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Ernährung Gesundheit

Liebe geht durch den Magen, Gesundheit durch den Darm

05.12.2020
von Patrik Biberstein

Der Darm spielt eine wichtige Rolle in unserem Körper – eine wichtigere, als so manchen bewusst ist. «Fokus» weiss, welche und weshalb. 

Der menschliche Darm ist zwischen fünfeinhalb und siebeneinhalb Metern lang und weist wegen seiner Haut-Ausstülpungen eine Oberfläche von über 400 bis 500 Quadratmetern auf – ungefähr so gross wie ein Basketballfeld! Durch diese enorme Fläche ist der Darm eine der wichtigsten Schnittstellen zwischen unserem Körper und der Umwelt, und entsprechend anfällig für Erreger. Im Darm wird unter anderem verdaut, der Wasserhaushalt des Körpers reguliert und Nährstoffe aufgenommen. Dabei kann man sich den Darm wie eine Art Türsteher vorstellen: Er entscheidet, wer reinkommt (resorbiert wird), draussen bleibt oder gar unschädlich gemacht werden muss. Hier kommt die Darmflora und das darmeigene Immunsystem zum Zug. 

Der menschliche Darm ist zwischen fünfeinhalb und siebeneinhalb Metern lang und weist wegen seiner Haut-Ausstülpungen eine Oberfläche von über 400 bis 500 Quadratmetern auf – ungefähr so gross wie ein Basketballfeld!

Das Immunsystem des Darms

Das darmeigene Immunsystem – auch bekannt als GALT (gut-associated lymphoid tissue) – ist in der Darmschleimhaut lokalisiert und stellt mit rund 70 Prozent aller menschlichen Immunzellen die grösste Ansammlung an Abwehrzellen im gesamten Körper dar. Diese Lymphzellen stellen im Darm zusammen mit der Darmflora, den «guten» Bakterien, das Abwehrsystem gegenüber Erregern dar. Die Darmflora besteht aus circa 39 Billionen Bakterien von über 1 000 verschiedenen Spezies. Die meisten davon sind gutartige Bakterien, welche uns bei diversen Körperfunktionen unterstützen. So verarbeiten sie beispielsweise ansonsten unverdauliche Ballaststoffe oder produzieren Energie, Gase und Fettsäuren. Des Weiteren bauen die benevolenten Bakterien der Darmflora bestimmte Gift- und Schadstoffe ab, produzieren einige Vitamine und «trainieren» das Immunsystem, indem sie den Körper zur Bildung von Abwehrstoffen wie beispielsweise Antikörpern anregen. 

Bakterien, die gesund halten?

So widersprüchlich es auch klingt: Die Bakterien der Darmflora haben einen massgebenden (positiven) Einfluss auf unsere Gesundheit. Gerät die Darmflora aus dem Gleichgewicht, haben Erreger ein deutlich leichteres Spiel. Denn zum einen konkurrieren die Bakterien im Darm mit allfälligen Krankheitserregern; sowohl um Lebensraum auf der Darmwand und um «Futter» als auch um Sauerstoff, den besonders eine Vielzahl krankmachender Bakterien benötigen würden. Zum anderen produzieren einige der Bakterien unserer Darmflora antibakterielle Stoffe und verhindern so das Wachstum und die Weiterverbreitung körperfremder Bakterien.

Gesunder Darm, gesundes Immunsystem

Dass die Darmbakterien wichtig für unsere Gesundheit sind, sollte wohl spätestens jetzt klar sein. Doch wie kann man die Darmflora bestmöglich unterstützen und so das Immunsystem stärken? Eine beliebte und effiziente Methode ist der Einsatz von Probiotika. Dies sind Organismen, welche dem Körper von aussen zugeführt werden, meist Hefekulturen oder Bakterienstämme wie Laktobazillen und Bifidobakterien. Diese Mikroorganismen sind in Lebensmitteln, Arzneimitteln oder Supplements zu finden. Das Vermeiden von Stress sowie regelmässige Bewegung unterstützen den Darm ebenfalls. Wenn möglich sollte man zudem auf Alkohol, Zigaretten und Co. verzichten. Nicht nur schwächen sie das Immunsystem per se, sie zerstören auch die Darmflora. Nicht zuletzt spielt natürlich auch die Ernährung eine Rolle. 

