finanzielle politik gibt es eine «finanzielle politik  kindheit»?
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Gibt es eine «finanzielle Politik der Kindheit»?

22.11.2019
von SMA

Wir glauben, dass unsere Kinder der wichtigste Pfeiler der Gesellschaft sind. Ohne Kinder stirbt unsere Gesellschaft aus. Und so sehr es notwendig ist, sich um die Renten zu kümmern, ebenso sehr ist es notwendig, über die finanziellen Kosten der Kinder nachzudenken und welche Unterstützungsbeiträge Familien von Behörden erhalten.

Grundsätzlich unterscheidet man bei den Kinderkosten zwischen direkten Kosten in Form von Zusatzkosten (z.B. Krankenkassenprämien, Lebensmittelkosten, usw.) und indirekten Kosten, welche sich aufgrund einer Reduktion oder eines Unterbruchs der beruflichen Tätigkeit ergeben und einen Erwerbsausfall oder ein tieferes Einkommen zur Folge haben. Im Jahr 2018 waren circa 50 Prozent aller Frauen mit Kindern unter zwölf Jahren entweder nicht – oder mit einem Arbeitspensum von unter 50 Prozent – erwerbstätig. Eine aktuelle Studie von Pro Familia Schweiz (2019 ) zeigt, dass Frauen in der Schweiz nach der Geburt eines Kindes ihre Karriere durchschnittlich während 9,2 Jahren unterbrechen.

Eine aktuelle Studie von Pro Familia Schweiz (2019 ) zeigt, dass Frauen in der Schweiz nach der Geburt eines Kindes ihre Karriere durchschnittlich während 9,2 Jahren unterbrechen.

Hochschulabsolventinnen unterbrechen ihre Karriere zwar weniger lang, aber immer noch durchschnittlich 6,7 Jahre. In Franken gerechnet, beträgt der finanzielle Verlust im Laufe einer 25-jährigen Karriere rund eine halbe Million Franken. Doch eine Erwerbsreduktion führt nicht nur zu Einkommenseinbussen, sondern hat auch eine Lücke bei den Sozialversicherungen zur Folge. Verschärft wird das Problem im Bereich der Altersvorsorge, vor allem in der beruflichen Vorsorge. Das Fehlen von Beiträgen die Versicherten – insbesondere im Falle einer Scheidung – werden ausgeschlossen (2018 waren 41 Prozent der Ehepaare geschieden). Aus volkswirtschaftlicher Betrachtung wird der Produktions- und Einkommensverlust auf 800 Millionen Franken jährlich geschätzt. Dieser Verlust könnte durch verbesserte Kinderbetreuungsmöglichkeiten ausserhalb der Familie weitgehend vermieden werden. Auch wenn circa 80 Prozent der Frauen arbeiten, ist der Beschäftigungsgrad hierzulande einer der tiefsten in ganz Europa.

Einen Sechstel gibt’s zurück

In der Schweiz greift der Staat finanziell ein, um einen Teil dieser direkten und indirekten Kosten zu decken. Mittel zur Deckung der direkten Kosten sind beispielsweise Familienzulagen, Steuerabzüge sowie Vergünstigungen von Krankenkassenprämien für Kinder und Jugendliche. In einigen Kantonen (Genf, Tessin, Solothurn, Waadt) gibt es auch Ergänzungsleistungen für Familien, die – im Gegensatz zu Familienzulagen – ausschliesslich an Familien mit begrenzten, finanziellen Mitteln gehen. Mittel zur Deckung der indirekten Kosten sind beispielsweise Beiträge des Bundes und der Kantone für die externe Kinderbetreuung, damit die Frauen ihre Berufstätigkeit weiterhin ausüben oder das Arbeitspensum erhöhen können. Eine Studie aus dem Jahr 2009  zeigt, wie und für wie viel die Behörden diesen Betrag kompensieren. Tatsächlich wird nur ein Sechstel dieser direkten und indirekten Kosten ausgeglichen. Den grössten Teil bezahlen die Eltern.

Eine «finanzielle Politik der Kindheit» sollte Familien von ihren finanziellen Sorgen entlasten. Für die Zukunft unseres Landes sind neue Generationen wichtig. Ansonsten wird unsere Gesellschaft immer älter werden, was nicht unbedingt wünschenswert ist. 

Text: Dr. Philippe Gnaegi, Direktor, Pro Familia Schweiz

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