snbs standard nachhaltiges bauen schweiz 2 menschen auf einer treppe
Nachhaltigkeit Bau & Immobilien

Gebäude als Teil einer nachhaltigen Zukunft

10.06.2022
von SMA

Noch immer werden in der Schweiz fast eine Million Gebäude mit fossilen Brennstoffen geheizt und Millionen Tonnen von schädlichen Treibhausgasen in die Atmosphäre abgegeben. Materialienwerden verbaut, ohne an deren Wiederverwendbarkeit zu denken und Böden versiegelt, wo einheimische Pflanzen für Schatten und Biodiversität sorgen könnten. Das muss nicht so sein. Der SNBS Hochbau gibt eine Anleitung, wie Gebäude nachhaltig gebaut und betrieben werden können.

SNBS Christian Stünzi ETH Umweltwissenschaftler

Christian Stünzi,
Umweltnaturwissenschaftler ETH Zürich

Gebäudelabels vereinfachen die Planung klimaschonender Gebäude und liefern konkrete Anforderungen und Anleitungen für den Neubau und die energetische Sanierung. Der Standard Nachhaltiges Bauen Schweiz (SNBS) Hochbau ist das umfassendste Schweizer Gebäudelabel.

Er baut auf Bestehendem auf, ist auf die Schweizer Normen abgestimmt und basiert insbesondere auf den bewährten Themen von Minergie-ECO. Eine Zertifizierung steigert den Komfort, reduziert die Energiekosten, sichert die Qualität beim Bau und erhöht den Wert der Immobilie.

SNBS – alle Dimensionen der Nachhaltigkeit

Umfassend nachhaltig bauen mit dem SNBS Hochbau heisst zum Beispiel, die Nutzenden durch Partizipation in ein Bauvorhaben einzubinden. Oder Lieferanten aus der Umgebung für das Bauvorhaben zu wählen, sodass die regionale Wertschöpfung gestärkt wird. Es bedeutet auch, die Flora und Fauna in der Umgebung mitzudenken, sodass beispielsweise einheimische Pflanzen Schatten spenden.

Der SNBS bietet mit zwölf Themen ein übergreifendes Konzept für das nachhaltige Bauen in der Schweiz. 45 Indikatoren beurteilen das Gebäude an sich sowie dessen Standort im Kontext. So werden die Bedürfnisse von Gesellschaft, Wirtschaft und Umwelt gleichermassen und möglichst umfassend in Planung, Bau und Betrieb miteinbezogen. Der SNBS orientiert sich an der Nachhaltigkeitsstrategie des Bundesrates.

Umfassende Nachhaltigkeit konkret

Die Siedlung Letzigraben der Genossenschaft Eigengrund veranschaulicht, was diese umfassende Nachhaltigkeit konkret bedeutet. Viele Punkte für Nachhaltigkeit im Bereich Gesellschaft gab es für den guten Mix an Nutzungen und Wohnungen, beispielsweise durch die Einbindung einer Pflegewohngruppe, eines Jugendraums und einer Kita.

Die neue Siedlung ist mit sieben- und achtgeschossigen Bauten sehr dicht und bietet dennoch viel Freiraum für die Bewohnenden: ein Musterbeispiel für eine gelungene Verdichtung.

In der Beurteilung der wirtschaftlichen Nachhaltigkeit sticht hervor, dass die Wohnungen trotz Zentrumsnähe erschwinglich sind und die Gewerberäume im Erdgeschoss nicht an die kaufkräftigsten Mieterinnen gingen, sondern an diejenigen, die am besten passen und die Siedlung beleben.

Nachhaltige Immobilien gelten auch als zukunftssicherer im Vergleich zu konventionellen Gebäuden.