Du bist, was du isst

Dass das Immunsystem im Darm sowie die Darmflora über die Ernährung gestärkt werden können liegt nahe. Selbstverständlich ist eine ausgewogene Ernährung wichtig; einige Aspekte gilt es dahingehend aber speziell zu beachten: Da wären einerseits Obst und Gemüse anzuführen. Denn nicht nur sind diese oft reich an Ballaststoffen, welche wichtig für den Darm sind, sondern auch an Vitaminen. Insbesondere Vitamin C – zu finden in Zitrusfrüchten aber auch Peperoni, Spinat oder Brokkoli – und Vitamin B – vorhanden in Erbsen, Linsen oder Grünkohl zum Beispiel. Vitamin C unterstützt die Bekämpfung von Krankheitserregern und Vitamin B ist wichtig zur Produktion von Abwehrstoffen. Aber auch Vitalstoffe wie Eisen, Zink oder Selen sollte man nicht vernachlässigen. Ebenfalls von wichtiger Bedeutung sind leicht lösliche Ballaststoffe, wie man sie beispielsweise in Pastinaken oder Schwarzwurzeln, aber auch Hülsenfrüchten, Haferflocken und Roggen findet. 

Nicht nur das Immunsystem profitiert

Der Darm ist jedoch keineswegs nur an der körperlichen Gesundheit beteiligt. Wie Forscher vermuten, hat er auch massgeblichen Anteil an der psychischen Gesundheit. Man mag wohl meinen, das sei weiter nichts Neues, existieren ja schliesslich Redewendungen wie «Schmetterlinge im Bauch» oder dass einem etwas «auf den Magen schlägt». Ja und Nein – denn obschon sich psychische Angelegenheiten wie Emotionen in der Bauchregion äussern können, ist der Darm keineswegs eine blosse «organische Alarmanlage» wie mitunter lange Zeit vermutet wurde. Vielmehr ist es so, dass der Darm auch umgekehrt die Psyche beeinflusst – Gegenverkehr statt Einbahnstrasse, sozusagen, und zwar auf der sogenannten Darm-Hirn-Achse. Kommuniziert wird mittels Nervenbahnen, sowie Botenstoffe und mikrobielle Stoffwechselprodukte. Nun ist man geneigt, anzunehmen, dass das Gehirn in dieser Kommunikationskonstellation das tonangebende Organ ist; dem ist aber keinesfalls so. Tatsächlich fliessen rund 90 Prozent der Informationen von unten nach oben!

Die Frage, welche die Wissenschaft bisher aber noch nicht klären konnte, geht in Richtung jener, des Huhn und des Eis – was war zuerst da: die Depression oder die gestörte Darmflora?

Der Darm – ein «zweites Gehirn»

Das wissenschaftliche Forschungsgebiet, welches sich mit ebendieser Kommunikation zwischen Darm und Hirn befasst, ist die Neurogastroenterologie. Es ist ein junges Forschungsfeld, doch es wird davon ausgegangen, dass der Verdauungsapparat nicht unwesentlich Anteil an der Psyche, insbesondere Emotionen und Gedanken, hat. Denn nicht nur kommunizieren beide Organe gleich, nämlich mit Stoffen, sondern bestehen sogar während der embryonalen Entwicklung aus ein und denselben Zellen. Letzteres wird übrigens zu einem Grossteil in der Bauchregion hergestellt.

Einer der Kommunikationsstoffe – das Glückshormon Serotonin – wird ganzkörperlich gesehen zu 90 Prozent in der Bauchregion hergestellt. Dort regelt es die Darmaktivitäten und kann zwar nicht direkt das Hirn beeinflussen den Vagus-Nerv. Dieser wiederum hat Auswirkungen auf das limbische System, das «Gefühlszentrum» des Hirns sozusagen. Gerade bei Depressionen zum Beispiel, lassen sich auch Verdauungsprobleme beobachten. Die Frage, welche die Wissenschaft bisher aber noch nicht klären konnte, geht in Richtung jener, des Huhn und des Eis – was war zuerst da: die Depression oder die gestörte Darmflora?

Wie dem auch sei – man sieht, dass ein gesunder Darm sich positiv auf den Menschen auswirkt; sowohl puncto körperlicher als auch mentaler Gesundheit. Also heisst es: Sorge tragen!

Text Patrik Biberstein

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