Wie die Diagnose Brustkrebs das Leben von Caroline zum Guten verändert hat
Die junge Kriminalbeamtin Caroline Tanner erzählt im Interview von den Höhen und Tiefen ihrer Brustkrebsbehandlung. Als Mutter von zwei kleinen Kindern war es für sie keine Option aufzugeben. Heute weiss sie, was Todesangst wirklich bedeutet und möchte anderen Betroffenen helfen, die Lebensfreude wiederzufinden.
Liebe Caroline, du hast mit 37 Jahren die Diagnose Brustkrebs erhalten. Erzähl uns bitte, wie das für dich war.
Nachdem ich im August 2022 einen Knoten auf der äusseren Seite der linken Brust ertastete, rief ich meine Gynäkologin an. Diese beruhigte mich, da es unwahrscheinlich sei, dass ich im Alter von 37 Jahren einen bösartigen Tumor hätte. Mein Bauchgefühl sagte mir aber, dass etwas gewaltig nicht stimmte. Ich bekam einen Termin im Brustzentrum Zollikerberg und man riet mir, eine Biopsie zu machen, einfach um sicherzugehen, dass alles in Ordnung sei. Ein paar Tage danach ging ich zur Besprechung – allein. Die Ärztin informierte mich schliesslich, dass es sich um ein aggressives Mammakarzinom handle. Es sei ein triple-negativer Brustkrebs, was bedeute, dass ich keine Zeit hätte und die Chemotherapie so schnell wie möglich starten müsse.
Mein erster Gedanke war: «Zum Glück nicht meine Kinder.» Ein zweiter Gedanke kam nicht, denn ich fiel sogleich einfach in das schwarze Loch, welches sich unter mir öffnete. Als ich die Klinik verliess, war meine grösste Sorge, wie ich es meinen Angehörigen erzählen soll. Ich informierte telefonisch meine Nächsten und begab mich anschliessend in den Wald. Dort konnte ich meine eigenen Emotionen zulassen und ich bekam eine wahre Todesangst zu spüren. Ich – eine selbstbestimmte, positive und selbstsichere Frau – war plötzlich verloren, meine Gedanken waren so unglaublich schwarz und ich konnte mich nicht dagegen wehren.
Dein Leben hat sich von heute auf morgen komplett verändert. Wie kommt man mit dieser Situation klar?
Da ich aus dem tiefen schwarzen Loch die ersten Tage nicht herauskam und ich diese Todesangst nicht loswurde, haben meine Angehörigen – und es war mir nicht bewusst, wie viele ich habe – ein symbolisches Auffangnetz erstellt, wobei alle eine Lasche hielten, sodass ich nicht mehr im freien Fall hinunterfiel. Ich bekam während der gesamten Chemotherapie fast täglich Geschenke, Esswaren oder Blumen sowie Briefsendungen neben hunderten von Nachrichten auf mein Mobiltelefon. Mein soziales Netzwerk funktionierte perfekt. Aber die vielen Zuschriften überforderten mich, weshalb ich mich dazu entschloss, meine Geschichte auf Instagram unter «caro__tanner» zu veröffentlichen. Das Verfassen von Texten zwang mich, mich mit meiner Situation zu beschäftigen. Mir wurden die Augen geöffnet und ich sah, wie geliebt ich werde. Ich sah, wie klein unsere Probleme eigentlich sind. Ich sah, wie Prioritäten richtig gesetzt werden. Ich sah, was ich eigentlich wirklich im Leben erreichen und erleben möchte. Früher suchte ich den Sinn im Leben und jetzt weiss ich, dass das Leben selbst der Sinn ist.
Wie konntest du den Therapieplan und deinen Alltag mit kleinen Kindern bewältigen?
Im Nachhinein kann ich die Frage nicht beantworten – es ging einfach immer irgendwie. Mein Mann und meine Mutter hatten dabei sicher die Hauptrollen, aber auch diverse Freund:innen haben mitgeholfen.
Konntest du mit deinen Kindern offen über deine Erkrankung sprechen?
Da unsere Kinder erst zwei- und dreijährig waren, haben sie nicht realisiert, was los war und wir haben die Informationen auf ein Minimum beschränkt. Sie waren aber dabei, als der Coiffeur mir meine Haare abschnitt. Die Zeit mit den Kindern war auch immer die Zeit, in welcher ich meine Krankheit ein wenig vergessen konnte, weil sie keine Rücksicht nahmen und mir mit ihrem Lachen und ihrer Unbeschwertheit Kraft schenkten.
