Darmkrebs ist häufig. Allein in der Schweiz erkranken pro Jahr rund 4 500 Personen. Das grösste Risiko ist die familiäre Häufung. Dabei gilt: Je jünger die an Darmkrebs erkrankte Person, umso grösser die Wahrscheinlichkeit, dass dieser genetisch bedingt ist. Deshalb ist es in solchen Fällen wichtig, früh mit der Vorsorgeuntersuchung zu beginnen. Wichtige Erkenntnisse zum Thema Darmkrebsvorsorge im Interview mit Dr. med. Peter Jaklin, stellvertretender Chefarzt des Spitals Männedorf.
Herr Dr. Jaklin, alles, was sich unter der Gürtellinie befindet, mit Tabus behaftet. Wie nehmen Sie Ihren Patientinnen und Patienten die Scham?
Das ist eine Frage, mit der wir Ärzte immer wieder konfrontiert sind, nicht nur, wenn es um intime Themen geht. Es ist wichtig, die Sorgen und Ängste zu spüren und gegenüber den Patienten offen anzusprechen. Das Wichtigste dabei ist, dem Gegenüber das Gefühl zu geben, dass er/sie ernst genommen wird. Wenn ich spüre, dass jemand unsicher ist, spreche ich das auch an, und weise darauf hin, dass es sich um ganz normale, menschliche Dinge handelt, mit denen wir hier im Spital den ganzen Tag zu tun haben.
Darmkrebs entsteht ja fast immer aus Wucherungen, die sich in der Schleimhaut des Dickdarms bilden, den Darmpolypen. Diese werden bei Darmspiegelungen entfernt, damit sie sich nicht zu bösartigen Tumoren entwickeln. Wie oft soll man eine solche Vorsorgeuntersuchung vornehmen lassen? Und ab welchem Alter?
Wir empfehlen eine erste Darmspiegelung mit 50 Jahren, je eine weitere mit 60 und mit 70 Jahren. Werden bei allen Untersuchungen keine Polypen entdeckt, ist keine weitere mehr nötig. Müssen allerdings bei einer Untersuchung Polypen entfernt werden, muss die Häufigkeit individuell bestimmt werden – abhängig von der Grösse, der Häufigkeit und dem Feingewebe der Wucherungen. Diese Empfehlung gilt für Frauen und Männer.
Bei der Darmspiegelung wird nur der Dickdarm untersucht. Was ist mit Wucherungen im Dünndarm?
Der Grund dafür ist, dass Dünndarmkrebs praktisch nicht vorkommt, es wachsen darin auch keine Polypen. Deshalb ist eine Vorsorgeuntersuchung nicht nötig. Das ist auch ganz gut, denn die Untersuchung des Dünndarms ist ungleich schwieriger als diejenige des Dickdarms.
Wie bemerkt man Darmkrebs? Macht er Beschwerden?
An und für sich macht der Darmkrebs im frühen Stadium keine Beschwerden, auch Polypen spürt man nicht. Es kann sein, dass man im Stuhl Blut findet, das ist immer ein Warnsignal und macht eine sofortige Untersuchung sinnvoll. Weitere Symptome können sein: chronische Verstopfung, die durch eine Engstelle im Darm verursacht werden kann oder Bauchschmerzen, verbunden mit Gewichtsverlust. Die Symptome sind aber relativ unspezifisch – deshalb ist es auch wichtig, nicht immer darüber nachzudenken, ob es Darmkrebs sein könnte. Viel wichtiger ist, darüber nachzudenken, ob eine Vorsorgeuntersuchung sinnvoll sein könnte.
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