Im Bereich Umwelt sticht zum Beispiel die grosse Biodiversität hervor. Es gibt viele Sträucher und Bäume und sogar Strukturen für Wildtiere am und um das Gebäude herum, unter anderem auf dem Dach. Als Kunst am Bau-Projekt macht eine Wärmebildkamera auf dem Dach Filme von Wildvögeln, die auf einem Bildschirm im Eingang gezeigt werden.

So wird ein Bezug von den Tieren in der Umgebung zu den Nutzenden der Gebäude hergestellt. Dem Siegerteam des Projektwettbewerbs, Von Ballmoos Krucker Architekten mit Keller Damm Roser Landschaftsarchitekten, ist es gelungen, 90 Wohneinheiten in die bestehenden Gartenstadtstrukturen einzuordnen.

Dass die Kriterien für die Nachhaltigkeits-Beurteilung über das Gebäude hinaus gehen, sieht man beispielsweise daran, dass die Siedlung mit ihrer Nähe zum Bahnhof Hardbrücke und verschiedenen Tram- und Bushaltestellen gut an den öffentlichen Verkehr angebunden ist.

Verschiedene Veloabstellplätze und eine gemeinsame Tiefgarage mit Elektroladestationen ergänzen das Mobilitätskonzept der Siedlung.

Zukunftsfähig planen und bauen

Immobilien, die nach den Prinzipien der Nachhaltigkeit entwickelt und betrieben werden, haben in den letzten Jahren einen Nachfragezuwachs verzeichnet.

Sie sind nicht nur beliebt wegen ihres Beitrags zu den Pariser Klimazielen und zur Energiewende. Nachhaltige Immobilien gelten auch als zukunftssicherer im Vergleich zu konventionellen Gebäuden, weil Käufer damit rechnen müssen, dass sich die energetischen Vorgaben für den Gebäudebestand in Zukunft verschärfen werden.

SNBS Verwaltungsgebäude Eichenweg 3

Seit Januar 2022 ist das Verwaltungsgebäude Eichenweg 3 Träger des Platin-Zertifikats des Standards Nachhaltiges Bauen Schweiz SNBS. Bild: BBL, Rolf Siegenthaler

Ein nach SNBS zertifiziertes Gebäude nimmt die möglichen Anforderungen künftiger gesetzlicher Entwicklungen vorweg und ist so auf der sicheren Seite. Die initialen Kosten für die Planung und den Bau eines SNBS-Gebäudes können höher ausfallen. Die Kosten während den vielen Betriebsjahren sind jedoch niedriger und dadurch über den gesamten Gebäude-Lebenszyklus gesehen optimiert.

Gütesiegel für Qualität

Mit einem zertifizierten Gebäude reduzieren sich aber nicht nur die Energiekosten. Die Zertifizierung gewährleistet auch eine unabhängige Qualitätssicherung. Sie stellt sicher, dass die Anforderungen des Standards von der Planung bis zur Bauvollendung in einer hohen Qualität eingehalten werden.

Dies und die hochwertige Bausubstanz wiederum bedeuten ein geringeres Risiko für kostspielige Bauschäden. Eine Zertifizierung nach SNBS dient am Markt als verlässliches, von extern vergebenes Gütesiegel für Nachhaltigkeit und Qualität und ist somit ein zusätzliches Miet- und Verkaufsargument.

Weil der Bau umweltfreundlicher Immobilien gezielt gefördert wird, haben zertifizierte Gebäude die Möglichkeit auf finanzielle Unterstützung durch Kantone und Bund, besonders bei einer Doppelzertifizierung mit Minergie-P-ECO oder Minergie-A-ECO.

Text Christian Künzi
Bild SNBS Hochbau

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Zum Autor

Christian Stünzi, Umweltnaturwissentschaftler ETH Zürich, ist seit 2017 Leiter Zertifizierung & Qualität bei Minergie, Mitglied der Geschäftsleitung. Seit 2021 ist er zudem Leiter der Zertifizierungsorganisation SNBS 2.1 Hochbau, für die Minergie verantwortlich ist.

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