Nahaufnahme einer mittelerwachsenen Frau, die zu Hause ihre Energierechnungen überprüft und in ihrem Wohnzimmer sitzt. Symbolbild Lifestyle-Inflation nach Gehaltserhöhung
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Lifestyle Sparen

Wie die Gehaltserhöhung nicht zur Lifestyle Inflation wird

20.04.2024
von SMA

Wer mehr verdient, gibt oft automatisch mehr aus. Der Bonus oder die wohlverdiente Gehaltserhöhung machen einen also schlussendlich nicht viel reicher. Es sei denn, man bekommt die sogenannte «Lifestyle Inflation» in den Griff und lernt, die Ausgaben und (zusätzlichen) Einnahmen bewusster zu verwalten. Nicht unbedingt des Hortens oder Sparens wegen, sondern um sich bewusst mit dem zu belohnen, was im Leben wirklich zählt.

Macht die Zahl auf dem Sparkonto trotz Lohnerhöhung nicht mehr Freude? Obwohl die Lohnabrechnung besser ausfällt, liegt die Traumreise immer noch in weiter Ferne? Erhärtet sich der Verdacht, dass man früher mit weniger auskommen konnte? Wenn sich diese Eindrücke der finanziellen Lage einstellen, leidet man wahrscheinlich unter einer Inflation des Lebensstils.

Die Inflation des Lebensstils, oder auch «Lifestyle Inflation» in Englisch, bezeichnet den Umstand, wenn sich die Ausgaben zusammen mit den Einnahmen erhöhen. Obwohl man mehr verdient, gibt man gleichzeitig mehr Geld aus. Man leistet sich mehr Luxusgüter und Schnickschnack, einfach weil man es kann. An sich ist das kein Problem, es sei denn, man stellt plötzlich fest, dass finanzielle Ziele nicht mehr erreicht werden. Nicht, weil man das Geld nicht hat, sondern weil sich die Ausgaben – oft unbewusst – verändern. Zum Beispiel weil man nun zu Markenprodukten anstelle der No-Name-Produkte greift. Diese Änderungen der Ausgabengewohnheiten macht nicht unbedingt glücklicher, auch wenn man einen teureren Lebensstil pflegt.

Der Teufel steckt im Detail

Die kaufmännische Leiterin und ehrenamtliche Budgetcoach Els Van den Broeck will mit einem Blog zu einem finanziell gesunden Leben inspirieren. Der Haken an der Lebensstilinflation liegt vor allem im Unbewussten, so Van den Broeck: «Links und rechts gibt man mehr aus als früher. Ein kleines Auto wird zu einem grossen, die Bar um die Ecke wird zum Edelrestaurant, Campingferien werden zu fernen Hotelferien. Oft liegt es auch an Kleinigkeiten: Zum Lunch leistet man sich Essen unterwegs, man trägt Markenjeans anstelle von H&M, man trinkt Champagner statt Cava. Trifft man diese Entscheidungen bewusst, ist das kein Problem. Geschehen diese Upgrades automatisch und unbewusst, gewöhnt man sich an einen neuen Lebensstandard. Mit der Zeit verfliegt auch das Glücksgefühl, das solche Käufe anfangs noch mit sich brachten. Das passiert, wenn eine Belohnung zur Selbstverständlichkeit wird.

Wenn eine Belohnung zur Selbstverständlichkeit wird, verfliegt mit der Zeit das Glücksgefühl. Els Van den Broeck

Ungemütlich wird es, wenn sich herausstellt, dass nicht mehr die Mittel zur Verfügung stehen, um bestimmte persönliche Ziele zu erreichen. «Selbst mit einem üppigen Gehalt schafft man es nicht, etwas für den Ruhestand oder für die Kinder zurückzulegen. Eine eigene Wohnung bleibt ein unerreichbarer Traum, ebenso wie die lang ersehnte Weltreise», mahnt Van den Broecks. Man solle sich bewusst werden, wie viel man ausgibt: «Ein Ausgabenplan kann helfen. Man dokumentiert die monatlichen Fixkosten wie Miete, Lebensmittel und Auto. Zusätzlich kann man weitere Kategorien festlegen und entscheiden, wohin das Geld fliesst. Dabei sollte immer die eigenen Ziele im Auge behalten werden. Trotzdem darf man sich etwas Geld übrig lassen für Dinge, die glücklich machen.»

Ein weiterer Rat von Van den Broeck ist, das Einkommen sichtbar zu machen: «Ich empfehle, das verdiente Geld nach der Lohnabrechnung direkt auf ein separates Konto zu legen. Auf dem Privatkonto verschwindet das Geld schnell in der Masse. So kann man entscheiden, ob man die zusätzlichen Beträge für etwas Besonderes ausgibt oder für später aufhebt, um sich selbst oder den Liebsten eine Freude zu machen.»

Ziele für sich selbst setzen

Es sorgt immer für Seelenruhe, wenn man sich ein gewisses finanzielles Polster aufbaut. Das weiss auch Tom de Munck, der sich seit Jahren mit einer bewussten Lebensphilosophie beschäftigt. «Der Aufbau einer Reserve hilft dabei, gute Lebensentscheidungen zu treffen. Ein guter Richtwert ist, etwa zehn Prozent des Einkommens oder drei bis sechs Monate der Ausgaben zu sparen. Allerdings muss man sagen, dass alle Menschen und ihre finanzielle Situation einzigartig sind. Trotzdem kann man jeden Franken nur einmal ausgeben, daher ist eine Zielsetzung sehr hilfreich. Egal ob man Geld für einen Urlaub oder ein Auto zur Seite legen will, man muss sich bewusst für das Ziel entscheiden und den Betrag gewollt zusammensparen.»

Schöne Frau mit ihrem Frühstück in der Stadt. Symbolbild Lifestyle-Inflation

Solange man sich bewusst dafür entscheidet, darf man sich doch den ein oder anderen Luxus gönnen. Bild: iStockPhoto/RgStudio

Nähert sich gegen Ende Monat auch die Zahl des Lohnkontos der Null? Dann muss die Devise lauten: konkret rechnen. «Man kann den Kontostand durch die Anzahl Tage teilen, bis das Gehalt überwiesen wird. So erkennt man genau, wie viel Geld man pro Tag noch ausgeben kann. Zum Beispiel kann man täglich 40 Franken ausgeben, wenn noch 200 Franken auf dem Konto liegen und das Gehalt in fünf Tagen überwiesen wird», rechnet de Munck vor. «Wenn man dann aber für zwei dieser Tage nichts ausgibt, kann man sich beispielsweise einen Restaurantbesuch für 120 Franken leisten, wenn man das will.»

Bewusst zu leben bedeutet für de Munck vor allem, achtsam mit Geld umzugehen: «Wenn man das Geld dafür hat und den Starbucks-Kaffee sehr geniesst, dann kann man den getrost kaufen. Schliesslich darf man sich im Leben eine Freude machen. Dies darf aber nicht als Argument dazu dienen, die ganzen Ersparnisse mit beiden Händen auszugeben. So langweilig es auch klingt, bei finanziellen Angelegenheiten geht es um Ausgewogenheit. Mein Motto ist deshalb: im Jetzt und in der Zukunft leben.» Man darf sich das heutige Leben angenehm gestalten, muss aber trotzdem an die Finanzen von morgen denken.

Text Heleen Driesen

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