Was hat dir in dieser schwierigen Zeit geholfen?
Mir wurde oft gesagt «Kopf hoch» oder «denk positiv». Ich bin zum Glück von Natur aus ein positiver und aufgestellter Mensch, während des Kampfes gegen den Krebs kann man sich dies aber nur schwer aneignen. So eine Diagnose ist eine schwere Verletzung der Psyche und ich würde die Chemotherapie, die ich durchmachte, als traumatisierend beschreiben. Trotz super Umfeld fühlte ich mich oft allein. Allein in meinem kranken Körper gefangen.
Dank Pink Ribbon wurde mir aber immer und immer wieder zu spüren gegeben, dass ich nicht allein kämpfe. Zu Beginn meiner Chemotherapie meldeten sich meine Freundinnen beim Pink Ribbon Charity Walk an, unter dem Motto «Mamas halten zusammen». Vor Ort spürte ich eine unsagbare Dankbarkeit gegenüber all den Menschen, welche extra für Betroffene wie mich hier sind. Alle in ihrer Freizeit, alle haben Geld für dieses Ticket bezahlt, alle wollen für uns kämpfen. Das Pink-Ribbon-Lied «Zäme simer stercher» hat mich durch die schwere Zeit begleitet und mir den Kampf massiv erleichtert. Es hat mich immer wieder daran erinnert, dass ich nicht allein bin und es schaffen kann. Letztes Jahr konnte ich selbst mit meinen Kindern am Pink Ribbon Charity Walk mitlaufen. Auch wenn meine Kräfte noch beschränkt waren, so ging ich diesen letzten Teil meines Weges gemeinsam mit tausenden von Herzensmenschen der Pink-Ribbon-Community.
Du hast als Kriminalbeamtin einen sehr harten Beruf. Hat dir diese Stärke geholfen, besser mit der Krankheit umzugehen?
Die Krankheit muss man physisch und psychisch durchstehen. Mein Beruf setzt eine gesunde Psyche voraus und man sollte nicht zu emotional oder sensibel sein. Ich hatte also eine gute Ausgangslage. Aber es war die Summe aller positiven Faktoren, welche mir schliesslich halfen, diese Hölle zu überleben. Abschliessend würde ich eher sagen, die Krankheit hat mir geholfen, meinen Beruf noch besser ausüben zu können, da ich nun weiss, was Todesangst wirklich bedeutet.
Wie geht es dir heute?
Mein Körper regeneriert und die meisten Beschwerden wurden mit der Zeit immer schwächer. Ich werde nun alle drei Monaten untersucht, dabei werden nicht nur die Krebserkrankung, sondern auch mögliche gesundheitliche Folgen aufgrund der diversen Therapien beobachtet. Die erste Nachkontrolle hatte ich Ende November und es gab keinerlei Anzeichen auf ein Rezidiv. Psychisch brauche ich noch Zeit und es gibt auch noch diverse Trigger, welche mich emotional werden lassen oder starke Übelkeit auslösen. Mir geht es aber – und mittlerweile, ohne etwas zu verschönern – sehr gut. Mir geht es sogar um Welten besser als vor der Krankheit, weil ich nun weiss, wie ich das Leben wirklich geniessen kann.
Interview Nicole Zindel
Pink Ribbon Schweiz
Jährlich erkranken in der Schweiz 6500 Frauen an Brustkrebs und 1400 sterben daran. Brustkrebs ist die häufigste Krebserkrankung und die häufigste Krebstodesursache bei Frauen. Pink Ribbon Schweiz engagiert sich seit 2007 für die Sensibilisierung und Aufklärung von Brustkrebs und konnte über die letzten Jahre mit Solidaritätsevents 2,8 Millionen Franken für wichtige Brustkrebsstudien sammeln.
Die Pink Ribbon Events 2024 im Überblick:
Pink Ribbon Yoga Event – 20. März 2024
Pink Ribbon Golfturniere – 14. Mai, 18. Juni und 2. Juli 2024
Pink Ribbon Charity Walk – 8. September 2024
Pink Ribbon Christmas Gala – 30. November 2024
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