schweiz gleich aussehen kann wie ein Apfel aus einem anderen Land. Der Schweizer Apfel besitzt jedoch unsichtbare innere Werte, die den Unterschied machen. Das sind zum einen die strengeren Tierschutzvorschriften und die nachhaltigere Bewirtschaftung der Natur. Doch auch die bäuerliche Tradition oder die Tatsache, dass Lebensmittel aus der Schweiz strikt gentechnikfrei sind. All diese Eigenschaften tragen dazu bei, dass sich Lebensmittel aus der Landwirtschaft unter Schweizer Labels von ausländischen Nahrungsmitteln abheben. Der Swissness-Aspekt mit vielen Vorschriften und hohen Standards macht die «inneren Werte» der Produkte aus.
Das Swissness-Gesetz
Seit 2017 besteht in der Schweiz ein offizielles Swissness-Gesetz. Dieses Gesetz soll die Bezeichnung Schweiz und die Verwendung des Schweizerkreuzes besser schützen. Es zielt darauf ab, den Wert der Marke Schweiz langfristig zu erhalten. Schliesslich gibt es viele Unternehmen, die sich gerne mit Schweizer Qualität profilieren würden, ohne tatsächlich in der Schweiz zu produzieren und nationale Rohstoffe zu verwenden. Deshalb gilt bei diesem Gesetz die Vorgabe, dass mindestens 80 Prozent der Rohstoffe aus der Schweiz kommen. Bei Milch und Milchprodukten erfordert es sogar 100 Prozent. Der wesentliche Verarbeitungsschritt muss dabei in der Schweiz erfolgen. Bei der Einhaltung dieses Gesetzes und der daraus resultierenden Erlaubnis, die Produkte als Swiss Made zu bezeichnen und das Schweizer Logo zu verwenden, winkt ein Wettbewerbsvorteil. Schliesslich betrachten sowohl Schweizer:innen als auch Tourist:innen und Importeure Schweizer Produkte als traditionell, exklusiv und qualitativ hochwertig.
Seit 2017 besteht in der Schweiz ein offizielles Swissness-Gesetz.
Wie das Matterhorn von der Toblerone-Verpackung verschwand
Ein gutes Beispiel für den Swissness-Aspekt ist Toblerone. Der Schokoladenhersteller beabsichtigt, aufgrund der hohen Schweizer Produktionskosten 2023 einen Teil seiner Produktion nach Bratislava in der Slowakei auszulagern. Damit erfüllt der Produzent nicht mehr das Swissness-Gesetz, das vorschreibt, dass 100 Prozent der Produktion in der Schweiz stattfinden muss. Da das Matterhorn ein Schweizer Wahrzeichen ist und Swissness regelrecht verkörpert, muss Toblerone auf einen anderen Berg ausweichen. Schadet diese Änderung nun der Marke? Tourist:innen verbanden einen Kauf der Toblerone möglicherweise mit einer tollen Erinnerung an das Matterhorn. Schliesslich ist dieser Berg weltweit bekannt. Jedoch stellt sich die Frage, wie stark es Tourist:innen beeinflusst, die das Matterhorn gar nicht gesehen haben. Fällt ihnen der Unterschied überhaupt auf? Auch im Export könnte es weniger schaden, als erst befürchtet wurde. Den Käufer:innen im Ausland fällt das neue Verpackungsdesign womöglich gar nicht auf, sofern sie von der Änderung nichts mitbekommen haben.
Die Swissness bleibt wertvoll
Indem Toblerone nicht mehr vollständig in der Schweiz Schokolade produziert, verliert sie das Recht auf die Darstellung von Schweizer Symbolen auf ihren Verpackungen. Doch Swissness umfasst mehr als nur Schweizer Produktion. Hinter dem Begriff steckt die Marke Schweiz, die aktiv durch die Schweizer Regierung und Unternehmen gefördert und geschützt wird. So kann verhindert werden, dass sich Produzent:innen mit Swissness profilieren, ohne tatsächlich auf Schweizer Rohstoffe und Produktion zu setzen. Sie ist begehrt, denn Produkte, die Swiss Made sind, lösen sowohl bei den Schweizer:innen als auch bei Tourist:innen etwas aus. Die Konsument:innen vertrauen diesen Produkten und den Hersteller:innen. Der Preis mag zum Teil ziemlich hoch sein, doch wie Suisse Garantie sagt: «Auf die inneren Werte kommt es an.» Und deshalb werden die Schokolade und der Käse voraussichtlich noch viele weitere Jahrzehnte für die Schweiz stehen und sie in vielen internationalen Läden repräsentieren.
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