Willkommen! E komo mai! Croeso! Dank verschiedenster Apps ist es heute so einfach wie noch nie, Fremdsprachen zu erlernen. Die bekannteste ist sicherlich Duolingo. «Fokus» hat mit dem Gründer und CTO Severin Hacker über die Entwicklung des Sprachenlernens und den Ansatz einer freien Bildung gesprochen.
Herr Severin Hacker, woher kommt Ihr Interesse für Sprachen?
Wie viele Schweizer war ich stets von verschiedenen Sprachen umgeben, als ich aufgewachsen bin. Ich hatte auch klare Ansichten über den Fremdsprachenunterricht in Schulen, welcher meiner Meinung nach ziemlich unwirksam war. Zum Beispiel verbrachte ich mehr Zeit damit, Französisch als Englisch zu lernen, und trotzdem war mein Französisch am Ende nicht sehr gut. Ich dachte immer, dass es einen besseren Weg geben muss, Sprachen zu unterrichten, und an meiner Maturabschlussfeier habe ich eine Rede darüber gehalten.
Welche Sprachen beherrschen Sie bereits bzw. welche lernen sie zurzeit?
Ich spreche Deutsch, Englisch, ein bisschen Französisch und lerne gerade mithilfe der Duolingo App, des Duolingo Spanish Podcasts und «Duolingo Stories » Spanisch.
Duolingos Mission ist, und war es immer, Sprachen kostenlos und für jeden zugänglich zu machen.
Wer heute eine Sprache lernen will, zahlt meist einen mehrstelligen Betrag dafür. Wieso haben Sie sich dazu entschlossen, Duolingo kostenlos anzubieten?
Duolingos Mission ist, und war es immer, Sprachen kostenlos und für jeden zugänglich zu machen. Wir haben die App ins Leben gerufen, damit jeder durch das Erlernen einer Sprache mehr Aufstiegsmöglichkeiten hat. Mein Mitgründer und Duolingo’s CEO, Luis von Ahn, hat ebenfalls eine persönliche Lebensgeschichte, die ihn dazu inspiriert hat, Duolingo zu gründen: Er wuchs in Guatemala auf, einem Entwicklungsland, in welchem qualitativ hochwertige Bildungschancen nur für diejenigen zugänglich sind, die es sich leisten können. Sein Ziel war es, dies zu ändern und jedem erstklassige Bildung anzubieten.
Ihr Unternehmen hat rund 130 Mitarbeiter und eine teure Infrastruktur, die unterhalten werden muss. Was sind Ihre Einnahmequellen?
Eine Finanzierungsquelle ist die Werbung. Wir zeigen kurze, nicht aufdringliche Werbung am Ende jeder Lektion. Wer das nicht möchte, kann ein Duolingo Plus-Abonnement erwerben, um die Werbung abzuschalten und Lektionen für den Offline-Gebrauch herunterzuladen. Der Duolingo Englischtest (DET) ist unsere dritte Einnahmequelle. Dies ist eine anerkannte Englisch-Prüfung, welche hauptsächlich von internationalen Studenten verwendet wird, um sich an angelsächsischen Universitäten zu bewerben. Er wurde dazu entworfen, Barrieren für Hochschulsysteme zu reduzieren, indem er die Englisch-Sprachzertifizierung bezahlbarer und zugänglicher macht.
Es wurde oft kritisiert, dass der praktische Aspekt der Sprache in den Übungen zu kurz kommt. Sie selbst meinten, das Führen einer Konversation nur mithilfe von Duolingo fiele Ihnen schwer. Was wurde seither optimiert?
Wir haben viel mehr Lerninhalte hinzugefügt, besonders für fortgeschrittene Lerner. Zu unseren Top-Prioritäten steht die Verbesserung der Effektivität unserer Kurse, indem wir neue Inhalte hinzufügen, welche besser den internationalen Standards für Sprachfähigkeiten angepasst sind. Duolingo’s Ziel ist es, Nutzer auf ein fortgeschrittenes Sprachniveau zu bringen, mit dem man mit jemandem sprechen und eine spannende Konversation führen kann. Vielleicht versteht man noch nicht alle Witze oder Wortspiele, aber man könnte höchstwahrscheinlich einen Job in dieser Sprache bekommen. Wir haben Softwareingenieure bei uns, welche ein fortgeschrittenes Englisch-Niveau besitzen und sich gut am Arbeitsplatz damit zurechtfinden können. Zusätzlich zur App empfehlen wir Lernern auch, komplementäre Ressourcen wie z.B. Duolingo Stories, den Duolingo Spanisch Podcast, und «Duolingo Events».
Duolingo kündigte neulich an, das vom Aussterben bedrohte Hawaiisch für Englischsprachige anzubieten. Wäre diese Art der Sprachenkonservierung und -erhaltung nicht auch auf andere gefährdete Sprachen anwendbar?
Duolingo lehrt bereits einige vom Aussterben bedrohte Sprachen, wobei Irisch am beliebtesten ist. Seit der Veröffentlichung unseres Irisch-Kurses 2014 gibt es über vier Millionen Lerner insgesamt und momentan eine Million aktive Lerner. Im Vergleich dazu gibt es 100 000 irische Muttersprachler. Im Jahr 2016 ehrte der irische Präsident Duolingo für seinen Einsatz, die irische Sprache zu erhalten. Die nächsten vom Aussterben bedrohten Sprachen, die wir diesen Oktober veröffentlichen, sind Hawaiianisch und Navajo.
Die nächsten vom Aussterben bedrohten Sprachen, die wir diesen Oktober veröffentlichen, sind Hawaiianisch und Navajo.
Wie muss man sich die Zukunft des (Sprachen-)Lernens vorstellen?
Die Zukunft des Sprachenlernens basiert auf zwei Hauptfaktoren: Wirksamkeit und Zugänglichkeit. In Zukunft wird der Unterricht effizienter als je zuvor sein, und Technologien wie künstliche Intelligenz werden dabei eine Hauptrolle spielen. Ich sehe die Zukunft des Sprachenlernens ausserdem als eine, die Chancengleichheit fördert, egal wo man lebt oder wie viel Geld man besitzt.
Sie studierten Informatik an der ETH Zürich. Wie haben Sie vom Ausbildungsplatz Schweiz profitiert?
Ich bin überaus dankbar für die erstklassige Bildung, die ich in der Schweiz erhalten habe, von der Primarschule bis zum Informatikstudium an der ETH Zürich. Dennoch war es mein grosses Ziel, in den USA zu studieren, weshalb ich ein Austauschjahr an der Carnegie Mellon University gemacht habe. Ich war beeindruckt von der Erfahrung und des Ansehens des Informatik-Programms, und endete schliesslich dort als Doktorand.
Welche Pläne verfolgen Sie mit Duolingo in Zukunft?
Meine grösste Hoffnung ist es, dass Duolingo die Bildung auf bedeutsame Weise verbessert, während es gleichzeitig Bildungsungleichheit reduziert, indem jeder freien Zugang zu hochwertiger Bildung erhält, unabhängig von der Herkunft oder vom Einkommen. Wir haben bereits grosse Wirkung darin erzielt, freies Sprachenlernen zu mehr als 300 Millionen Menschen zu bringen, aber wir haben noch einen langen Weg vor uns, diese Erfolge auch auf andere Bildungsbereiche auszuweiten.
Interview Sven Hoti
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