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Business Recht

Langfristige Änderungen im Arbeitsrecht nach Covid?

26.05.2021
von SMA

Kaum ein anderes Rechtsgebiet war so umfassend von der Covid-Pandemie betroffen wie das Arbeitsrecht. Kein Wunder, schließlich regelt diese juristische Disziplin die Art und Weise, wie Menschen ihren beruflichen Alltag verrichten. Und dieser wurde durch Corona bekanntlich gehörig auf den Kopf gestellt. Nun stellt sich die Frage, wie die Rechtsprechung mit den neuen juristischen Fragen umgeht – und ob langfristig Änderungen daraus hervorgehen werden. 

Vieles, was jahrzehntelang in der deutschen Wirtschaftswelt als »normal« angesehen wurde, verlor in den letzten eineinhalb Jahren an Bedeutung: Das allmorgendliche Pendeln zum Arbeitsplatz, die täglichen Face-to-Face-Sitzungen mit Kolleginnen und Kollegen sowie die abendliche Rückkehr in die eigenen vier Wände gehörten auf einmal der Vergangenheit an. An ihre Stelle traten für einen Großteil der Arbeitnehmerschaft neue berufliche Facetten wie Homeoffice und virtuelle Meetings.

Diese Instrumente halfen zahlreichen Unternehmen dabei, sich mit den neuen Gegebenheiten so gut wie möglich zu arrangieren. Dies ist unter anderem auch darauf zurückzuführen, dass die EU per Sondererlass eine Vereinfachung der Spielregeln einführte: Zum Beispiel galten die von Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern im Homeoffice ausgeführten Tätigkeiten dennoch als am Ort des Unternehmenssitzes erbracht. Dieser Kniff verhindert unter anderem, dass komplexe steuerliche Konsequenzen entstehen.

Wie geht es weiter?

Die Pandemie hat für abertausende Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer einen kulturellen Wandel erwirkt, der zuvor beinahe unerreichbar schien. Könnte man demnach behaupten, dass die quasi »erzwungene« zusätzliche Flexibilität der Wirtschaft einen positiven Aspekt der Pandemie darstellt? Wahrscheinlich. Doch wird dieser Wandel arbeitsrechtlich von Dauer sein? Das bezweifeln zumindest die Experten und Expertinnen des juristischen Fachmagazins »Legal Tribune Online« (LTO): In einem aktuellen Beitrag erinnern sie daran, dass das Kanzleramt den ersten Gesetzesentwurf zum »Mobilen-Arbeiten-Gesetz« aufgrund massiven Widerstands gestoppt hat – und dass auch die aktuellen Regelungen der »SARS-CoV-2-Arbeitsschutzverordnung« bzw. des »Infektionsschutzgesetzes« nur befristet sind.

Am 30. Juni kehrt aus rechtlicher Sicht alles zur Normalität zurück. Das spreche laut den Autoren dafür, dass es in Deutschland auf Dauer keinen verbindlichen Rechtsanspruch für eine Tätigkeit außerhalb des Büros geben wird. Dies, obwohl nahezu sämtliche Unternehmen die Vorteile der flexiblen Arbeitsformen nutzen.

Eine verpasste Chance? Dies scheinen auf jeden Fall manche Wirtschaftsvertreter so zu sehen. Denn im gleichen Beitrag wird unter anderem die Deutsche Bank zitiert, die unabhängig von einer gesetzlichen Regelung beabsichtigt, das Homeoffice zu einem zentralen Bestandteil ihrer »Post-Corona-Arbeitswelt« zu machen. Eine Quote von bis zu 40 Prozent wird diesbezüglich als sinnvoll erachtet. Denn durch die Pandemie sei die Verfügbarkeit der Arbeitnehmenden vor Ort in den Hintergrund getreten und auch das Nutzen von Einsparpotentialen werde dank Desk-Sharing und Co. immer beliebter.

Gelerntes nicht verlernen

In juristischen Fachkreisen sowie in Unternehmen wir also aktuell diskutiert, welche Learnings man aus der Pandemie sinnvollerweise arbeitsrechtlich in die Zeit nach Corona hinüberretten soll – und wie dafür konkret vorzugehen ist. Überraschenderweise scheint der Gesetzgeber laut LTO aber eine andere Richtung einzuschlagen: So seien im aktuellen »Regierungsentwurf zum Betriebsrätemodernisierungsgesetz« wesentliche Erleichterungen unauffindbar, die das Arbeiten im Lockdown massiv begünstigt haben. Dazu gehört etwa die Möglichkeit, Einigungsstellen digital durchzuführen.  Die einfache Regelung, dass Betriebsratssitzungen digital durchgeführt werden können, sei zwar vorhanden, werde aber unnötig verkompliziert.

Die Autoren bringen die Schwere dieser Versäumnisse unmissverständlich auf den Punkt: »Sollte der Entwurf so umgesetzt werden, würde das Arbeitsrecht ins analoge Zeitalter zurückversetzt werden.« Und das würde bedeuten, dass einer der wenigen potenziell positiven Aspekte der Pandemie wirkungslos bleibt.

Text SMA

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