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Die Abtretung von Mängelrechten im Stockwerkeigentum

03.07.2020
von SMA

Die Abtretung von Mängelrechten spielt im Stockwerkeigentum in mehrfacher Hinsicht eine wichtige Rolle.

Regelmässig zeichnet sich der Verkäufer von Stockwerkeigentum vertraglich von seiner Gewährleistungspflicht für Mängel frei. Gleichzeitig tritt er die ihm gegenüber den Unternehmern aus Werkvertrag zustehenden Mängelrechte (Nachbesserung, Minderung und Wandelung) an die Käufer ab. Die  Abtretung dieser Mängelrechte bezüglich der allgemeinen Bauteile von den einzelnen Stockwerkeigentümern an die Stockwerkeigentümergemeinschaft ist ebenfalls üblich.

In diesem Zusammenhang stellen sich häufig folgende Fragen: Kann man Mängelrechte überhaupt abtreten und wer kann diese erfolgreich geltend machen?

Die Abtretbarkeit von Mängelrechten

In der Lehre besteht Uneinigkeit darüber, welche Mängelrechte an einen Dritten abgetreten werden können. Einigkeit besteht dahingehend, dass der Nachbesserungsanspruch schriftlich abtretbar ist. Demgegenüber vertritt die herrschende Lehre die Auffassung, dass Wandelungs- und Minderungsrechte nicht abgetreten werden können, da diese untrennbar mit dem jeweiligen Werkvertrag verbunden sind.

Die Geltendmachung von Mängelrechten im Stockwerkeigentum

Stockwerkeigentümer haben in Bezug auf die in ihrem Sonderrecht stehenden Bauteile (z.B. Wohnung/Kellerabteil) eine eigentümerähnliche Stellung. Die Mängelrechte für die im Sonderrecht stehenden Bauteile können daher vom jeweiligen Stockwerkeigentümer selbständig gegenüber dem Unternehmer geltend gemacht werden. Eine Abtretung dieser Mängelrechte an die Stockwerkeigentümergemeinschaft ist nicht möglich, da Letztere einzig im Rahmen der Verwaltung der gemeinschaftlichen Teile (beschränkt) handlungsfähig ist.

Anders präsentiert sich die Rechtslage bezüglich der Mängelrechte der Stockwerkeigentümer an allgemeinen Bauteilen. Die entsprechenden Nachbesserungsrechte können entweder von jedem Stockwerkeigentümer selbständig gegenüber dem Unternehmer geltend gemacht werden oder aber zur gemeinschaftlichen Geltendmachung an die Stockwerkeigentümergemeinschaft abgetreten werden.

Eine wichtige Änderung

Gemäss neuer Rechtsprechung des Bundesgerichts kann jeder Stockwerkeigentümer dieses Nachbesserungsrecht für das gesamte Stockwerkeigentum, das heisst nicht mehr wie bisher lediglich im Umfang seiner eigenen Stockwerkseigentumsquote, geltend machen (vgl. BGE 145 III 8, E. 3.5). Eine solche Geltendmachung kann jedoch zu praktischen Schwierigkeiten führen. Entsprechend weist das Bundesgericht im erwähnten Entscheid daraufhin, dass die vertraglichen Mängelrechte der einzelnen Stockwerkeigentümer wegen unterschiedlicher Kaufverträge nicht identisch sein müssen.

Beispiele aus der Praxis

Steht beispielsweise einem Stockwerkeigentümer mangels Freizeichnung des Verkäufers von Gewährleistungsansprüchen ein Wahlrecht zwischen der Nachbesserung oder Minderung (Wandelung fällt bei allgemeinen Bauteilen ausser Betracht) zu, kann es ausserdem zu Kollisionen zwischen den von einzelnen Stockwerkeigentümern geltend gemachten Mängelrechten kommen, weil bspw. ein Stockwerkeigentümer gegenüber dem Unternehmer die Minderung, ein weiterer jedoch für dasselbe allgemeine Bauteil die Nachbesserung verlangt. Was gilt nun? Die Komplexität wird zusätzlich erhöht, da die Nachbesserung an einem allgemeinen Bauteil mit einem Eingriff in das Miteigentum sämtlicher Stockwerkeigentümer verbunden ist, welcher von Gesetzes wegen eines Beschlusses der Stockwerkeigentümergemeinschaft bedarf.

Stockwerkeigentümer haben in Bezug auf die in ihrem Sonderrecht stehenden Bauteile (z.B. Wohnung/Kellerabteil) eine eigentümerähnliche Stellung.

Was tun?

Zur Vermeidung von solchen Konflikten empfiehlt sich für Stockwerkeigentümergemeinschaften im Falle von Mängeln an allgemeinen Bauteilen ein koordiniertes Vorgehen. Mangels gesetzlicher Regelung sollte die Geltendmachung von Mängelrechten an allgemeinen Bauteilen im Stockwerkeigentümerreglement festgelegt werden. Unserer Auffassung nach könnten die skizzierten Konflikte mit folgender Regelung im Stockwerkeigentümerreglement verhindert werden:

  1. Bei Mängeln an allgemeinen Bauteilen sind die Stockwerkeigentümer zunächst einzig berechtigt, deren Behebung (Nachbesserung) zu verlangen. Die Geltendmachung und die Durchsetzung des Nachbesserungsrechts obliegen der Stockwerkeigentümergemeinschaft und bedürfen eines entsprechenden Beschlusses.
  2. Die Stockwerkeigentümer sind verpflichtet, der Stockwerkeigentümergemeinschaft Mängel an allgemeinen Bauteilen unverzüglich nach deren Entdeckung anzuzeigen und ihr das entsprechende Nachbesserungsrecht zur gemeinschaftlichen Geltendmachung schriftlich abzutreten.
  3. Die Stockwerkeigentümer verpflichten sich bezüglich der allgemeinen Bauteile auf die alleinige Geltendmachung des Minderungsrechtes zu verzichten, es sei denn, es liege ein Beschluss der Stockwerkeigentümergemeinschaft vor, wonach diese auf die Geltendmachung des Nachbesserungsanspruches verzichtet. Ein Stockwerkeigentümer, das Minderungsrecht ohne Vorliegen dieses Beschluss dennoch geltend macht, hat der Gemeinschaft den daraus entstandenen Schaden zu ersetzen.

Durch den dadurch erreichten Vorrang des Nachbesserungsanspruchs gegenüber dem Anspruch auf Minderung, wird eine Kollision dieser beiden Mängelrechte vermieden. Zudem legitimiert der Beschluss der Stockwerkeigentümergemeinschaft gemäss Ziff. 1 den Eingriff in die allgemeinen Bauteile zur Nachbesserung. Subsidiär steht jedem Stockwerkeigentümer bei einem allfälligen Verzicht der Stockwerkeigentümergemeinschaft auf die gemeinschaftliche Geltendmachung des Nachbesserungsrechts gemäss Ziff. 3 weiterhin die Geltendmachung des Minderungsanspruches zu.

Weitere Informationen: baurechtspartner.ch

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Baurechtspartner LogoText Barbara Risse, Laura Tanner 

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