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50+ Gesellschaft

Vom Auswandern im Rentenalter

30.08.2022
von SMA

Immer mehr Seniorinnen und Senioren überlegen sich, ihren Lebensabend als Auswandernde im vermeintlich paradiesischen Ausland zu verbringen. Doch es gibt auch Stolpersteine.

Im Dezember 2021 erhielten gemäss AHV-Statistik 2 470 700 Personen in der Schweiz oder im Ausland eine Alters- und 207 100 Personen eine Hinterlassenenrente. Immer häufiger werden diese auch an Personen mit Wohnsitz im Ausland ausgerichtet. Personen mit einer Schweizer bzw. einer EU/EFTA-Staatsangehörigkeit oder mit einer Staatsangehörigkeit eines Sozialversicherungs-Vertragsstaates können ihre Renten in ein beliebiges Land exportieren. Von den 784 000 ins Ausland bezahlten Altersrenten flossen die meisten (rund 84 Prozent) an Personen in die Nachbarländer (Italien, Deutschland, Frankreich und Österreich) sowie in die beiden südeuropäischen Länder Spanien und Portugal (G3). Diese Renten gehen an ehemalige Grenzgänger:innen, an Personen, die wieder in ihr Heimatland zurückwandern oder an Schweizer:innen, die zu einem gewissen Zeitpunkt auswandern. Ausserhalb Europas flossen die meisten Renten – mit je etwas über 10 000 Renten – nach Kanada und in die USA, heisst es in der aktuellen AHV-Statistik.

Internet-Lockvögel

Das Internet ist voll mit Tipps und Tricks, in welchen Ländern man sich besonders vorteilhaft zur Ruhe setzen soll. So träumten gemäss travelbook.de viele Menschen davon, sich spätestens im Rentenalter in einem Land zur Ruhe zu setzen, in dem es sich angenehmer lebt als in der Heimat. Im Rentenalter dort leben, wo es warm und angenehm ist, es sich einfach im Ausland bequem machen. Eine Inspirationsquelle dafür, wo das am besten geht, könnte das Ranking (2022) des amerikanischen Magazins «International Living» sein (siehe Kasten): Es hat die besten Länder der Welt gekürt, in denen man sich zur Ruhe setzen kann. Nebst der Befragung vieler Auswanderer zu ihren Erfahrungen im Ausland wurden Daten wie die Lebenshaltungskosten, das Klima, das Gesundheitssystem, die Renten-Leistung und vieles mehr berücksichtigt.

Keine Ergänzungsleistungen im Ausland

So verlockend die Angebote auch klingen mögen, sie sind es längst nicht immer: «Leute, die im Ausland wohnen, sind altersrententechnisch nicht die Ärmsten, da man im Ausland keine Ergänzungsleistungen beziehen kann», sagt Peter Burri Follath von Pro Senectute Schweiz. «Wenn die AHV und die Zweite Säule nicht ausreichen, kriegt man in der Schweiz Ergänzungsleistungen, sodass man auf ein minimales Grundeinkommen gelangt. Deshalb gehen wir davon aus, dass im Ausland lebende Seniorinnen und Senioren auf solche Ergänzungsleistungen weniger angewiesen sind.»

Beliebte Nachbarländer

Gemäss Burri sind die Schweizer Nachbarländer am beliebtesten: «Dort ist der Anteil an Schweizer Senior:innen sehr hoch. Danach kommen gemäss der AHV-Statistik die Vereinigten Staaten von Amerika und erst dann Thailand. Mittel- und Lateinamerika sind weniger beliebt, dafür Brasilien und Argentinien. Vereinfacht kann daraus geschlossen werden: Je näher eine Destination bei der Schweiz liegt, desto beliebter ist sie. Dies vielleicht nicht zuletzt deshalb, weil man vielleicht mal wieder zurückkommen muss oder möchte.»

Wir wissen von Fällen, die in den 1990er-Jahren ausgewandert sind und heutzutage zurückkehren möchten. Peter Burri Follath, Pro Senectute Schweiz

Den schlimmsten Fall durchspielen

Im Internet wird propagiert, dass die Kaufkraft im Ausland viel höher ist: «Das funktioniert aber nur, solange man fit und gesund ist und keine grossen körperlichen Gebrechen hat», entgegnet Burri. «Im Durchschnitt haben Seniorinnen und Senioren hierzulande bis etwa 74 Jahren wenig körperliche Gebrechen. Wir rechnen also im Schnitt mit rund 13 gesunden Lebensjahren in der Pension. Da ist der Wunsch schnell mal da, diese Zeit im Ausland an der Wärme zu verbringen. Was aber, wenn die Gebrechen des Alters gravierender werden?» So gesehen geht es auch darum, bei der Planung einer Verschiebung des Wohnorts ins Ausland, den schlimmsten Fall (oder auf Englisch: Worst Case) durchzuspielen, zum Beispiel eine schwere Erkrankung oder einen schwerwiegenden Unfall und sich dann vorgängig finanziell abzusichern.

Behandlung wie ein Einheimischer

Gerade die Coronapandemie hat gezeigt, wie verschieden viele Länder gesundheitspolitisch ticken. Man ist immer von der Gesetzgebung des jeweiligen Landes abhängig, was oftmals vergessen geht, wenn man gesund ist. Früher war Spanien ein beliebtes Auswanderungsland. «Wir wissen von Fällen, die in den 1990er-Jahren ausgewandert sind und heutzutage zurückkehren möchten. Gerade die Behandlung als allgemeiner Patient in einem öffentlichen Spital kann im Ausland herausfordernd werden und hat nur in den seltensten Fällen die Qualität einer Behandlung in der Schweiz», so Burri.

Weiter gilt es andere rechtliche Aspekte zu berücksichtigen «In Thailand kann man etwa als Schweizer kein Land erwerben», fügt Burri als weiteres Beispiel an. «Bei uns in der Schweiz hat man unabhängig von der Herkunft in der Regel alle Möglichkeiten. Im Ausland ist dies oftmals nicht selbstverständlich.»

Ausreichender Krankenversicherungsschutz

Von zentraler Bedeutung ist ein ausreichender Krankenversicherungsschutz: «Wandern Sie in ein EU-Land aus und beziehen Sie Ihre Rente aus der Schweiz, können bzw. müssen Sie Ihre Krankenkasse in der Regel in der Schweiz behalten. Damit können Sie sich auch hier behandeln lassen», sagt Marcel Balzli, Senior Finanzplaner bei Raiffeisen. «Für die Auswanderung in andere Länder gibt es zum Beispiel internationale Krankenversicherungen.»

Social Media & Co.

Soziale Medien sind extrem wichtig, um den Kontakt mit der Familie, aber auch Freund:innen und Bekannten in der alten Heimat zu halten. Burri gibt zu bedenken, dass man mit dem Alter geistig und körperlich abbaut: «Auch extreme Klimaverhältnisse sind im Alter schwieriger zu handhaben als in jungen Jahren.» Balzli beobachtet als häufigsten Fallstrick eine zu wenig gewissenhafte Vorbereitung – und zwar vor allem auf Ebene der sogenannten «Softfaktoren»: «Wer bisher zum Beispiel erst zwei kurze Ferienaufenthalte in der neuen Heimat verbracht hat, muss oftmals mit bösen Überraschungen rechnen: mit kälteren Wintern als erwartet, weniger Ruhe als erhofft, mangelnden sozialen Kontakten oder Sprachbarrieren. Auch solche Fragen jenseits von Finanzen und Versicherung sollte man möglichst früh angehen.»

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Quelle: International Living

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