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Editorial Sicherheit

Versorgungssicherheit: Die Sorge vor dem Blackout wächst

21.10.2022
von SMA
Markus Jerger, Vorsitzender des Bundesverbandes Der Mittelstand. BVMW e.V. ©dpa/Bernd von Jutrczenka

Markus Jerger
Vorsitzender des Bundesverbandes
Der Mittelstand. BVMW e.V.
©dpa/Bernd von Jutrczenka

Die ausbleibenden Gaslieferungen aus Russland treffen Deutschland schwer, weil Gas nicht nur zum Wärmen, sondern auch in der Produktion und in den vergangenen Jahren verstärkt in der Stromerzeugung genutzt wurde. Und auch wenn die Politik von einer hohen Versorgungssicherheit bei Gas und Strom spricht – einer aktuellen Umfrage zufolge ist eine Mehrheit der Deutschen in großer Sorge vor unangekündigten flächendeckenden Stromausfällen im Winter. Auch in den vielen kleinen und mittleren Unternehmen wachsen die Sorgen. In einer aktuellen Umfrage des BVMW haben von 1.127 teilnehmenden KMU 51,64 Prozent angegeben, dass die Situation auf den Energiemärkten ihre Existenz gefährdet. Da sind die hohen Kosten, aber aber auch die Sorge vor Produktionsunterbrechungen.

Denn auf der einen Seite kann man als mittelständisches Unternehmen preislich nicht mit den großen Konzernen konkurrieren, wenn es um den Einkauf von Strom und Gas geht, und auf der anderen Seite stehen Privathaushalte unter besonderem Schutz. Der Mittelstand sitzt damit zwischen den Stühlen. Kommen dann noch solche Weisheiten aus der Politik, dass eine »kleine« Stromunterbrechung von ein, zwei, drei Stunden doch bitte kein Problem darstellen sollte, zeigt sich, wie weit sich manche Politikerinnen und Politiker in Berlin von der unternehmerischen Realität entfernt haben. 

Es müssen sämtliche Möglichkeiten in Betracht gezogen werden, wie Deutschland selbst einer einseitigen Abhängigkeit bei Energieimporten entgegenwirken kann.

Jede Unterbrechung eines industriellen Herstellungsprozesses macht gezielte Produktionsplanungen unmöglich, jede Unterbrechung erhöht die Kosten, jede Unterbrechung senkt die Lieferfähigkeit, jede Unterbrechung gefährdet die Wettbewerbsfähigkeit und jede Unterbrechung zerstört im schlimmsten Fall Fertigungsanlagen. Blackouts sind keine Bagatelle.

Die Lage ist angespannt und eine weitere Verschlechterung der Versorgungssicherheit kann nicht ausgeschlossen werden. Nicht grundlos fordern wir die Bundesregierung schon seit Beginn der Energiekrise auf, alle Möglichkeiten auszuschöpfen, um drohende Blackouts zu verhindern. Denn für eine Industrienation ist eine funktionierende Energieversorgung existenziell. Es ist auch in der Retrospektive immer noch unentschuldbar, dass wir uns in den vergangenen Jahrzehnten von nur wenigen Energielieferanten abhängig gemacht haben. Die Rechnung dafür kriegen wir gerade mit voller Wucht präsentiert.

Allen kurzfristigen Maßnahmen zur Schadensbegrenzung, wie sie beispielsweise im Gasnotfallplan aufgeführt werden, zum Trotz – das wird auf Dauer nicht reichen. Perspektivisch müssen sämtliche Möglichkeiten in Betracht gezogen werden, wie Deutschland selbst einer einseitigen Abhängigkeit bei Energieimporten entgegenwirken kann: 

So muss der Ausbau sowohl der erneuerbaren Energien sowie deren Speicherung massiv vorangetrieben werden. Auch muss die niedersächsische Politik, gerade nach der Landtagswahl, endlich ihre ablehnende Haltung gegen die heimische Erdgasförderung überdenken und den neuen geopolitischen Realitäten Rechnung tragen. Und dass die Laufzeiten der Kernkraftwerke vorrübergehend verlängert werden müssen, bedarf keiner weiteren Erläuterungen. In der aktuellen Situation ist kein Platz mehr für Ideologie, da müssen alle über ihren Schatten springen – wenn wir denn das Rückgrat der deutschen Wirtschaft schützen und unseren Wohlstand nicht weiter gefährden wollen.

Text Markus Jerger, Vorsitzender des Bundesverbandes Der Mittelstand. BVMW e.V.

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