Agiles Arbeiten, dezentral organisierte Teams, flache Hierarchien – die Herausforderungen der Arbeitswelt 4.0 sind vielfältig. Bewährtes reicht oft nicht mehr, um mit der Konkurrenz mithalten zu können. Gefragt sind nachhaltige und zukunftsgerichtete Konzepte. Der «gesunde Führungsstil» ist einer davon.
Gesunde und engagierte Mitarbeitende sind der Schlüssel zum Erfolg eines jeden Unternehmens. Viele Betriebe haben bereits erkannt, dass ein betriebliches Gesundheitsmanagement – kurz BGM – viele positive Effekte hervorbringt. Eine grössere Arbeitgeberattraktivität, eine höhere Produktivität sowie geringere Absenzen sind nur einige davon. Eine zentrale Rolle im BGM spielen die Führungskräfte und deren Führungsstil.
Die Balance macht’s aus
«Eine gute Balance zwischen Arbeitsbelastungen und Arbeitsressourcen ist für die Gesundheit der Mitarbeitenden zentral», erläutert Prof. Dr. Georg Bauer, Experte für Salutogenese und Public & Organizational Health. «So können hohe Arbeitsbelastungen wie Zeitdruck oder unklare Rollen zu Erschöpfung und Erkrankung führen. Im Gegensatz dazu können Arbeitsressourcen wie Entscheidungsspielräume, soziale Unterstützung und Wertschätzung diese negativen Auswirkungen abfedern und die Zufriedenheit und das Engagement bei der Arbeit fördern.»
Gesundheitsförderung lohnt sich
Gesunde Mitarbeitende, so die Aussage vieler Studien, sind leistungsfähiger und arbeiten durchschnittlich länger für ein Unternehmen. BGM-Expertin Petra Keel teilt diese Erfahrung: «Wenn die Führungskultur die Gesundheit ins Zentrum rückt, wirkt sich das positiv auf die Arbeitsleistung und die -qualität aus. Die Mitarbeitenden sind motivierter, zufriedener und kreativer und fühlen sich dem Unternehmen verbundener. So gewinnen Firmen auf dem hart umkämpften Arbeitsmarkt an Attraktivität.»
Ein gesunder Führungsstil bedeutet, dass Führungspersonen unter anderem ihren Mitarbeitenden ein Gefühl von Wertschätzung vermitteln.
Nicht zu vergessen beim Führungsstil sind auch die betriebswirtschaftlichen Vorteile. Gemäss Keel kann mit einem systematischen BGM ein Teil der Absenzkosten eingespart werden. Dies nicht nur weil Absenzen sinken, sondern weil Mitarbeitende nach einer Krankheit oder nach einem Unfall schneller wieder an den Arbeitsplatz zurückkehren, so weniger Lohnfortzahlungen anfallen und weniger Kosten für die Rekrutierung neuer Mitarbeitenden entstehen.
Führungsverhalten ist entscheidend
Doch was versteht man genau unter gesundem Führungsstil? Ein gesunder Führungsstil bedeutet, dass Führungspersonen unter anderem ihren Mitarbeitenden ein Gefühl von Wertschätzung vermitteln, also gute Leistungen anerkennen. Wichtig ist ausserdem, dass sie den Mitarbeitenden ihre Erwartungen klar kommunizieren, selbstbestimmtes Arbeiten, Handlungs- und Gestaltungsspielraum ermöglichen, des öfteren Rückmeldung zur Arbeit geben und negatives Feedback konstruktiv mit Verbesserungsvorschlägen mitteilen.
Stress kann man vorbeugen
Stress ist im Betriebsalltag weit verbreitet und betrifft viele Mitarbeitende. Aus dem Job-Stress-Index von 2020 von Gesundheitsförderung Schweiz geht hervor, dass sich rund ein Drittel der Schweizer Erwerbstätigen ziemlich oder sehr erschöpft fühlt. Stress kostet die Arbeitgeber gemäss Index 7,6 Milliarden Franken pro Jahr. Wie sich diese Zahlen in den letzten zwei Jahren entwickelt haben, wird sich im Sommer 2022 im neuen Index zeigen.
Es lohnt sich, Mitarbeitende frühzeitig anzusprechen, wenn Stress zum Thema wird. Je früher interveniert wird, desto kleiner sind die gesundheitlichen Konsequenzen und damit verbunden die finanziellen Kosten für beide Seiten. Ein gesunder Führungsstil kann bei Mitarbeitenden Stress reduzieren, indem sie für angemessene Arbeitsmengen und regelmässige Pausen sorgen sowie Unterstützung anbieten. Auch eine geeignete Arbeitsgestaltung mit ganzheitlichen abwechslungsreichen Aufgaben, flexiblen Arbeitszeitmodellen oder einer Regelung der Erreichbarkeit kann Stress entgegenwirken. Führungskräfte haben ausserdem eine Vorbildfunktion: Idealerweise leben sie durch ihr eigenes Verhalten vor, was gesundheitsfördernd ist und am Arbeitsplatz gewünscht wird.
Frühzeitiges Reagieren ist wichtig
Wechseln sich stressige Zeiten mit Erholungsphasen ab und werden die Ressourcen der Mitarbeitenden laufend gestärkt, ist kurzfristiger Stress verkraftbar und kann sich sogar anregend auswirken. Nehmen Führungskräfte aber zu spät wahr, dass die Balance bei einer Mitarbeiterin oder einem Mitarbeiter nicht mehr stimmt, kann dies zu ernsthaften gesundheitlichen Problemen bis hin zum Burnout führen. Je früher Führungspersonen auf diese Situation reagieren, desto erfolgsversprechender sind mögliche Interventionen.
Wo es Unterstützung gibt
Unterstützung bei dieser nicht immer einfachen Aufgabe erhalten Führungskräfte unter anderem von spezialisierten Fachstellen. Zudem gibt es eine breite Palette an Workshops und Schulungen für Führungskräfte, die praktisches Know-how rund um den Umgang mit Mitarbeitenden in Krisen vermitteln.
Erprobte Tools für die Praxis
Das Online-Befragungsinstrument Job-Stress-Analysis von der Stiftung Gesundheitsförderung Schweiz zeigt Belastungen und Ressourcen im Betrieb auf. Im anschliessenden Workshop erarbeiten Mitarbeitende Lösungen, mit denen sie Stressfaktoren reduzieren und ihre Ressourcen stärken können.
Der digitale Coach für Führungspersonen wecoach vermittelt Wissen zu den Themen Belastungen und Ressourcen am Arbeitsplatz und befähigt Führungspersonen, gemeinsam mit ihrem Team die Arbeitsbedingungen und das Teamklima zu verbessern.
In diversen Weiterbildungen vermittelt Gesundheitsförderung Schweiz praxisbezogenes Wissen für das betriebliche Gesundheitsmanagement. So erarbeiten beispielsweise Kursteilnehmende im Lehrgang «Wettbewerbsvorteil BGM» angeleitet von Spezialistinnen und Spezialisten der Suva und Gesundheitsförderung Schweiz konkrete Lösungsansätze für den Aufbau ihres BGM und planen die Umsetzung eines eigenen Projektes.
Weiterführende Links:
Forum BGM Zürich mit Wissen, Tools und Veranstaltungen für Zürcher Betriebe
Gesundheitsförderung Schweiz mit Informationen, Tools, Beratungs- und Weiterbildungsmöglichkeiten
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