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Deutschland Sicherheit

Programm P20: Dein KI-Freund und Helfer

30.11.2023
von Rüdiger Schmidt-Sodingen

Sonderermittlerin KI statt Kommissar Zufall: Auch die Polizei kann Unterstützung durch generative künstliche Intelligenz gut gebrauchen. Aber wie verlässlich sind die gelieferten Antworten und konkreten Einsatzmöglichkeiten? Der internationale Cloud-, KI- und Security-Dienstleister Eviden hat die Zukunft generativer KI-gestützter Polizeiarbeit getestet und analysiert.

Der Umgang mit sensiblen Personen- und Falldaten kennt besonders bei der Polizei zwei Seiten. Ist man nicht direkt betroffen oder geschädigt, pocht jede:r auf Datenschutz und Privatsphäre. Ist man jedoch Opfer eines Delikts geworden, erhofft man sich von der Polizei umfassende Datenbanken und modernste Technik, die die Täter möglichst schnell dingfest machen. Dass auch die Polizei bestimmte Personendaten anonymisieren oder konkrete Anordnungen jederzeit nachvollziehbar begründen muss, führt dann immer wieder zu erstaunten Gesichtern. Nix mit »CSI: Miami« bei der Dienststelle an der Ecke?

Sachbearbeitung und Ermittlung

In der Tat stellen die Anwendungsmöglichkeiten generativer KI auch die Polizei- und Ermittlungsarbeit vor einige Herausforderungen. Denn natürlich sollen Daten schnell verfügbar sein – und dort zentral gespeichert und verarbeitet werden, wo sie wirklich sicher und nicht Spielball irgendwelcher Megakonzerne sind. Andererseits erhoffen sich die Beamten stichfeste, systematische Antworten, wenn sie Fälle und deren Daten bearbeiten oder teilen.

Steve Haas war zwei Jahrzehnte Kriminalbeamter. Heute arbeitet er als Sales Director beim internationalen Next-Gen-Technologieführer Eviden, der bereits verschiedene KI-Anwendungen im Einsatz hat und nun die Anwendungsmöglichkeiten generativer KI für die Polizeiarbeit analysiert. »Die vielversprechendsten Anwendungsbereiche liegen hier eindeutig in den Bereichen Sachbearbeitung und Ermittlungen«, so Haas. Im Bereich der polizeilichen Sachbearbeitung könne die KI wertvolle Unterstützung durch die automatisierte Erstellung von Berichten und Zusammenfassungen bieten. KI könne grundsätzlich helfen, den Überblick zu behalten, wo beim analogen Kampf mit verschiedenen Formularen, Meldungen und Richtlinien immer wieder Fehler aufträten. Hier gebe die KI den roten Faden vor, führe Ermittlungsakten lückenlos zusammen, ohne Erkenntnisse zu verlieren oder Ursprungsdaten zu verfälschen. Bei Ermittlungen erweise sich generative KI als ein nützliches Tool zur Beantwortung zentraler Was- und Wie-Fragen. Und natürlich lasse sich auch aus anderen vergleichbaren Fällen sehr viel lernen und in aktuelle Fälle und Ermittlungen miteinbeziehen.

Ein Testfall für die generative KI

Als Testfall konstruierte Eviden unter anderem einen fiktiven Einbruch bei einem Juwelier – und übertrug »die assoziierten Dokumente zum Vorgang in zeitlicher Abfolge und damit die verbundenen Ermittlungsschritte zur Aufklärung des Vorfalls« in eine für eine KI verständliche Form. Dazu wurden die polizeilichen Vorgangsdaten in sogenannte »embeddings« überführt, die von einem Large-Language-Modell (LLM) verarbeitet werden können.

In der Tat stellen die Anwendungs­möglichkeiten generativer KI auch die Polizei- und Ermittlungsarbeit vor einige Herausforderungen.

»Um die Vergleichbarkeit sicherzustellen, haben wir vier verschiedene generative KI-Modelle implementiert und miteinander verglichen. Im Anschluss wurden allen Modellen 39 Fragen gestellt, die ein Polizeibeamter einem anderen Polizeibeamten stellen würde. Diese Fragen stellt er nun in einem KI-Polizei-Chat. Die Antworten wurden umfassend analysiert und die KI-Modelle in ihrer Gesamtheit wiederholt optimiert.«

Beim Vergleich der Antworten der vier KI-Modelle gab es laut Haas eine Reihe »faszinierender, überraschender und lehrreicher Antworten«. »Für unser Unternehmen Eviden steht fest, dass der Nutzen einer generativen KI für die polizeiliche Sachbearbeitung und insbesondere für Ermittlungszwecke maßgeblich davon abhängt, inwieweit diese KI in der Lage ist, wie ein erfahrener Polizeibeamter zu denken. Dieser Ansatz führt uns erneut zur Thematik der Erstellung von spezialisierten und auf die Polizeiarbeit angepassten Sprachmodellen. Polizeiliche Expertise muss durch eine enge Zusammenarbeit zwischen Polizeibehörden und Unternehmen Zugang zu diesen KI-basierten Systemen finden. Die polizeilichen Einrichtungen sollten sich darüber hinaus bewusst sein, dass dieses spezialisierte Wissen höchsten Schutz und Sicherheitsvorkehrungen benötigt.«

Vor allem die mangelnde Transparenz von KI könne die Akzeptanz bei der Polizei massiv beeinträchtigen. Polizistinnen und Polizisten bräuchten jedoch nachvollziehbare Entscheidungen, da sie jede Aktion begründen müssten. Generative künstliche Intelligenz brauche deshalb klare, fehlerlose Vorgehensweisen und Schlussfolgerungen.

Sie müsse aufzeigen können, wie sie bei der Beantwortung von Fragen vorgegangen ist. Hierzu gebe es erste gute Lösungsansätze. Deshalb, so Haas, sei ein breiterer Einsatz von KI vielversprechend und nur noch eine Frage der Zeit. »Durch die geschickte Kombination verschiedener Modelle und die Anpassung an die spezifischen Bedürfnisse und Anforderungen der Polizei könnten potenziell effizientere Lösungen entstehen.« Die Möglichkeit zur lokalen Implementierung von KI, etwa »on premise«, sei hierbei der entscheidende Faktor für mehr Sicherheit und Effizienz.

Und so kann es sein, dass in naher Zukunft die Polizeibeamtin in einem komplizierten Fall eine KI nach einer Einschätzung, den nächsten Schritten oder den Erfahrungen aus vergangenen Fällen befragt – und schon nach wenigen Antworten feststellt: »Hey, danke, gute Idee!«

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